Backovsky: Die positive Grundeinstellung zum Menschen zählt
Seine Priesterweihe 1967 sei in die Zeit des kirchlichen Aufbruchs nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil gefallen (1962-65), erinnerte Backovsky. Die Kirche habe sich in einer neuen Weise den Menschen zugewandt und das sei auch stets die Maxime seines Handelns gewesen, sei es als Pfarrseelsorger, Novizenmeister oder Propst. Und dies erwarte er auch von seinen Mitbrüdern: "Wir sind kein beschaulicher Orden. Wir müssen und wollen zu den Menschen gehen und zugleich das Stift für die Menschen öffnen." Den Kirchenkurs von Papst Franziskus könne er diesbezüglich nur aus vollem Herzen mittragen: "Dieser Papst kennt sich aus, er weiß aus eigener Erfahrung um die Not der Menschen." Das betreffe etwa auch den Umgang mit Geschiedenen und Wiederverheirateten.
Für Berufung ist persönliche Begegnung essentiell
Dem Stift gehören derzeit 48 Chorherren an. Knapp die Hälfte davon lebt im Stift, die anderen wohnen meist in ihren Pfarren. Die Klosterneuburger Chorherren betreuen insgesamt 28 Pfarren, die meisten davon in Wien und Niederösterreich, je zwei in Norwegen und den USA. Damit verbunden ist nicht nur der Einsatz der Ordensmänner als Seelsorger, sondern auch ein großer Aufwand des Stifts für die Erhaltung der Kirchen, betonte Backovsky. Die derzeit laufende Wiener Diözesanreform beurteilte der Propst skeptisch. Die Zahl der Priester werde durch die Zusammenlegung von Pfarren bzw. die anvisierten "Pfarren Neu" ja nicht mehr. Die Gemeinschaft vor Ort und der persönliche Kontakt der Priester mit den Menschen gehörten wesentlich zum Kirche-Sein dazu. Backovsky sprach sich in diesem Zusammenhang einmal mehr dafür aus, bewährte verheiratete Männer ("viri probati") zum Priesteramt zuzulassen. Zum Nachwuchs im Stift befragt, zeigte sich der Propst leidlich zufrieden. "Es tröpfelt", so sein Befund. - Im vergangenen Sommer wurde ein Novize neu aufgenommen, vor wenigen Wochen wurde ein Chorherr zum Priester geweiht. - Für Berufungen essentiell sei die Begegnung mit Menschen, unterstrich Backovsky mit Verweis auf seine eigene Lebensgeschichte. Von Volksschulzeiten her sei er stets mit Chorherren in Kontakt gewesen, sei es als Pfarrer oder Religionslehrer. Das seien die besten Voraussetzungen, dass Berufungen wachsen können. Es sei ihm deshalb u.a. auch ein Anliegen, dass Chorherren wieder in die Schulen gehen, so der Propst. Die Vorstellung, dass es in einer Ordensgemeinschaft immer harmonisch zugeht, musste der Propst enttäuschen. Konflikte - "und manchmal auch sehr heftige verbale Auseinandersetzungen" - seien genauso Teil des Lebens in einem Stift. Geduld und gegenseitige Rücksichtnahme gehörten deshalb auch zu den notwendigen Eigenschaften, die man als Chorherr mitbringen sollte, und natürlich eine positive Grundeinstellung zu den Menschen", so Backovsky und weiter: "Ich habe in meiner langen Zeit als Ordensmann auch gelernt, wie wichtig es ist, schwierige Situationen durchzustehen und gewisse Dinge einmal über einen längeren Zeitraum zu ertragen."
Vita
Herman Backovsky wurde als Sohn einer Klosterneuburger Familie 1943 in Wien geboren, wuchs in Klosterneuburg auf und besuchte hier das Gymnasium, wo er 1961 maturierte. Im gleichen Jahr trat er gemeinsam mit seinem Bruder Ferdinand in das Stift Klosterneuburg ein und erhielt den Ordensnamen Bernhard. 1965 legte er die feierliche Profess ab. 1967 zum Priester geweiht, war er in der Seelsorge in Korneuburg und in Floridsdorf tätig, bis er als Novizenmeister und Klerikerdirektor zur Betreuung der Novizen 1983 in das Stift zurückberufen wurde. 1984 wurde er in den Kapitelrat gewählt, 1987 zum erzbischöflichen Geistlichen Rat ernannt. Nach dem Tod des Stiftsdechanten Michael Schmidt wurde Bernhard Backovsky im Frühjahr 1995 von seinen Mitbrüdern zum Stiftsdechant und nach dem Amtsverzicht des langjährigen Propstes Gebhard Koberger am 14. Dezember 1995 zum 66. Propst des Stiftes gewählt. Die Abtbenediktion erfolgte am 14. Jänner 1996. Am 14. Dezember 2005 wurde Backovsky erneut zum Propst gewählt und im Dezember 2015 schließlich ein drittes Mal, diesmal auf Lebenszeit. Gleich nach Backovskys Amtsantritt 1995 begann eine umfangreiche Reform der Stiftsbetriebe, die die wirtschaftliche Basis des Hauses darstellen, darunter das älteste Weingut Österreichs. Neben der Land- und Forstwirtschaft gehören u.a. auch zahlreiche Immobilien in Wien und Niederösterreich zum Wirtschaftsgut der Chorherren. Charakteristisch für Backovskys Stiftsleitung war eine Öffnung des Hauses: Klosterneuburg entwickelte sich zum Ort der Begegnung der Diplomatie oder Kultur, was in Staatsbesuchen, EU-Treffen oder Akzenten wie dem St. Leopold-Friedenspreis, STIFTetKUNST, der Galerie der Moderne, jährlichen großen thematischen Ausstellungen und internationalen Konzertreihen sichtbar wurde. Das Stift verzeichnet jährlich rund 100.000 Besucher. In der Ära Backovsky wurde das Stift Klosterneuburg weiters auch rechtzeitig vor dem 900-Jahr-Jubiläum im Jahr 2014 generalrenoviert. Es gab sich zudem erstmals ein Sozialstatut und engagierte sich weltweit auf humanitärem Gebiet, etwa für Straßenkinder in Rumänien, Moldawien, Indien und Honduras, für Kranke im Südsudan und sexuell missbrauchte Mädchen auf den Philippinen. Die Seelsorge-Tradition des Stiftes Klosterneuburg brachte Backovsky außer in die norwegischen Pfarren Bergen und Trondheim auch in die US-Pfarren St. Patrick und S. Rocco. Ganz besonderen Wert legte und legt Propst Bernhard auf die Weiterführung des Anliegens des Augustiner-Chorherren und Reformers Pius Parsch, den Glauben aus seinen Quellen Bibel und Liturgie heraus zu erneuern.
Seelsorger bleiben
2002 wurde Backovsky zum Generalabt der Österreichischen Augustiner-Chorherrenkongregation gewählt und 2007 sowie 2012 nochmals bestellt. Von 2010 bis 2016 war er zudem Abtprimas der internationalen Konföderation der Augustiner-Chorherren. Ende 2010 erhielt er das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich für die Unterstützung des Stiftes für die Straßenkinder in Rumänien. Schon 2006 erhielt er das Goldene Komturkreuz des Ehrenzeichens für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich. Bei allen Auszeichnungen und Ämter habe er doch in erster Linie immer versucht eines zu bleiben, so Backovsky: "Seelsorger."