VOSÖ wird St. Marien „mit großer Hochachtung“ weiterführen
Die Wurzeln der Ordensschule St. Marien in der Liniengasse 21 im 6. Wiener Gemeindebezirk reichen bis ins Jahr 1832 zurück. Barmherzige Schwestern,ursprünglich nach Wien gerufen, um die Bevölkerung in einer Choleraepidemie zu unterstützen, nahmen sich zwölf armer Mädchen an und unterrichteten sie privat. 1873 entstand aus diesen Anfängen eine zweiklassige Volksschule ohne Öffentlichkeitsrecht – der eigentliche Beginn von St. Marien. 1880 wurde der Ordensschule das Öffentlichkeitsrecht als Mädchen-Volksschule verliehen. 1927 wurde die erste 1. Klasse Hauptschule eröffnet.
Zu Beginn der Feierlichkeiten begrüßte Direktor Andreas Proy alle Gäste in der Aula von St. Marien. (c) Katrin Bruder/Ordensgemeinschaften Österreich
St. Marien: zeitgemäß, kreativ und vielfältig
St. Marien und die Barmherzigen Schwestern waren über Generationen miteinander verbunden; umso verständlichere ist es, dass sich der Festakt zur Übergabe an einen neuen Schulträger, der Vereinigung von Ordensschulen Österreich (VOSÖ), sehr emotional gestaltete. Generaloberin Sr. Cordula Kreinecker dankte in ihrer Festansprache für die 142 Jahre, in denen die Kongregation zum Wohle von Kindern hier wirken durfte: „Das christliche Weltbild und die daraus abgeleitete werteorientierte Erziehung waren uns dabei stets ein großes Anliegen.“ Die Anfänge von 1873 zeigten, dass es damals nicht selbstverständlich war, dass Kinder eine gute Erziehung erhalten; in manchen Ländern sei es das bis heute nicht. „Die Schwestern von damals waren echte Pionierinnen. Bis heute haben sie es verstanden, immer gemeinsam mit Fachkräften am Puls der Zeit zu bleiben. Bei Schulveranstaltungen kann man sich überzeugen, wie zeitgemäß, kreativ und vielfältig die Kinder unterrichtet werden.“ Sie sei überzeugt, dass das Werk, das sich in diesen 142 Jahren bestens entfalten habe, unter der Leitung des neuen Schulträgers gut weitergehen werde.
Die Kinder und alle Lehrinnen und Lehrer von St. Marien sangen zu Ehren der Schwestern ein selbstgetextetes Lied und überreichten ihnen dazu Geschenke. (c) Katrin Bruder/Ordensgemeinschaften Österreich
Schwestern sind Teil der Schulgeschichte Wiens
Die Leiterin des Schulamtes, Dr. Christine Mann, betonte in ihren Grußworten, dass die Barmherzigen Schwestern sich unauslöschlich in das Buch der Wiener Schulgeschichte geschrieben haben. „Das gleiche gilt für die Sozialgeschichte Wiens, für die Geschichte des Kindergartenwesens und selbstverständlich auch für die Geschichte des Wiener Spitalwesens. Darauf dürfen Sie stolz und mit uns gemeinsam dankbar sein!“
Generaloberin Sr. Cordula Kreinecker legte St. Marien - symbolisch in Form einer Statue des heiligen Vinzenz - in gute Hände. Sr. Cäcilia Kotzenmacher (Vorsitzende VOSÖ) und Rudolf Lichtensteiner (Geschäftsführer VOSÖ): "Wir führen die Schule mit großer Hochachtung weiter." (c) Katrin Bruder/Ordensgemeinschaft Österreich
Ort der geistigen Nahrung
In dieselbe Kerbe schlug auch Bezirksvorsteher Markus Rumelhart: „Mariahilf gilt heute als einer der sozialsten Bezirke Wiens. Der Grundstein dafür wurde auch durch das Engagement der Schwesterngemeinschaft gelegt!“ Eine Einrichtung lebe nicht nur von den Straßen, Plätzen oder Parkanlagen, sondern vor allem von Menschen, die ein offenes Herz für andere hätten. Rumelhart: „Ein wesentlicher Teil der Unterstützung für andere Menschen betrifft die Ausbildung. Menschen brauchen auch geistige Nahrung, um sich in der Zukunft weiterentwickeln können. Dazu hat dieses Haus in den letzten 142 Jahren wesentlich beigetragen. Vielen Dank!“
Die Schwestern von St. Marien verabschiedeten sich von ihrer Schule mit dem Lied »Gott hat mir längst seinen Engel gesandt«. Als Abschiedsgeschenk für ihre Schülerinnen und Schüler hatten sie kleine Schutzengerl vorbereitet. (c) Katrin Bruder/Ordensgemeinschaften Österreich
Schule mit Mehrwert
„Die Rolle des Schulerhalters besteht darin, Grund und Boden zur Verfügung zu stellen. Aber die Barmherzigen Schwestern haben mehr getan: Der wichtigere Teil war der Geist, der in diesem Haus herrschte“, brachte es auch Bezirksschulinspektor Martin Kirchmayer auf den Punkt. Man habe in diesem Haus den Zusammenhalt gespürt, die Zielstrebigkeit, die Liebe zu den Kindern mit dem Vorsatz, ihnen etwas für ihr Leben mitzugeben. „Das ist der große Mehrwert einer guten Schule: Den Kindern zu erkennen ermöglichen, was sie können, was ihnen Spaß macht, was sie in sich selbst weiterentwickeln können. Das gilt es zu fördern und zu forcieren“, so Kirchmayer.
Generaloberin Sr. Cordula Kreinecker bittet um Gottes Hilfe für den neuen Schulträger und segnet Sr. Cäcilia Kotzenmacher und Rudolf Luftensteiner (beide VOSÖ). (c) Katrin Bruder/Ordensgemeinschaften Österreich
Teil der Gemeinschaft
Die emotionalste Rede hielt Oberin Sr. Hyazintha Brandner. Sie fand bewegende Worte des Dankes an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch an Gott und die Gottesmutter Maria. Der Abschied falle ihr schwer. „Die Gemeinschaft ist geprägt vom Zusammenspiel der verschiedenen Talente und Fähigkeiten, die jeder einzusetzen versucht. Das ist getragen von gegenseitiger Achtung und Vertrauen. Wir Schwestern waren immer gerne Teil dieser Gemeinschaft, weil wir uns trotz unseres fortgeschrittenen Alters als nützliches Mitglied fühlten.“ Doch man wisse, dass die VOSÖ die Bildungseinrichtung nach christlichen Werten und im Sinne des Ordens weiterführen werde. Deshalb übergebe man die Schule und den Hort vertrauensvoll in ihre Trägerschaft.
»Gott hat das alles zu seiner Zeit auf vollkommene Weise getan«, so wurde in der Kapelle aus dem Buch Kohelet vorgelesen. Auch die Schülerinnen und Schüler von St. Marien überreichten ihren Schwestern kleine Abschiedspräsente zur Erinnerung. (c) Katrin Bruder/Ordensgemeinschaften Österreich
VOSÖ: St. Marien wird mit großer Hochachtung weitergeführt
„Die Schwestern von St. Marien haben mit dem ihnen anvertrauten Gut bestens gewirtschaftet“, sagte Sr. Cäcilia Kotzenmacher; Vorstandsvorsitzende der Vereinigung von Ordensschulen Österreichs. „Wir sind hier, um Danke zu sagen für die Menschen, die hier ihre ganze Kraft eingesetzt haben, um jungen Menschen Wegbegleiter in ein gelingendes Leben zu sein.“ Eine Ära gehe zu Ende. Leider fehle es an jüngeren Ordensfrauen im schulischen Bereich, aber man müsse den Barmherzigen Schwestern Hochachtung zollen, dass sie diesen neuen, kühnen Weg beschritten hätten. Sr. Cäcilia: „Heute darf ich Ihnen von Herzen danken und versichern, dass wir Ihr Werk mit großer Hochachtung, großem Verantwortungsbewusstsein und mit großem Gottvertrauen übernehmen und in ihrem Sinne weiterführen werden.“
Das Team des ehemaligen Schulerhalters grüßt das Team des neuen Schulerhalters von St. Marien. (c) Katrin Bruder/Ordensgemeinschaften Österreich
[rs]