Kulturtag: Digitale Transformation erfasst auch Klöster
Die Zukunft im Blick: Der Heiligenkreuzer Stiftskustos P. Roman Nägele ist dabei, die Sammlungen seines Stifts digital zu erfassen und online abrufbar zu machen. (c) ÖOK/ml
Etliche von Österreichs Stiften und Klöster sind Vorreiter darin, ihre wertvollen und teils umfangreichen Sammlungen nicht nur zu inventarisieren, sondern auch digital zu erfassen und online abrufbar zu machen. Beispielhaft zeigte dies am Mittwoch beim Kulturtag der Orden im Wiener Kardinal König Haus P. Roman Nägele vom Stift Heiligenkreuz. Die Bereich Graphik, Handschriften, Musikalien und Münzen würden seit den vergangenen Jahren Schritt für Schritt digitalisiert, erklärte der Stiftskustos der Kollegenschaft. Eine Vielzahl ganz neuer Möglichkeiten und Kooperationen hätten sich dadurch bereits ergeben.
Steigendes Interesse
"Seit wir unser Musikarchiv digital erfasst haben, sind die Anfragen deutlich gestiegen. Mittlerweile haben wir wöchentlich zwei Anfragen - von denen es zuvor kaum jemals welche gab", so P. Nägele. Musizierende aus aller Welt, jedoch auch Wissenschaftler:innen würden das Angebot im Zisterzienserstift dank der Online-Verfügbarkeit und der Bewerbung plötzlich wahrnehmen - wobei es wichtig sei, "dass Anfragen auch zu einer Beantwortung führen und Interessenten wenn möglich auch ein Digitalisat des gewünschten Musikwerkes bekommen", betonte der Leiter des Musikarchivs.
P. Nägele betreut die Heiligenkreuzer Sammlungen seit dem Jahr 2011 und ist somit Hüter über Schätze wie etwa Österreichs größte Bozzetti-Sammlung, das um 1870 im ehemaligen Gästetrakt des Stiftes errichtete Barockmuseum des Stiftes, eine umfangreiche Altomonte-Sammlung oder rund 600 Manuskripte der Handschriftensammlung, die teils bis ins 10. Jahrhundert zurückreichen. Unter den Musikalien zählt eine Laute aus dem Jahr 1633 oder eine Glasharmonika aus Böhmen aus dem Jahr 1806 zu den Glanzstücken, daneben gibt es eine umfangreiche Münzsammlung.
Die digitale Erfassung komme langsam, aber stetig voran, berichtete der Ordensmann. Dank des bereits ein Jahrzehnt langen Schaffens zweier Ehrenamtlicher, die mittels eines tragbaren Apparats etwa die Handschriften erfassen, ist eine kunsthistorische Analyse des Bestands und eine Veröffentlichung auf Seiten wie www.scriptoria.at möglich. Auch in gedruckter Form wird - im Fachmagazin "codices manuscripti & impressi" - regelmäßig über die Fortschritte der Erfassung informiert. Informationen über die Heiligenkreuzer graphische Sammlung - darunter eine Federzeichnung aus dem Jahr 1599 - werden seit 2021 auf der Plattform https://at.museum-digital.org eingespeist. Auch hier lasse sich eine stark gestiegene Anfragetätigkeit beobachten, "aus ganz Europa und aus Amerika", so der Kustos.
Sicherheitscheck für Kulturgüter
Die deutsche Denkmalschutz-Expertin Almut Siegel ermutigte die Teilnehmenden des Kulturtags zur Nutzung des Online-Tools "SiLK" (für Sicherheitsleitfaden Kulturgut). Das Angebot soll Sammlungen vor Schäden durch alle erdenklichen Notfälle schützen. "Beispiele für die Notwendigkeit gibt es auch aus den jüngsten Jahren viele", verwies die Referentin auf den Brand im brasilianischen Nationalmuseum in Rio de Janeiro 2018, jenen der Pariser Kathedrale Notre-Dame 2019 sowie zuvor den Wasserschaden im Schloss Ehrenstein bei Gotha 2013 oder den Brand in der Berliner Philharmonie 2008. SiLK war einst selbst als Reaktion auf den Einsturz des Stadtarchivs Köln 2009 gestartet worden.
Das Online-Serviceangebot gibt Hilfestellungen zum Thema Sicherheit, wobei nicht nur auf die Gefahren Brand und Diebstahl eingegangen, sondern auch über präventive Konservierung gegen Klimaveränderungen, Schädlinge oder Licht informiert wird. Das ohne Registrierung zugängliche, kostenlose Tool hat als zentrales Element eine Sicherheitsmatrix, gegliedert in einen Einführungsteil, einen interaktiven Fragebogen zur Selbstevaluation sowie ein Wissenstool mit Anleitungen für die Vorsorge und den Notfall. Unterstützen wolle man damit alle Sammlungseinrichtungen - "auch kleine und mittlere, die vielleicht kein professionelles Personal haben", wie Siegel erklärte.
Denkmalschutz 2.0: Mithilfe des kostenlosen Online-Tools "SiLK" sollen Sammlungen vor Schäden durch alle erdenklichen Notfälle geschützt werden. (c) ÖOK/ml
Notfallverbünde zur Bewahrung von Kulturgütern
Das als Projekt der Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen gestartete Angebot, das bis 2023 vom deutschen Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe gefördert wurde, verzeichnet jährlich steigende Nutzerzahlen, zunehmend aus aller Welt. "Besonders infolge von Kriegen und Naturkatastrophen ist das Interesse groß", so die Expertin. SiLK bietet auch einen Corona-Leitfaden für kurzfristig geschlossene Sammlungen. Nachgefragt würden besonders die Themen allgemeines Sicherheitsmanagement und Brand, und zwar von Museen, Bibliotheken, Archiven, Privatsammlungen, Versicherungen, Planungsbüros, Hochschulen sowie der Aus- und Weiterbildung.
Auch Notfallverbünde seien für die Bewahrung von Kulturgütern von hoher Bedeutung, so Siegel. Besonders deutlich sei dies seit Februar 2022 geworden: Deutschlandweit sei damals eine Spenden- und Sammelaktion für Material zum Schutz der Kulturgüter in der Ukraine gestartet worden, unter Mitwirkung u.a. des Deutschen Archäologischen Instituts und der Deutschen Gesellschaft für Kulturgutschutz. "Gesammelt wurde von Verpackungsmaterial bis zum Feuerlöscher, um ukrainische Einrichtungen, die Kulturgüter beherbergen, damit zu unterstützen". Das Fachwissen, das Engagement und die Energie vieler damit Befasster sei hier sehr sinnvoll eingesetzt worden.
Quelle: kathpress