P. Maximilian Krenn: Offener Brief zum Thema Flüchtlinge
Der offene Brief von P. Maximilian Krenn, der an alle relevanten heimischen Zeitungsredaktionen ging, ist an das Redaktionsteam der ORF-Sendung "Am Schauplatz" gerichtet. In der Sendung vom 20. August wurde berichtet, "für tausende Flüchtlinge gibt es im reichen Österreich offenbar nirgendwo einen Platz". Dabei wurden auch Szenen verwendet, die das Reportageteam im Stift Melk gedreht hatten.
Offener Brief
P. Krenn schreibt dazu wörtlich: "Ich war wirklich sehr verwundert, dass der Bericht über das Tun, besser ,Nichts-Tun' der Klöster war.
Sie zeigen - noch dazu sehr unvorteilhaft - einen Pater ,hinter Schulstühlen verschanzt', einen leeren Klassentrakt, der logischerweise gar nicht als Flüchtlingsherberge dienen könnte (müssten doch die Flüchtlinge mit Schulbeginn wieder das Quartier räumen und würden so neuerlich auf die Flucht geschickt werden). Abgesehen davon würde das Kloster wieder eine schlechte Presse bekommen, weil sie die Flüchtlinge ja weiterschicken müsste. Der Eindruck soll erweckt werden: die Klöster Österreichs haben zwar riesige Räume, tun aber nichts.
Gehört und gesehen haben Sie vorher allerdings ganz anderes:
Das Stift Melk hat nämlich der zuständigen Redakteurin vorab eine ausführliche Information über seine Tätigkeiten in sozialen Bereichen (da geschieht enorm wichtige Arbeit in den von Armut betroffenen Ländern) und vor allem in Bezug auf Flüchtlinge zugesendet. Bei den Drehaufnahmen selbst hat Pater Jakob eigens darauf hingewiesen, dass ein Stifts-Gebäude (der Meierhof) für die Unterbringung von Flüchtlingen in Vorbereitung ist (konkreter geht es ja nicht).
Kein Wort davon wurde gebracht.
Nur die scheinbare Nichtbereitschaft eines großen Klosters ...
An diesem Tag haben Sie aber auch unser Kloster (Stift Göttweig) besucht und gut 2 Stunden Drehzeit erhalten. Sie haben eine Familie vor die Kamera bekommen, die bei uns Aufnahme und eine Perspektive bekommen hat. Sie haben zu Hören bekommen, dass wir keine Massenquartiere zur Verfügung stellen können und wollen. Sie haben zu hören bekommen, dass wir seit Jahrzehnten Flüchtlinge betreuen. Sie haben zu hören bekommen, dass wir auf diese Weise ein ermutigendes Zeichen an alle senden wollen, dass die Aufnahme von Flüchtlingen gut gehen und unser Leben bereichern kann. Wir wollen anderen damit MUT MACHEN, selbst aktiv zu werden. Sie haben von uns zu hören bekommen, dass wir auch eine weitere Familie aufnehmen wollen und dass wir unsere Aufgabe darin sehen, diesen Menschen eine langfristige Perspektive bieten zu können. Sie haben von uns zu hören bekommen, dass wir unsere Gemeinde ermutigen wollen, mit uns diesen Weg zu gehen.
Sie hätten auch noch eine ganze Reihe anderer Klöster in unserem Land besuchen können, die ausgezeichnete Flüchtlings-Arbeit leisten.
Ich frage mich nun: Warum war in Ihrem Bericht KEIN WORT davon zu hören?
Warum bringen Sie, so scheint es, wenn es um Kirche geht, nur einseitig Negatives und nicht auch etwas Ermutigendes (im politischen Paralellbericht war das übrigens durchaus Ihre Intention)? Ist das eine Berichterstattung, die einem halbwegs objektivem Anspruch gerecht wird?
Ich habe mich gefragt: Worum geht es hier eigentlich? Welche Stimmung soll hier auf Kosten von Halbwahrheiten erzeugt werden? Und: Widerspricht das nicht genau dem Anliegen, dem sie vorgeben zu dienen: nämlich der Aufnahme von Flüchtlingen?
Ich möchte festhalten, dass der ORF mit Beiträgen wie diesen seine Glaubwürdigkeit bei allen aufs Spiel setzt, die hinter die Kulissen schauen können und die sich für die gute Sache einsetzen. Diese Art der Berichterstattung ist für all jene eine schallende Ohrfeige, die sich bemühen, anderen zu helfen und dafür ein "zu wenig" attestiert bekommen. Diese Art der Berichterstattung - und das finde ich das Deprimierendste - schadet vor allem den Betroffenen selbst, denn sie fördert die Stimmung im Land: ,Selbst die Kirche tut nichts, dann brauche ich auch nichts zu tun'.
Ich weiß natürlich, dass es im ORF auch viele gibt, die mit einem solchen Journalismus nichts anfangen können. Ihnen möchte ich für Ihre gute Arbeit ausdrücklich danken!
Ich möchte mit diesen Zeilen aber - weil es um ein so wichtiges Thema geht - den Verantwortlichen dieser Sendung gegenüber unser klares Unverständnis für einen solch einseitigen Journalismus zum Ausdruck bringen - in der Hoffnung, dass diese Zeilen nicht im Rundordner, sondern in der nächsten Dienstbesprechung Ihrer Redaktion landen."
[rs]