Alles ist möglich dem der glaubt
„Wir haben den Themenschwerpunkt so gewählt, dass wir Ihnen einen Tag bieten und bereitstellen möchten, der für uns als Bildungszentrum hilfreich und gewinnbringend ist“, brachte es Bildungszentrums-Geschäftsführer Martin Pfeiffer auf den Punkt. Und weiter: „Wenn ich heute so in die Runde schaue, zeigt das genau unser Abbild der Vielfalt und Buntheit, so wie wir unser Bildungszentrum Kenyongasse wahrnehmen. Es ist eine Abbildung unserer Gemeinschaft. Und, das ist mir besonders wichtig, wir bekennen uns als Ordensschule auch ganz bewusst zu dem Roten Faden nach oben, der auch dieses Netz halten möchte und auch hält.“
Das Thema des heurigen „Tag des Bildungszentrums Keyongasse“ lautete „beWEGt sein“, und da kommt man vom lateinischen movere schnell zum Begriff Motivation. Ein Begriff, der auch gut für das Bildungszentrum passe, denn gemeinsam sei man motiviert, eine Idee zu verwirklichen: „Die Idee ist ein gemeinsames starkes Bildungszentrum. Die Idee ist groß, sie ist herausfordern und sie ist aller Mühe wert“, so Martin Pfeiffer. Und weiter mit einem Augenzwinkern: „Deshalb haben wir uns für Thomas Geierspichler als Referenten entschieden. Wir konnten ja nicht irgendjemanden einladen, er musste schon zu uns passen!“
„Der Tag, der mir das Genick brach“
Thomas Geierspichlers Weg beginnt am 4. April 1994; er selbst nennt ihn „den Tag, der mir das Genick brach“. Auf dem Heimweg von der Disco wird der damals 18-jährige Thomas als Beifahrer in einen Autounfall verwickelt und bleibt für den Rest seines Lebens querschnittgelähmt. Für Thomas beginnt eine düstere Zeit. Er versinkt jahrelang in Selbstmitleid und Depression und bekämpft diese mit Alkohol und Drogen.
Aber dann hat er ein Schlüsselerlebnis, und auch dieses kann er auf den Tag genau benennen: Am 28. Dezember 1997 wird er von Bekannten zu einer Party geladen und kommt mit den Gastgebern, praktizierende Christen, ins Gespräch – über Gott und die Welt, vor allem aber über Gott. „Die waren wirklich gläubig, lasen die Bibel lasen, waren aber ganz normale Leute mit Auto, Haus und einem Beruf. Das hat mein Weltbild von Christen zerstört. Das hat nicht reingepasst in die Schublade, in die ich sie gesteckt hätte“, erinnert sich Geierspichler. „Ich dachte, die rennen den ganzen Tag herum, rufen ‚Halleluja‘ und ‚Praise the Lord‘ und kleiden sich nur in Leinen und Birkenschlapfen. Aber die waren ganz normal.“
Er beginnt über sich selbst nachzudenken, findet zum Glauben und schöpft neue Kraft. Und er beginnt zu trainieren. „Nachdem Hermann Maier 1998 so schwer stürzte und dennoch Doppelolympiasieger wurde, beschloss ich ebenfalls Sport zu betreiben. Ich wollte auch unbedingt die österreichische Bundeshymne auf dem Podest hören. Ich habe Bilder gesehen in meinem Kopf, von denen ich nicht gewusst hatte, dass sie für mich wichtig waren. Und dann ist mir bewusst worden, wie Gott arbeitet. Nicht, dass er vom brennenden Busch rauskommt und donnert: ‚Das ist dein neuer Weg, das und das musst du machen. Und wenn du das nicht machst, dann kommst du ins Fegefeuer.‘ Nein, sondern er gibt dir ganz tief im Inneren eine Empfindung, wo du spürst, wenn du eine gewisse Sache machst, dann blühst du auf. Das hat vielleicht für andere Leute keine Bedeutung, aber das ist umso mehr ein Zeichen, weil jeder Mensch individuell ist.“
Mit eiserner Disziplin kämpfte Geierspichler sich aus seinem Tief und erringt zehn Jahre nach seinem Unfall olympisches Gold bei den Paralympics. Dazu wurde er fünfmal Weltmeister, sechsmal Europameister und hält im Marathon den Weltrekord. „Ich versuche immer Dinge aus der Sichtweise des Sterbebettes zu sehen“, sagt der Spitzensportler und Bestsellerautor Geierspichler, „und dass ich dadurch gewisse Entscheidungen schneller treffe. Denn oft schiebt man Sachen auf und glaubt, dass passiert schon. Aber das tut es nicht. Und irgendwann ist es vorbei. Und ich möchte nicht sterben und sagen: Mist, warum habe ich das nicht gemacht.“ Wenn man etwas erreichen will, dürfe man nicht am Boden der Realität bleiben, sondern müsse den Bogen weit über den Horizont hinaus spannen. Das war seine Motivation, die ihn immer vorangetrieben hat: „Man muss an etwas Anderes glauben. Alles ist möglich dem, der daran glaubt."
[rs]