Fachtagung Weltkirche 2017: Kenias „Call to Action“
„Mein Großvater wurde 116 Jahre alt.“ Monicah Wanjiru begann ihren Vortrag mit sehr persönlichen Erinnerungen. „Er wurde im 19. Jahrhundert geboren, lebte im 20. Jahrhundert und starb im 21. Jahrhundert. Er liebte die Natur. Die Städte mochte er nicht; dort sei zu viel Beton“, erzählt Wanjiru.
Als Farmer versuchte Wanjirus Großvater Zeit seines Lebens im Gleichklang mit der Natur zu sein; er hatte offene Augen für seine Umwelt, für Pflanzen und Tiere. Und das ist einer der Gründe, warum er für seine Enkeltochter so wichtig war. Denn er war für sie ein lebender Zeuge, wie sehr sich die Umwelt in Kenia in den letzten Jahrzehnten zum Schlechteren gewandelt hatte. „Er hat sicherlich nicht die Komplexität des Klimawandels erkannt. Aber er wusste, dass sich viel in der Umwelt verändert hatte“, berichtet Wanjiru. „Die Jahreszeiten hatten sich verändert; die Regenzeiten sind heute nicht mehr vorhersehbar. Der Wasserpegel der Flüsse veränderte sich, sie wurden von stolzen Strömen immer mehr zu Bächlein. Die Artenvielfalt verschwand; manche nützliche Pflanzen und Insekten starben aus. Und schließlich wurden die Winter immer wärmer.“
„Nur wenn wir zusammenarbeiten, werden wir weit kommen." - Monicah Wanjiru stammt aus Kenia und ist Generalsekretärin der internationalen christlichen Arbeiterjugend. (c) Ordensgemeinschaften Österreich/Manu Nitsch
Das Wetter spielt immer mehr verrückt. Vor drei Wochen geschah etwas, was noch nie zuvor in Kenia passiert war: Es fiel Schnee. Das Leben stand für Stunden still, keiner konnte es fassen. Der Klimawandel hatte sich unübersehbar von einer neuen Seite gezeigt. Aber genau das ist auch der Grund, warum es für Kenias Jugend so wichtig sei, das Wissen von der älteren Generation zu erhalten, betonte Monicah Wanjiru. Es helfe, den Klimawandel besser zu erkennen und zu verstehen.
Ihr Großvater hatte eine sehr gute Erklärung für all diese Veränderungen: „Er sagte, wir sind Teil dieser Natur“, erzählte die Arbeiterjugend-Generalsekretärin. „Es gibt eine Verbindung zwischen Gott und der Natur, und wir haben eine moralische Verantwortung, uns um die Schöpfung Gottes zu kümmern. Aber das haben wir nicht getan, und deshalb sei Gott böse auf uns. Man muss bei sich selbst beginnen.“
Eine Meinung, die mittlerweile von vielen jungen Menschen in Kenia geteilt wird. Papst Franziskus‘ Enzyklika „Laudato si“ hat mit ihren klaren Formulierungen die Jugend angesprochen. Ihr Inhalt wird auf Social-Media-Plattformen geteilt und diskutiert – nicht nur von Christen, sondern auch von Muslime und Atheisten. Der gemeinsame Kerngedanke lautet: Wir sind Teil der Natur. Und die Natur ist die Kernfrage nach unserer Zukunft.
Vom Erkennen zum Handeln
„Laudato si“ war eine ausgezeichnete Gelegenheit, seine eigene Haltung und sein Wertesystem zu hinterfragen. Mehr noch: Die Enzyklika war geradezu ein Weckruf, ein „Call to Action“. In der Folge entstand eine (Jugend-)Bewegung, die den Bogen vom Erkennen zum Handeln spannt. „Wir brauchen eine Bewegung, die sich vom ‚Was ist gut für mich‘ zum ‚Was ist gut für alle‘ wandelt“, betonte Wanjiru. Doch dieser Wandel geschieht nicht von heute auf morgen.
„Wir meinen, die besten Lehrer für die Jugend sind die junge Menschen selbst“, zeigte sich Wanjiru überzeugt. Doch das kann nur funktionieren, wenn diese jungen Menschen eine gute (Aus-)Bildung erhalten. Diese wird landesweit teilweise durch die Kirche, NGOs, Entwicklungsinstituten und privaten Einrichtungen getragen und fokussieren sich auf Umweltschutz und den Auswirkungen des Klimawandels – auch den sozialen wie Armut und Arbeitslosigkeit. „Der Klimawandel ist real, und unsere Umwelt wird zerstört, wenn wir jetzt nicht handeln“, zeigt sich Wanjiru kämpferisch. „Nur wenn wir zusammenarbeiten, werden wir weit kommen – auch im Umweltschutz.“
Fachtagung Weltkirche 2017
Die Fachtagung Weltkirche 2017 findet von 21. bis 22. Juli 2017 im ABZ Lambach statt. Das Motto lautet „Die Erde sind wir – Schritte zu einer ökologischen Umkehr“. Die Tagung setzt an bei der Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus und will Schritte zum Engagement für die Schöpfung Gottes und Anstöße zur notwendigen ökologischen Umkehr aufzeigen. Veranstaltet wird die Tagung gemeinsam von den Ordensgemeinschaften Österreichs, der Missions-Verkehrs-Arbeitsgemeinschaft MIVA, der KOO und Gliederungen der Katholischen Aktion.
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[rs]