Die Würde des Menschen ist unantastbar
„Der Fremde soll euch wie ein Einheimischer gelten.“ Dieses Gebot unter den Israeliten für eine offene und großzügige Gastfreundschaft stellte die Exerzitienbegleiterin Kyrilla Schweitzer aus dem Alten Testament in die Mitte ihrer Überlegungen. Warum? „Die Begegnung mit dem Fremden kann eine Begegnung mit Gott werden.“ Sie schildert allerdings auch die andere Erfahrung im Alten Testament, wo der Fremde als „Eindringling“ gesehen wird. Aber: „Das Eintreten für Andere, für Fremde gepaart mit Großherzigkeit wäre die Spiegelung des Handeln Gottes. Gerade die Gastfreundschaft wird im Alten Testament an die oberste Stelle gerückt. Einen Fremden sollst du nicht ausnutzen oder ausbeuten. Dennoch ist die Begegnung mit dem Fremden oft unheimlich und mit Ängsten verbunden. Das braucht das Weiten-Lassen der eigenen Begrenzung.“ Auch im Neuen Testament wurde der Fremde immer unter dem Schutz Gottes gestellt. „Gewährt jederzeit Gastfreundschaft“, ruft Paulus den Römern zu: „Gastfreundschaft hat einen Wert an sich und ist nicht einfach eine milde Gabe. Hier spiegelt sich die Würde des Anderen.“ Auch die Emmausgeschichte zeigt die „Offenheit für den Fremden, der sich als Jesus herausstellt und den Verzweifelten Hoffnung bringt.“ Für Schweitzer ist klar: „Menschenwürde ist gerade aus biblischer Sicht unteilbar.“
Sr. Franziska Bruckner, Vizepräsidentin, Sr. M. Cordis Feuerstein, Generalsekretärin, P. Hans Eidenberger, Marianisten, Sr. Maria Schlackl und Sr. Patricia Erber, Salvatorianerinnen, Sr. Anna Mayrhofer, Franziskanerin, Sr. Marjolein Bruinen, UCESM, Sr. Beatrix Mayrhofer, Präsidentin
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Menschenhandel muss sichtbarer gemacht werden
„Menschenhandel aufdecken, Menschenwürde stärken und vernetzt wirksam werden“, sehen Sr. Anna Mayrhofer, für die Schutzwohnung in Wien zuständig, Sr. Patricia Erber, Vorsitzende von SOLWODI Österreich, Sr. Maria Schlackl, in Oberösterreich Aktivisten für das Thema, und P. Hans Eidenberger von den Marianisten, sensibilisiert als Ordensmann für das Anliegen, als ihre Berufung. „Durch Missbrauch von Macht und Vertrauen werden Mädchen und Frauen als Ware gesehe und gehandelt. Menschenhandel passiert mit dem Zweck der Ausbeutung, Zwangsdienstbarkeiten in allen Facetten. 2,4 Millionen Betroffene weltweit, 32 Milliarden werden damit umgesetzt. In Österreich sind 96% der Betroffenen aus Ostländern. 120.000.- EUR verdient ein Menschenhändler in Österreich pro Jahr mit einer Person. Menschenhandel ist mitten unter uns pure Realität.“ Sr. Maria Schlackl legt damit Fakten auf den Tisch, die diese Situation ungeschminkt aufdecken wollen. „Menschenhandel steht unter einer Decke der Angst, deshalb ist es so schwer, das sichtbar zu machen. Es ist daher nicht einfach, den Missbrauch im Zeitalter der Ökonomisierung zu erfassen.“
Intensive Beratungen zum Thema Menschenhandel
Es geht um unser Dasein
Es geht auch darum, den Anteil der Männer in diesem Themenkomplex klarer herauszuarbeiten. „Aber wie können wir etwas aufdecken, ohne noch mehr zu zerstören? In Liebe. Mit viel Sensibilität. Hinein in eine neu aufgerichtete Freiheit.“ Und immer wieder braucht es Raum, Schutzraum, Freiraum, um den kriminellen Netzwerken zu entkommen. Eidenberger: „ Gerade auch in den Ordenscharismen sind wir aufgerufen, Zeuginnen und Zeugen des Evangeliums zu sein, besonders dort, wo das Leben bedroht ist. Das heißt auch, die Komfortzone zu verlassen und dem Ruf zu folgen: Komm vor!“ Als erste Maßnahmen sind die Unterbringung in einer Schutzwohnung, Beratung und Begleitung und aktive Aufsuchen der Betroffenen wichtig. Sr. Anna Mayrhofer über die nachhaltigen Tätigkeiten von Solwodi: „Zuerst geht es um Stabilisierung, Normalisierung des Lebensalltages. Dann heißt es das Selbstwertgefühl aufzubauen und Ressourcen zu entdecken und zu mobilisieren, neue Lebensperspektiven zu entwickeln und Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Dabei geht es auch oft darum, Traumatisierungen zu akzeptieren oder Hilflosigkeit auszuhalten. Es geht um unser Dasein, mit und bei den Frauen.“ Sr. Patricia Erber kann berichten, dass 2017 Solwodi Ungarn als Netzwerk gegründet wurde. Das Netzwerk RENATE ist der Zusammenschluss von Ordensfrauen aus 26 Staaten, die sich des Themas des Menschenhandels angenommen haben und darin aktiv sind. „Talita Kum“ ist die weltweite Vernetzung über alle Kontinente. Erber: „Wichtig ist es, eine pointierte Öffentlichkeitsarbeit immer wieder in Gang zu bringen. Da braucht es auch aufrüttelnde Aktionen.“ Der 18. Oktober wird jährlich als „Europäischer Tag gegen Menschenhandel“ besonders begangen.
Außerordentliche Generalversammlung
Von Mittwochabend bis Donnerstagnachmittag findet die außerordentliche Generalversammlung statt. Themen sind das Zahlenwerk der Frauenorden in statistischer und finanzieller Hinsicht. Großen Raum wurde den Berichten gegeben. Besonderes Thema ist die rechtliche Vorgehensweise bei Provinzzusammenlegungen oder Schließung von Niederlassungen. Außerdem stand eine gemeinsame Sitzung des Präsidiums der Vereinigung von Frauenorden und des Vorstandes der Superiorenkonferenz der Männerorden statt. „Dabei geht es um die akkordierte und aufeinander abgestimmte Zusammenarbeit auf Zukunft hin“, ließ die Präsidentin Sr. Beatrix Mayrhofer wissen.
Äbtissin Sr. Veronika Kronlachner, Frauenstift Nonnberg, Sr. Barbara Moosbrugger, Klaraschwestern, Sr. M. Michaela Pfeifer-Vogl, Marienschwestern vom Karmel Linz
Eine besondere Wertschätzung erfährt die Jahrestagung der Höheren Oberinnen durch die Anwesenheit der Generalsekretärin der UCESM (Vereinigung der Ordensgemeinschaften in Europa) Sr. Marjolein Bruinen, Dominikanerin von Bethanien. Sie war die Initiatorin der europäischen Vernetzung gegen Frauenhandel „RENATE“.
Der neue Bischofsvikar für Orden in der Diözese Linz Adolf Trawöger feierte die morgendliche Eucharistiefeier mit den Ordensschwestern.
Die Höheren Oberinnen nutzten die Gelegenheit, um nach der Vesper der Präsidentin Sr. Beatrix Mayrhofer zum bevorstehenden 70er und der Generalsekretärin Sr. M. Cordis Feuerstein zum kürzlich begangenen 65er dankbar und originell zu gratulieren. Grundtenor: „Danke für die offenen und mutigen Worte, auch in der medialen Öffentlichkeit.“
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Vereinigung von Frauenorden Österreichs
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