5vor12 Talk zum Thema #ErfahrungBildet: Die Schulen sind wertvoller und prägender Lebensraum
Dass aus dem Theologen Stefan Haider auch ein erfolgreicher Kabarettist geworden ist, hat er seiner Vergangenheit in der Katholischen Jugend zu verdanken. „Wir hatten eine Musicalgruppe“, erinnert sich der geborene Knittelfelder. „Zwischen den einzelnen Aufführungen hat es von mir Moderationen gegeben. Die sind immer länger und immer lustiger geworden. Und so ist es dann irgendwann mein erstes Kabarettprogramm entstanden.“ Auf die Frage, ob er lieber auf der Bühne oder als (Religions-)Lehrer in der Klasse agiere, antwortet Haider, es seien getrennte berufliche Wege. „Allerdings hat man weniger Auftrittsapplaus, wenn man in die Klasse kommt.“ Er sei jedenfalls genauso gern Kabarettist als auch Lehrer.
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Doch wie werden die heutigen Jugendlichen in der Schule wahrgenommen? Gabriela Kopetzky, Schulleiterin der Privaten Neue Mittelschule des Schulvereins der Grazer Schulschwestern, berichtet aus der Praxis: „Bei der Einschreibung erzählen mir die Kinder von ihren Erfahrungen, die sie bisher mit und in der Schule gemacht haben, vor allem aber wie geht es ihnen am Nachmittag zu Hause. Ich frage sie: Welche Erfahrungen hast du Zuhause gemacht. Welche Räume bieten dir deine Eltern, wo du Erfahrungen machen kannst. Auf diesen Erfahrungen kann man dann aufbauen. Und wichtig ist auch, was sie sich von unserer Schule erwarten, welche Erfahrungen sie machen möchten.“ Die Jugendlichen möchten lernen, um später einen guten Beruf zu haben, aber sie möchten aber auch in der Schule Aktivitäten setzen, die außerhalb des traditionellen Fächerkanons liegen wie zum Beispiel Sport betreiben, Theater spielen oder musizieren.
Fachkompetenz und Soziales
Eine Erfahrung, die auch Stefan Haider als Religionslehrer an zwei Berufsbildenden höheren Schulen in Wiener Neustadt teilen kann. „Die fachliche Kompetenz der Lehrerinnen und Lehrer ist sehr wichtig. Doch auch der Wunsch nach dem Sozialen in der Klasse ist stark ausgeprägt; sozusagen was an Leben in der Schule passiert. Die Jugendlichen sind bei uns ca. 45 Stunden in der Woche; das ist ein Lebensraum.“
Die Schule muss diesen Erwartungen nachkommen; für Gabriela Kopetzky ist das sogar „das Um und Auf einer Schule“. Die fachliche Kompetenz sei unbestreitbar wichtig, doch abseits der Hauptfächer Deutsch, Englisch, Mathematik, etc. seien es vor allem die Fächer im musischen, im kreativen und im sportlichen Bereich, ergänzt durch die Zusatzangebote am Nachmittag, die die Schule ausmachen. „Hier können die Kinder unabhängig von ihren kognitiven Leistungen eine Gemeinschaft entwickeln und etwas miteinander gestalten“, so die NMS-Schulleiterin.
Ferdinand Kaineder, Gabi Kopetzky und Stefan Haider im CasaNova Vienna (vlnr, (c) msc)
Lebenslanges Weiterbilden
Um den Schülerinnen und Schüler heutzutage gerecht begegnen zu können, müssen die Lehrerinnen und Lehrer nebenfachlicher Kompetenz auch „die Bereitschaft zur permanenten Fortbildung mitbringen“, sagt Gabriela Kopetzky. Und Stefan Haider ergänzt: „Wir müssen die Jugendlichen auf ein lebenslanges Fortbilden vorbereiten, und da müssen wir Lehrer mit gutem Vorbild vorangehen. Bildung ist ein lebenslanger Prozess.“
Die Medien vermitteln oft den Eindruck, für das österreichische Bildungssystem schlägt es bereits 5 vor 12. Ist das tatsächlich so? Im Gegenteil, findet Religionslehrer Stefan Haider. „Jeden Tag gehen sehr, sehr viele Kinder in die Schule, und kommen dort Jahr für Jahr mit einem gewissen Bildungsschatz heraus, und das funktioniert. Es ist ungerecht, es schlechtzureden.“
Wunsch nach mehr Autonomie
Dennoch, ganz wunschlos glücklich sind beide Pädagogen noch nicht. „Ich würde mir freuen, wenn es in Richtung mehr Freiheit, mehr Autonomie für die einzelnen Schulen gehen würde“, sagt Haider. „Die Schulleiterinnen und Schulleiter sollten dafür auch mehr Verantwortung übernehmen. Zum Beispiel bei der Auswahl der Lehrerinnen und Lehrer oder bei der Positionierung ihrer Schule.“
Ähnlich sieht das auch Gabriela Kopetzky: „Ich hoffe, dass mehr Geld für Personal geben wird, nicht im administrativen, sondern im pädagogischen Bereich.“ Die Anforderungen an die Lehrerinnen und Lehrer würden, unabhängig von der fachlichen Vermittlung, immer größer. „Wenn mehr Personal da wäre, Sozialpädagogen, Psychotherapeuten, etc., dann wäre das ein großer Fortschritt“, so die Grazer Schulleiterin.
Ordensschulen als Orte der Persönlichkeitsbildung
Jede Schule steht und fällt mit ihren Lehrerinnen und Lehrer – und das sei auch das große Plus von Ordensschulen für die Zukunft. „Ordensschulen haben deswegen einen guten Ruf, weil man weiß, die Menschen, die dort arbeiten, machen das nicht nur, um Geld zu verdienen, sondern auch mit großem Engagement“, bringt es Stefan Haider auf den Punkt. „Deshalb spielt auch der ganze Bereich Persönlichkeits- und Herzensbildung eine große Rolle.“ Eltern, aber auch die jungen Menschen würden das sehr schätzen. Haider: „Man spürt einen besonderen Geist. So wie Bildung gelebt wird, aus dem christlichen Menschenbild heraus, ergibt das eine ganz besondere Atmosphäre.“ In die gleiche Kerbe schlägt auch Ordensschulleiterin Kopetzky: „Tatsache ist, Ordensleute werden immer weniger. Also müssen weltliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versuchen, das Ordenscharisma weiterzutragen. Wenn jetzt eine Lehrerin oder Lehrer bei uns unterrichten möchte, dann erwarte ich mir auch, dass sie oder er noch zusätzliche Fort- und Ausbildungen macht, die wir speziell für unseren Standort anbieten. Wir verlangen in diesem Bereich sicherlich mehr als eine öffentliche Schule. Aber genau das ist der Grund, warum man das Haus betritt und sich wohl fühlt.“
Ist Humor in der Schule wichtig? Unbedingt, findet Humorist Haider. Sein Wahlspruch als Lehrer laute: „Man soll zumindest einmal in der Stunde gelacht haben, damit die Stunde gelungen ist.“ Humor könne eine positive Distanz schaffen, und die sei wichtig, um andere Aspekte wahrzunehmen und daraus neue Perspektiven zu entwickeln.
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[rs]