Das Schicksal der Engelszeller Mönche in der NS-Zeit
„Brutale fanatische Menschen, meist junge Männer, fügen gegenwärtig anderen Menschen unvorstellbares Leid zu und terrorisieren die ganze Welt. Vergleichbares begann vor 80 Jahren hierzulande. Neben Juden und Kommunisten waren Priester und Ordensleute Opfer. Die Gewalt hat nicht gesiegt, das gibt auch heute Hoffnung.“ Mit diesen Worten hat die Historikerin und Jägerstätter-Biografin Erna Putz ihre Ausführungen über das Schicksal der Mönche des Stiftes Engelszell aus der heutigen Situation heraus betrachtet. Als wertvolle Basis für ihre Forschungen diente ihr ein achtseitiger Erlebnisbericht des KZ-Überlebenden P. Konrad Just vom Stift Wilhering, der seine Erlebnisse im KZ Dachau und Buchenwald gleich nach dem Krieg an den Bischof von Linz geschrieben hat. Darin wird die unglaubliche Brutalität und Härte in den KZ’s, speziell auch gegenüber Priestern und Ordensbrüdern sichtbar. In der „Härteausbildung“ der SS-Totenkopfverbände wurden „Fachleute der Brutalität“ ausgebildet.“ Vernichtung und Ausrottung der Gegner, „die auf hundertfache Weise zu Tode geschunden, gehenkt, erschossen und vergast wurden“, war das Ziel. Priester und Ordensleute kamen in Dachau sofort in die Strafkompanie, „in der es besonders brutal zuging“. Der überlebende Zeuge P. Konrad Just schildert in seinem Schreiben auch das Martyrium der Engelszeller Mönche.
Superior P. Hubert Bony mit Dr. Erna Putz
Mit haltlosen Anschuldigungen das Stift aufgelöst
Erna Putz schilderte im übervollen Saal im Stift Engelszell die Zeit rund um den 27. Juli 1939, dem schwarzen Tag für das Stift Engelszell. Zu der Zeit waren 22 Patres, 10 Chornovizen und 39 Brüder Mitglieder des Konventes. Bei den sogenannten Untersuchungen ging um den Besitz und die Beschlagnahmung des Stiftes, die zumindest nach außen „als gerecht“ dargestellt werden sollte. Ganz unerwartet erschien die Gestapo und begann die Untersuchungen. Es wurden Geständnisse erpresst und haltlose Anschuldigungen erhoben. Ein Viertel des Konventes war in Haft. Fünf Mitglieder sind in das KZ Dachau gebracht worden. Vier starben dort. Einer der Mönche überlebte. Nach dem Krieg können 22 von den ehemals 73 Mitgliedern im Jahre 1939 wieder zurückkehren. Abt Gregorius Eisvogel war zwei Jahre in Haft, kam frei und musste das Land verlassen.
Gedenk-Stele im Stiftshof
Vier Märtyrer
P. Gottfried Becker, 1887 in Horhausen geboren, wurde erstmals im September 1935 von der Gestapo registriert. Am 25. November 1940 wurde er in das KZ Dachau eingeliefert und in den Strafblock überstellt. Am 7. Oktober 1942 ist er dort verhungert. P. Konrad Just schreibt über ihn: „Der Trappist P. Becker verhungerte in Dachau. Becker war anfangs in der Strafkompanie als man die Geistlichen in einen Block zusammenzog. Nach den vielen Strapazzen und Entbehrungen erlöste ihn der Hungertod. Er starb ohne jede Hilfe. Becker war ein frommer Priester. Er betete viel. Das Gebet war überhaupt unser einziger Trost.“
Bruder Joachim Schäfer, am 29. 1. 1875 in Unter-Hohlstein geboren, wurde am 21. Oktober 1940 in das KZ Dachau eingeliefert und dort ebenfalls dem Strafblock zugeordnet. Am 2. Jänner 1941 starb er ebenfalls den Hungertod, der als „Herz-Kreislauf-Versagen“ in die Bücher eingetragen ist.
Bruder Aelradus Haslbeck, am 2. Mai 1878 in Augsburg geboren, war Eisen- und Steindreher und Ordensbruder im Stift Engelszell. Er wurde am 19. Oktober 1940 in das KZ Dachau eingeliefert und kam im Strafblock am 1. November 1940 dort um sein Leben. Er überlebte den Strafblock ganze 12 Tage.
Bruder Severinus (Michael) Laudenberg, geboren am 28. 5. 1893 in Köln-Nippes, wurde am 9. November 1940 in das KZ Dachau eingeliefert. Nach einem Zwischenaufenthalt im KZ Neuengamme verstarb er am 18. Oktober 1941 in Dachau.
Der KZ-Überlebende des Stiftes Wilhering P. Konrad Just schildert in seinem Schreiben an das Ordinariat Linz gleich nach dem Krieg: „Der Kreuzweg, den die Geistlichen mit den Laien in den Konzentrationslagern zu gehen hatten, war zeitwiese so schwer und blutig, dass man es nicht schildern kann.“
P. Makarius überlebte
Geistliche im KZ waren auch medizinische Versuchspersonen. Einer war der Engelszeller Pater Makarius (Gustav) Spitzig, der 1930 in das Kloster eintrat. Am 3. August1940 wurde er wegen „homosexueller Kontakte“ in den Jahren 1933 und 1934 zu 16 Monaten schwerem Kerker verurteilt. Am 3. Feber 1941 kam er in das KZ Dachau, wo mit ihm am 8. September 1942 die „Versuchsreihe“ gestartet wurde. Er überlebte das Hungerjahr 1942 als „Malaria-Versuchsperson“. Am 12. Dezember 1944 kam er in den gefürchteten Kommandaturarrest und überlebte. Er konnte 1945 nach Engelszell zurückkehren und verstarb am 7. 1. 1957 in Linz.
Halten wir die Gedenkkultur wach
In der feierlichen Ostervesper hat der Superior P. Hubert Bony das Gedenken mit den Worten eingeleitet: „Wir gedenken der vier Mönche vom Stift Engelszell, die den damalige Machthabern nicht ins Konzept gepasst haben.“ Bischof Manfred Scheuer hob in seiner Predigt hervor, „dass in dieser Zeit die Kirche gerade im steinigen Boden Wurzeln geschlagen hat und so lebendig, stark und großartig geworden ist“. Und der Bischof weiter: „Halten wir die Gedenkkultur wach und das Zeugnis der Märtyrer.“ Im Hof wurden auf einer Stele Kerzen für die vier Märtyrer entzündet.
Foto in Druckqualität (Medienbüro): Gedenk-Stele und Entzünden der Kerzen
[fk]