Seit 175 Jahren gut behandelt von Barmherzigen Schwestern in Linz
Hinausgehen und den Menschen helfen, lautet sinngemäß ihr Auftrag. Der Mission ihrer Ordensgründer Vinzenz von Paul (1581-1660) und Louise von Marillac (1591-1660) gemäß, widmen sich die Barmherzigen Schwestern seit jeher der Betreuung von Armen und Kranken. So sammelte der Orden viel Erfahrung im Bereich Pflege und auch in Linz konzentrierte man sich auf jene, die am unteren Rande der Gesellschaft ihr Dasein fristen mussten. Ohne Ansehen von Herkunft, Religion und Status wurde jeder kostenlos behandelt. Auch eine Armenausspeisung gehörte von Anfang an zum Linzer Haus.
Es begann mit zwölf Betten
Die Barmherzigen Schwestern betrieben schon Krankenhäuser in Tirol und Wien-Gumpendorf. Als die Versorgungslage in Linz immer schwieriger wurde, bemühte man sich vor allem von bischöflicher Seite, sie auch nach Linz zu holen. Nach der kaiserlichen Genehmigung für ein drittes Ordenskrankenhaus in Linz stellte die Stadt das Kirchstetterhaus samt Garten in der Herrenstraße zur Verfügung, das sich in einem äußerst desolaten Zustand befand. 1841 wurde es nach der Renovierung und dem Zubau eines Spitalstraktes eröffnet. Finanziert von Wohltätern, darunter Erzherzog Maximilian d'Este. Mit der ersten Lokaloberin zogen zunächst fünf Schwestern ein, aus anfänglich zwölf Betten wurden alsbald 36, eine Zahl, die fortan ständig rasant steigen sollte. Schon wenige Jahre nach der Eröffnung war das neue Spital eine wichtige Heilstätte geworden.
Eng aneinandergereiht standen die Betten schließlich in ordentlich und aufgeräumt gehaltenen Schlafsälen, die zwanzig Patienten oder mehr fassten, die Räumlichkeiten wurden natürlich streng nach Geschlechtern getrennt und mit allen Altersgruppen belegt: Die Barmherzigen Schwestern waren das erste Ordensspital, das Frauen und Männer behandelte. Zwar blieben Patienten „mit äußeren Übeln, mit venerischen Krankheiten, mit unheilbaren Krankheiten, mit Krätze behaftete Personen und Kinder unter vier Jahren“ laut Statuten zunächst von der Aufnahme ausgeschlossen. Doch man fand entsprechend der Mission der Barmherzigkeit Mittel und Wege, auch diese Menschen zu betreuen. Die frommen Schwestern waren nicht nur im ordenseigenen Krankenhaus tätig, sie halfen auch außerhalb an vielen Orten.
Homöopathie dominierte
Die erste Zeit behandelte man die Patienten nach der noch jungen Methode der Homöopathie, die damals große Erfolge u. a. in der Bekämpfung der gefürchteten Cholera feierte. Das Ordenskrankenhaus in Gumpendorf galt als Zentrum der Homöopathie, von dort schickte man Dr. Simon Reiß als ersten Ordinarius nach Linz. In einer kleinen Vorratskammer — der Ursprung der Anstalts-Apotheke — verwahrte eine kundige Schwester die homöopathischen Arzneimittel auf.
Schulmedizin zieht ein
Mit dem Öffentlichkeitsrecht, das das Krankenhaus als erstes Ordenskrankenhaus in Linz mit 1. Jänner 1905 erhielt und mit dem staatliche Unterstützung für das Haus, das sich bis dorthin vorwiegend aus Spenden finanziert hatte, einherging, und unter der Leitung von Primarius Karl Urban (ab 1901) setzte sich die Schulmedizin durch und mit ihr der Schwerpunkt Chirurgie. Einen großen Förderer fand man in Fürst Ernst Rüdiger Starhemberg, der 1904 lebensbedrohlich erkrankt war und erfolgreich im Haus behandelt werden konnte: Zum Dank unterstützte er den Bau der chirurgischen Abteilung. Waren es um 1901 gerade einmal 90 Eingriffe jährlich, so führte man bei den Barmherzigen Schwestern gegen Mitte der 1920er-Jahre rund 3.000 Operationen jährlich durch.
Im Ersten Weltkrieg hatte sich das Ordensspital auch um viele Verletzte zu kümmern. Der Andrang war so groß, dass die Schwestern sogar aus ihren Zimmern und Gemeinschaftsräumen auszogen, um den Kranken Platz zu machen.
Mit dem Fortschritt in der Medizin wurde zwischen den einzelnen Bereichen immer stärker differenziert, was sich u. a. in neu gegründeten Abteilungen niederschlug. Operationssäle mit Oberlicht und großen seitlichen Glasflächen wurden eingerichtet, um für gute Lichtverhältnisse zu sorgen. Die Trennung von Chirurgie und Interner erfolgte, 1914 wurde die HNO-Abteilung, 1926 die Abteilung für Orthopädie gegründet. 1929 präsentierte man eine beachtliche Bilanz von 4.000 Kropfoperationen und die neurologische Abteilung, die heute nicht mehr besteht, 1930 schließlich die Urologie. Parallel dazu und mit immer mehr Patienten wuchs auch der Platzbedarf. So wurde 1927 ein Neubau eröffnet, 1937 musste das Kirchstetterhaus einem weiteren weichen. Als erstes Linzer Krankenhaus hatte man sich schon ab 1851 Kindern gewidmet, bis dorthin eine vernachlässigte Patientengruppe. In der 1927 eröffneten Helio-Station wurden lungenkranke Kinder mit einer Art Kur therapiert.
1939 wurde eine nationalsozialistische Leitung installiert, ein Reservelazarett eingerichtet. Die Armenausspeisung wurde verboten, die Helio-Station aufgelöst und so Platz für eine neue Frauenstation geschaffen. Die Ordensschwestern setzte man unter Druck, ob sie denn nicht ihr Ordenskleid ablegen und zu den nationalsozialistischen Braunen Schwestern wechseln möchten.
Nach dem Krieg wurde die Erweiterung fortgesetzt: So richtete man etwa 1959 die Gynäkologie und 1961 das Institut für Anästhesie ein. Mit dem neuen Strahlenzentrum wurde das Spital ab 1967 zum Tumorzentrum. In dieser Zeit startete auch die Vernetzung der Ordensspitäler untereinander: 1954 wurde eine Interessengemeinschaft gegründet, 1970 fand ein Zusammenschluss zu einer losen Betriebsgemeinschaft statt. Die Zusammenarbeit mit den Barmherzigen Brüdern ist heute nicht nur baulich sichtbar. Derzeit wird die Fusion mit dem Krankenhaus der Elisabethinen realisiert. Unter den gut 2.000 Mitarbeitern leisten aktuell 44 Ordensfrauen ihren Einsatz „im Dienst der Barmherzigkeit“.
Zum Artikel von Melanie Wagenhofer im Neuen Volksblatt von Samstag, 17. September 2016
[ms]