#otag17: Das Feuer der ganzheitlichen Bildung und die Sinnfrage wach halten
Es kann nur besser werden oder Es kommt nichts Besseres nach?
Mit einem Blick auf Gesellschaft und Kirche eröffnete Plankensteiner sein Referat. In vielen Bereichen gebe es den Ruf nach Veränderung: in der Politik, in der Kirche (ecclesia semper reformanda), im Schulbereich. Dort habe es in den letzten Jahren besonders viele Veränderungen gegeben. „Wer da von Bildungsstillstand spricht, weiß nichts von Schule!“ Bei Veränderungen gebe es grundsätzlich zwei Positionen: Entweder man sage: Es kann nur besser werden oder Es kommt nichts Besseres nach. Plankensteiner: „Wir brauchen eine Theologie der Veränderung!“ Seine These lautet: Veränderung ist zunächst weder gut noch schlecht. Sie kann beide Seiten haben, positive und negative. Schon die Bibel kennt das „schon und noch nicht“, vom Heil, das schon hier erfahrbar ist, und der Vollendung, die noch aussteht. Stillstand kann Rückschritt bedeuten, der Ruf „Du musst dich ständig verändern, zu einer Burnout-Gefährdung führen. Plankensteiner: „Das Wesen des Lebens ist Spannung zwischen Bewahrung und Veränderung.“ Es brauche andere Maßstäbe als alt und neu! „Ein wichtiges Kriterium zur Bewahrung der Identität bei aller Veränderung ist die Frage von Inhalt und Form!“
Thomas Plankensteiner, Landesschulrat für Tirol. (c) Ordensgemeinschaften Österreich/Magdalena Schauer
„Wenn der Ofen nicht brennt ...“
Im zweiten Teil wandte Plankensteiner diese Maßstäbe auf Glaube und Kirche an. „Der Aufttrag von uns Christen besteht darin, den Kern der christlichen Botschaft zu erfassen, so gut wie möglich zu verstehen und diesen Kern der Botschaft in Worte, Formen (Rituale) zu kleiden.“ Das wiederum sei abhängig von Zeit, Gesellschaft, philosophischem und politischem Hintergrund. Bewahrt werden müsse das Zeitunabhängige, die wesentliche Botschaft, die Form könne jeweils verändert werden. „Was wir in der Bibel als Wesen Gottes erkennen, in der Tradition und in den Sakramenten, muss in zeitbedingte Kleider gehüllt werden, damit es ins jeweilige Leben inkulturiert, „eingefleischt“ wird.“ Und hier gebe es in der Kirche eine Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Die Kirche habe diesbezüglich in ihrer Körpersprache (in ihrer Sprache, in ihren Bildern) ein Problem der Authorizität und der Glaubwürdigkeit. Ihre Formen erschwerten mitunter den Zugang zum Inhalt. Der Referent nannte einige Beispiele: Eine urchristliche Botschaft ist laut Plankensteiner die Erziehung zur Mündigkeit des Menschen. Taufe und Firmung würden das unterstreichen. Doch in der Kirche (Stichwort Bischofsernennenungen) sei diese Mündigkeit des zur Freiheit berufenen Christen nicht immer zu erleben. Das Neue Testament lege ein Bekenntnis zur Entsakralisierung ab: Glaube und Leben, Sonntag und Alltag sollen sich durchdringen. „Doch die Trennung zwischen Klerus und Laien ist fatal!“ Im Neuen Testament erfahren wir, so wie Jesus Menschen begegnet, immer wieder von einer Aufwertung der Frau. Doch dass die Kirche eine ganze Menschengruppe nur aufgrund ihres Geschlechts von Ämtern ausschließe, „ist eine Pervertierung der christlichen Botschaft“. Strukturen und Botschaft kann man nicht auseinanderreißen. „Wenn der Ofen nicht innerlich brennt und zieht, kann er keine Wärme ausstrahlen!“, so Plankensteiner wörtlich.
Voller Rahner-Saal beim Schultag im Kardinal König Haus in Wien (Alle Fotos: Magdalena Schauer)
Der Kern von Bildung und Schule
„Wir müssen uns fragen, was der wesentliche Kern von Bildung und Schule ist!“ sagte Plankensteiner im dritten Teil seines Vortrags. Das hänge mit unserem christlichen Welt- und Menschenbild zusammem. „Das wesentliche Ziel von Bildung und Schule ist die Vermittlung von Grundkenntnissen und Grundwissen an die junge Generation.“ Das mache junge Menschen stark gegen Verführungen und Manipulation. Der Lehrer, die Lehrerin habe Sprache und Bilder, um Wissen und Kompetenz zu vermitteln, er/sie sei Experte und Vorbild für die junge Menschen. „Man erzieht durch das, was man sagt, mehr noch durch das, was man tut, am meisten durch das, was man ist“, zitierte Plankensteiner Ignatius von Antiochien. Er sprach sich gegen eine Verengung der Bildung nur auf Wissen, auf kognitive Fähigkeiten aus. „Es braucht eine ganzeitliche Bildung, die soziale Kompetenz, musische und kreative Fähigkeiten, Persönlichkeitsbildung fördert. Kinder sind verschieden und gehören auch verschieden gefördert.“ Die katholischen Privatschulen seien hier in einer besonderen Verantwortung. Kinder hätten ein Recht auf letzte Fragen und darauf eine Antwort zu finden. „Wenn das nicht stattfindet und Sinnfragen ausgeklammert werden, verlieren Menschen den Sinn für eine echte Feierkultur und eine Rhythmisierung von Leben und Alltag.“ Die entscheidende Frage sei nicht: Du musst dich ändern oder bleib wie du bist, sondern Mensch werde wesentlich. Schule werde wesentlich. „Wir brauchen freiheitsliebende, wache, kreative Menschen.“
Rudolf Luftensteiner, Schulbischof Wilhelm Krautwaschl, Sr. Beatrix Mayrhofer, Abt Christian Haidinger (Foto in Druckqualität)
Zum Nachlesen der Vortrag von Dr. Thomas Plankensteiner, "Nur wer sich ändert, bleibt sich treu." Leben, Glauben und Bildung im Spannungsfeld zwischen Beständigkeit und Aufbruch
Bildung in allen Dimensionen
In seinem Impuls mit dem Thema „Aufbruch bewegt – unser Zeugnis in dieser Welt“ erklärte der Grazer Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl, Referatsbischof für Schule und Bildung in der Österreichischen Bischofskonferenz, der Lehrerberuf erfordere eine verstehende Balance zwischen verstehender Zuwendung und Führung. Verständigung und Verantwortung seien die Herausforderungen für eine christliche Schule. „Bildung in kirchlicher Verantwortung ist immer Ermutigung zu freiem und engagiertem eigenen Handeln, fördert Wachstum, Kreativität, Neugier und Wissbegier". Sie umfasse alle Dimensionen menschlichen Lebens und beinhalte "eine grundlegende dialogische Dimension, die auf ein lebenslanges und wechselseitiges Lernen hin orientiert ist", sagte der Bischof. Ordensschulen würden einen großen Teil dieser Bildungsidee tragen.
VS Kinder des Schulzentrums Friesgasse in Wien eröffneten mit Musik und Gebet den Schultag
Die Ordensschulen seien entstanden "durch das Erkennen der Zeichen der Zeit und deren Herausforderungen und versuchten aus christlicher Überzeugung darauf zu antworten", so Krautwaschl. Er plädierte weiters auch für eine noch stärkere Zusammenarbeit zwischen Ordensschulen und jenen katholischen Privatschulen, die sich in Trägerschaft der Diözesen befinden.
Bischof Krautwaschl brach in seinen Ausführungen auch eine Lanze für den konfessionellen Religionsunterricht und dankte den Religionslehrerinnen und -lehrern für ihr Engagement. Sie seien den Kindern und Jugendlichen "eine wertvolle Stütze im Umgang mit diesen schnelllebigen Herausforderungen, indem sie ihnen Halt auf Basis eines christlichen Menschenbildes anbieten". Zugleich sei der Religionsunterricht auch geprägt von einer Offenheit gegenüber anderen Religionen und bereite damit den Boden für eine Grundhaltung des Respekts und der Toleranz. Krautwaschl: "Auf diese Weise leistet der schulische Religionsunterricht einen wichtigen Beitrag für das Gelingen einer multikulturellen und multireligiösen, demokratischen Gesellschaft."
St. GeorgsBildungsPreis 2017 des Hauptverbandes Katholischer Elternvereine Österreichs
Der St. GeorgsBildungsPreis 2017 des Hauptverbandes Katholischer Elternvereine Österreichs ging in der Kategorie Eltern an Mag. Elisabeth Thaler & Team, Elternverein Friesgasse, für eine Online-Elternumfrage, in der Kategorie Lehrpersonen an Sr. Vera Ronai, Grazer Schulschwestern Eggenberg, für die Inititiave Benefizkonzerte zur Unterstützung des Stipendienfonds für Schülerinnen und Schüler, und in der Kategorie SchülerInnen an SchülerInnen vom Stiftsgymnasium Wilhering für die Schaffung von Peergroups zur schulischen Unterstützung von Flüchtlingskindern. Einen Sonderpreis erhielt Mag.a Andrea Philipp, PORG Volders, für die Gestaltung des Innenhofs der Schule.
Eine Preisträgerin des St. GeorgsBildungsPreis 2017 des Hauptverbandes Katholischer Elternvereine Österreichs ist Sr. Vera Ronai von den Schulschwestern in Graz
Mehr als 50.000 Schülerinnen und Schüler besuchen in Österreich eine der über 230 Ordensschulen. Dazu kommen nochmals mehr als 22.000 Kinder, die eine kirchliche Schule in Trägerschaft der Diözesen (etwas mehr als 100) besuchen, was in Summe gut 72.000 Schüler in knapp 350 katholischen Privatschulen ausmacht.
Bereich Bildung und Ordensschulen
Hauptverband Katholischer Elternvereine Österreichs (St. GeorgsBildungsPreis 2017)
[hw]