„Wenn Gott mir das zutraut, warum soll ich dann zweifeln!?“
Sr. Karina Beneder mit Schülerinnen in der Schule Santa Bernardita, die sie initiiert und gegründet hat. (c) privat
Peru ist ein von Krisen gebeuteltes Land mit Hochwasser, Dürrekatastrophen ... Die Corona-Pandemie und die Inflation haben zusätzlich Schaden angerichtet. Sr. Karina Beneder hätte hier in Österreich alles, was sie für ein sicheres und wahrscheinlich sorgenfreies Leben bräuchte, sie hat sich jedoch für einen anderen Ort ihres Wirkens entschieden: Peru, genauer gesagt San Pedro de Cajas in den Anden von Peru. Um ein Gefühl für diesen Ort zu bekommen: Die Sommer in San Pedro de Cajas sind kurz, kalt und bedeckt, die Winter kurz, sehr kalt, und es regnet viel. Sr. Karina schläft oft mit einer Haube und vielen Kleidungsstücken. Es gibt kein Trinkwasser, kein Warmwasser; keine sauberen Toilettenanlagen und eine Internetverbindung nur sehr selten.
Eine Ordensfrau im Einsatz
„Ich bin auf dem Weg“, sagt Sr. Karina und meint damit ihr ganzes Leben und Wirken. Die Ordensfrau aus dem Waldviertel ist 2021 nach Peru aufgebrochen. Die Liste der Projekte, die sie in der kurzen Zeit bereits initiiert und umgesetzt hat, ist erstaunlich. Hier ein kurzer Überblick:
Schule Santa Bernardita: Sr. Karina initiierte den Bau einer Schule für 500 Kinder auf einer ehemaligen Mülldeponie. Trotz Wüstenklima gibt es dort einen grünen Garten, und es ist die einzige ökologische Schule Perus.
Wasserfilteranlage: Dank einer Wasserfilteranlage, die Sr. Karina mit Kooperationspartnern in Österreich ermöglicht hat, ist die Schule Santa Bernardita heute der erste (!) Ort in Peru, an dem es möglich ist, Leitungswasser zu trinken.
Die Schule Santa Bernardita ist der einzige Ort in Peru, wo man Wasser aus der Leitung trinken kann – Dank einer Wasserfilteranlage, die Sr. Karina ermöglicht hat. (c) Verein „Wir wollen helfen Zwettl“
Baumschule und Aufforstungsprojekt: Ein weiteres neues Projekt der Franziskanerin ist eine Baumschule in der Ortschaft San Pedro, mit deren Hilfe die Menschen in der weitgehend baumlosen Gegend das Pflanzen und Pflegen von Bäumen erlernen sollen. Insgesamt 50.000 Bäume hat sich Sr. Karina als Ziel gesetzt.
Umweltschutz: Auf eigene Initiative hat die Ordensfrau 40 Tafeln mit neun Botschaften für mehr Umweltschutz aufgestellt. Mit einfachen Sätzen wie „Danke, dass du keinen Müll aus dem Auto wirfst“ oder „Danke, dass du keine Plastikwindeln wegwirfst“ möchte sie die Menschen vor Ort auf positive Verhaltensweisen im Alltag hinweisen.
Plastikrecycling-Anlage: Ganz neu in Planung ist eine Plastikrecycling-Anlage. Altes Plastik, das geschreddert und eingeschmolzen wird, erhält mit entsprechenden Gussformen eine neue Bestimmung, wie zum Beispiel Schultische oder Blumentöpfe.
„Ich gehe einfach weiter“
Man fragt sich, wie die engagierte Ordensfrau all das schafft. Den Mut, weiterzumachen und nicht aufzugeben, findet sie täglich im Evangelium und auch in den Menschen, die mit ihr auf dem Weg sind und hinter ihr stehen, sagt sie. „Ich gehe einfach weiter. Wenn ich mich auf den Weg mache, spüre ich, dass es richtig und notwendig ist. Gott hat mir das zugemutet, und wenn er mir das zutraut, warum sollte ich dann zweifeln?“
Die Menschen, die mit ihr auf dem Weg sind, sind die Kolleg:innen von Horizont 3000, das österreichische Hilfswerk „Miva“, das päpstliche Missionswerk „Missio“, die Fastenaktion der Diözese St. Pölten und natürlich der Verein ihrer Heimat „Wir wollen helfen Zwettl“.
Ein erfülltes Leben
„Ich habe ein sehr erfülltes Leben. Ich nehme alles so an, wie es kommt. Wenn etwas nicht geht, wird es einen Sinn haben, warum es nicht geht“, erzählt die 57-jährige Franziskanerin zufrieden.
„Die Erde spricht zu dir: Danke, dass du keinen Müll aus dem Auto wirfst.“ Mit Tafeln wie diesen will Sr. Karina für mehr Bewusstsein im Umwelt- und Klimaschutz sorgen. (c) Verein „Wir wollen helfen Zwettl“
Sicherlich ein gutes Lebensmotto, wenn man sich die Lebensbedingungen in Peru vor Augen führt. Trinkwasser oder Warmwasser, Strom und Internetverbindung sind entweder gar nicht oder nur zum Teil vorhanden. „Ich habe jetzt nach anderthalb Jahren zum ersten Mal wieder warm geduscht“, erzählt die engagierte Ordensfrau. Die Zeit ohne Empfang und Internet weiß die Ordensfrau für sich zu nutzen: „Wenn ich in die Dörfer hinausfahre, habe ich viel Zeit – da meditiere ich, da bin ich ganz mit mir und Gott verbunden.“
Folgen des Klimawandels
Die Folgen des Klimawandels sind in Peru drastisch spürbar. Schon zu Ostern gab es schwere Regenfälle, und das Klimaphänomen El Niño sorgt zusätzlich für starken und langen Regen. Häuser und auch die Schule Santa Bernardita standen bereits zu Ostern unter Wasser, das Abwassersystem funktionierte nicht, die Natur wurde zerstört. Sr. Karina berichtet, dass sich das Dengue-Fieber wieder ausbreitet und erzählt von einem 11-jährigen Mädchen und einem 8-jährigen Jungen an ihrer Schule, die an der tückischen Krankheit gestorben sind. Es fehlt fast an allem: Wasser, Lebensmittel, Medikamente. „Ich versuche zu helfen, wo es geht. Ich habe Taschen genäht, Lebensmittel und auch Gummistiefel verschenkt, natürlich auch Gelsenschutzmittel und Medikamente ausgegeben.“
Franziskanisch von Kopf bis Fuß
Warum sie das alles auf sich nimmt? „Mir geht es darum, dass ich als Franziskanerin noch tiefer in die Arbeit eintauchen kann. Ich bin dabei Franziskus sehr nahe“, erzählt die 57-jährige Ordensfrau und fügt hinzu: „Ich bin sehr dankbar, dass mich meine Mitschwestern diese Berufung auch leben lassen.“ Bis 2025 – so lange hat sie die Zusage ihrer Ordensleitung, in Peru zu bleiben – hat sie noch viel vor. Danach muss man sehen, was kommt. Am liebsten würde sie beides machen: „Hier in Peru helfen und Lehrerin in Österreich sein – aber das geht leider nicht.“ Wir werden den Weg von Sr. Karina auf jeden Fall weiterverfolgen.
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe 3/23 der ON.