Fachtagung Weltkirche 2017: Es ist Zeit zu handeln
Globale Bedrohungen durch Erderwärmung und daraus folgende Klimawandel werden immer offenkundiger - mit diesen mahnenden Worten eröffnete Heinz Hödl den Reigen der Referenten auf der Fachtagung Weltkirche 2017. Der Geschäftsführer der Koordinierungsstelle (KOO) und ehemalige Präsident des Weltverbandes der katholischen Hilfswerke mahnte weiters, dass der Klimawandel in der Folge die Nahrungskrise verschlimmere, den Lebensraum von Menschen gefährde und sie oft unverschuldet in Armut stürze.
Der Klimawandel sei eines der schwierigsten politischen Probleme der Menschheitsgeschichte. Dennoch fehle es in Österreich in diesem Bereich an politischem Engagement, so der Experte für Entwicklungsfragen. Zwar sei Klimaschutz „fester Bestandteil jeder Zukunftsrede und jedes Parteiprogramms“, in der Realität sehe es aber anders aus, und Österreich sei von einem Umweltmusterland weit entfernt.
"Es ist Zeit zu handeln", lautet das Resümee von Heinz Hödl. (c) Ordensgemeinschaften Österreich/Manu Nitsch
Ökologische Umkehr
Hödl sprach daher – ganz im Sinne von Papst Franziskus - von einer „ökologischen Umkehr“. Voraussetzung sei eine integrale Ökologie, in der Soziales, Ökologisches und Wirtschaftliches untrennbar miteinander verbunden sind. Es gäbe nicht zwei Krisen, eine der Umwelt und eine der Gesellschaft, sondern „eine einzige und komplexe sozio-ökologische Krise“.
Ökologische Umkehr braucht eine nachhaltige Wirtschaft, also weg von der Wegwerfkultur und Konsumismus der jetzigen Gesellschaft. „Es gilt, das Leben zu entrümpeln und auf das Wesentliche zu reduzieren“, so Hödl. Gleichzeitig machte er auf die Gefahr aufmerksam, dass eine Verschlechterung der Lebensqualität auch soziale Unruhen nach sich ziehen würden, z.B. durch Ressourcenknappheit. Das Fundament und der Weckruf für eine Ökologische Umkehr sei die Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus.
Veranstaltungsort war das Agrarbildungszentrum (ABZ) Lambach. (c) Ordensgemeinschaften Österreich/Manu Nitsch
Pariser Klimaabkommen
Für Hödl war das Pariser Klimaabkommen ein „Wunder“. Seit über 20 Jahren wurde dafür von der internationalen Staatengemeinde verhandelt. Über 190 Staaten haben in Paris eine gültige Vereinbarung unterzeichnet. Am 4. November 2016 trat der Weltklimavertrag in Kraft, nachdem 92 Staaten, die zusammen mehr als 55 Prozent der globalen Emissionen verursachen, unterzeichnet haben.
Österreich: Beschämend wenig Anteil
Die österreichische Regierung ist unter den Unterzeichnern; es stellt sich jedoch die Frage, ob hier nur ein Lippenbekenntnis unterschrieben wurde. Denn Österreich ist säumig, was die Reduktion der Treibgasemissionen angeht, als auch eines derjenigen Länder, die besonders wenig Unterstützung für Entwicklungsländer gewähren. Tatsächlich gehört Österreich in Europa zu den Schlusslichtern beim Klimaschutz; im „Climate Change Performance Index“ von „Germanwatch“, das die Klimabilanz von 58 Staaten auf den Prüfstand stellt, belege Österreich nur den 41. Platz.
Auch der österreichische Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung sei im Vergleich der heimischen Wirtschaftsleistung „beschämend gering“, so Hödl. Österreich stehe hier aber nicht alleine - generell müsse zur Kenntnis genommen werden: "Alle reichen Industrieländer nehmen ihre Verantwortung nicht wahr."
EU hat Nachbesserungsbedarf
Nachbesserungsbedarf sieht Hödl allerdings auch für den gesamten EU-Raum, "denn die Beiträge der Staaten reichen nicht aus, um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen". Anstatt die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius einzugrenzen, würde bei vollständiger Umsetzung aller Zusagen eine globale Erwärmung von etwa 2,7 bis 3,1 Grad Celsius ausgelöst - und damit die Gefahr katastrophaler Klimakapriolen.
„Die Herausforderungen sind allerdings gewaltig“, war sich Hödl in seinem Vortrag durchaus bewusst. Es gehe darum, die national verursachten Treibhausgasemissionen um mindestens 95 Prozent bis spätestens 2050 gegenüber 1990 zu reduzieren. Dieses Ziel erfordert eine Dekarbonisierung des Wirtschaftssystems bis spätestens 2050, wofür eine Halbierung des Energieverbrauchs und eine vollständige Umstellung auf erneuerbare Energie notwendig sein werden. Österreich als Land der Wasserkraft und mit Weltmarkt-führenden Unternehmen im Bereich Klimatechnologie könnte weltweiter Trendsetter sein, nutze aber seine gute Ausgangslage bisher aber kaum.
Allerdings zeigten eine Vielzahl an private Initiativen und Projekte auf lokaler Ebene im Bereich Klimaschutz und erneuerbarer Energie, "dass dieses Thema der österreichischen Bevölkerung echte Anliegen sind", so der Entwicklungsexperte. Die österreichische Bundesregierung müsse das erkennen und Klimaschutzpolitik auf nationaler und internationaler Ebene intensiv vorantreibe. Die einzige Möglichkeit, "wie wir als Individuum hier etwas erreichen können", ist, gemeinsam zu agieren und die Politik dazu zu zwingen, etwas zu ändern", so Hödl. Sein Resümee: „Es ist Zeit zu handeln!“
Foto v.l.n.r.: P. Franz Helm (Generalsekretär der Superiorenkonferenz der männlichen Orden Österreichs), Sr. Michaela Pfeiffer (Vereinigung der Frauenorden Österreichs), Bischof Broderick Pabillo (Präsident der Caritas in Manila), Monicah Wanjiru (Generalsekretärin der internationalen christlichen Arbeiterjugend, Kenia), Heinz Hödl (Geschäftsführer der Koordinierungsstelle (KOO)) und Abtpräses Christian Haidinger (Vorsitzender der Superiorenkonferenz der männlichen Orden Österreichs). (c) Ordensgemeinschaften Österreich/Manu Nitsch
Die Fachtagung endet Sonntag mit einem Festgottesdienst um 10.00 Uhr im ChristophorusHaus. Vortragende sind neben Heinz Hödl auch Bischof Broderick Pabillo aus Manila und Monicah Wanjiru aus Nairobi. Veranstaltet wird die Tagung in Lambach gemeinsam von den Ordensgemeinschaften Österreichs, der Missions-Verkehrs-Arbeitsgemeinschaft MIVA, der KOO und Gliederungen der Katholischen Aktion.
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[rs]