Jahrestagung der Ordensarchive im Zeichen der Zusammenarbeit
Neben Vorträgen stand unter anderem auch eine Agape im Klostergarten der Kapuziner am Programm der Jahrestagung der Ordensarchive. (c) ÖOK/km
20 Jahre Arbeitsgemeinschaft Ordensarchive: Deo et sororibus fratibusque
Gerald Hirtner, Vorsitzender der ARGE Ordensarchive und Archivar der Erzabtei St. Peter (Salzburg), nahm gleich zu Beginn der Tagung die Teilnehmer:innen mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Verschiedene Kooperationen von kirchlichen Archiven gab es durchaus schon länger, doch erst mit der Gründung der Arbeitsgemeinschaft Ordensarchive vor exakt 20 Jahren entstand eine eigenständige Plattform, die sich speziell an Ordensleute und ihre Mitarbeiter:innen in der Archivarbeit richtet. Ziel sei es, sich um Weiterbildung, Vernetzung und Hilfestellungen im Bereich der Ordensarchive zu kümmern – unter anderem mithilfe der Zeitschrift MiKO und den jährlichen Ordensarchivtagungen zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten.
Der Vorstand der ARGE Ordensarchive Österreich - Lukas Winder, Gerald Hirtner, Maximilian Alexander Trofaier, P. Peter van Meijl (hinten, v.l.), Iris Forster, Karin Mayer, Sr. Clara Maria Neubauer und Miriam Trojer (vorne, v.l.) - feierte das 20-jährige Jubiläum der ARGE. (c) ÖOK/ml
Das 20-jährige erfolgreiche Wirken fasste Gerald Hirtner unter dem Motto „Gott, den Schwestern und den Brüdern“ (Deo et sororibus fratibusque) zusammen. Man habe immer nach dem Prinzip „think big“ gearbeitet und auf ein breites Fundament geachtet. Dass dieses Ziel erreicht wurde, ließe sich unter anderem daran erkennen, dass im aktuellen, neunköpfigen Vorstand die Vielfalt der österreichischen Ordenslandschaft abgebildet sei. Auch in Zukunft habe man jede Menge zu tun, unter anderem im Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung unserer Gesellschaft und die Weitergabe der Archivschätze an die nächste Generation.
Ordensarchive und Kulturgüterschutz
Einen interessanten Blickwinkel auf Ordensarchive ermöglichte Friedrich Schipper. Der studierte Archäologe und Theologe ist unter anderem Militärexperte für Kulturgüterschutz an der Theresianischen Militärakademie und Vizepräsident des Österreichischen Nationalkomitees Blue Shield, wo er sich für die Bewahrung des kulturellen Erbes und den Kulturgüterschutz einsetzt. Dass auch Archive nicht davor gefeit sind, durch Kriege oder Katastrophen zerstört zu werden, führte er anschaulich anhand einiger Beispiele vor Augen, darunter der aktuelle Ukrainekrieg, der Beirut Blast 2020 und die Flut in Prag 2002.
Über 30 Archivar:innen informierten sich im Wiener Kardinal-König-Haus über den aktuellen Stand und die Perspektiven der archivischen Zusammenarbeit. (c) ÖOK/ml
Um Kulturgüter zu schützen, wurden von der internationalen Gemeinschaft völkerrechtliche Normen definiert, die im Rahmen der UNESCO verabschiedet und vom österreichischen Parlament in heimisches Recht umgewandelt wurden. Besondere Bedeutung kommt dabei auch dem weltweiten Netzwerk „Blue Shield“ zu, das Kulturgüter bei kriegerischen Auseinandersetzungen unter einen imaginären Schutzschild stellen will.
Ordensarchive aus der Perspektive des Niederösterreichischen Landesarchivs
Heidemarie Bachhofer präsentierte das Niederösterreichische Landesarchiv als mögliche Quelle zur Erforschung der Geschichte religiöser Orden und Klöster. Das Niederösterreichische Landesarchiv besitzt – wie viele andere staatliche Archive – Unterlagen aus Stiften und Klöstern des Landes, die im Zuge der Auflösung des Jesuitenordens einerseits und der josephinischen Klosteraufhebungen andererseits durch den Staat Ende des 18. Jahrhunderts eingezogen und auf verschiedene Behördenregistraturen aufgeteilt wurden.
Organisator:innen und Vortragende der Jahrestagung der Ordensarchive: Iris Forster, Karin Mayer, Friedrich Schipper, Heidemarie Bachhofer, Christian Lackner und Gerald Hirtner (v.l.). (c) ÖOK/ml
Neben Akten des Klosterrates, einer im 16. Jahrhundert geschaffenen Einrichtung zur Kontrolle der Klöster in Ober- und Niederösterreich, findet man im Niederösterreichischen Landesarchiv noch weitere Bestände und Dokumente von und über niederösterreichische Stifte und Klöster. Als anschauliches Beispiel präsentierte die Expertin ein Dokument aus dem Kloster Gaming, bei dem es um die Rechtsprechung anlässlich eines tödlichen Verkehrsunfalls Ende des 18. Jahrhunderts ging. Der alkoholisierte Fuhrwerkslenker wurde zu vier Wochen Arbeitseinsatz und 15 Rutenschlägen verurteilt.
Ordensleute als Geschichtsforscher:innen
Im letzten Vortrag des ersten Tages beleuchtete Christian Lackner, Direktor des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, die Verflechtungsgeschichte, die es zwischen den Klöstern und Stiften Österreichs und seinem Institut gibt. Diese „histoire croisée“ begann schon bei der Institutsgründung im Jahr 1854, als der Benediktinerpater Albert Jäger aus dem Südtiroler Stift Marienberg zum ersten Vorstand gewählt wurde.
Als wichtiges Bindeglied der neueren Zeit erwähnte Dr. Lackner den Benediktiner P. Willibrord Neumüller, der wesentlich zum Erfolg des 1.200-Jahr-Jubiläums des Stiftes Kremsmünster im Jahr 1977 beitrug. Abschließend wies er explizit auf die spezielle Bedeutung von Ordensarchiven für das kulturelle Erbe hin und bekräftigte, dass sein Institut auch weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Aus- und Weiterbildung von Ordensarchivar:innen leisten will.
Kooperationspartner und Podiumsdiskussion
Am zweiten Tag des Jahrestreffens stand zuerst ein interessanter Austausch mit Kooperationspartnern auf dem Programm: Elisabeth Loinig vom Niederösterreichischen Landesarchiv stellte den „Verband Österreichischer Archivarinnen und Archivare“ vor und Gisela Fleckenstein vom Landesarchiv Speyer sprach über den „Arbeitskreis Ordensgeschichte des 19./20. Jahrhunderts“ (AKO), der sich als Diskussionsforum zur neueren Ordensgeschichte versteht.
Auch eine Podiumsdiskussion mit Karin Mayer, Nina Kogler, P. Peter van Meijl, Ines Weber und Helga Penz (v.l.) stand auf dem Programm. (c) Gerald Hirtner
Anschließend stand eine anregende Podiumsdiskussion auf dem Programm. Salvatorianerpater Peter von Meijl, Ordenshistorikerin Helga Penz sowie Ines Weber und Nina Kogler von der Katholischen Privat-Universität Linz sprachen über die vielfältigen Facetten der ordensgeschichtlichen Forschung. Karin Mayer, Leiterin des Bereichs Kultur und Dokumentation der Österreichischen Ordenskonferenz, leitete die Podiumsdiskussion und betonte, dass Forschende beim Betreten von privaten Ordensräumlichkeiten den Ordensleuten immer mit Wertschätzung und Respekt begegnen sollten.
Spannende Begegnungen im Zentrum Wiens
Am Nachmittag machten sich die Teilnehmer:innen auf den Weg zum Kapuzinerkloster in der Innenstadt. Guardian Bruder Leszek Nocuń hieß die Archivarinnen und Archivare herzlich willkommen, sein Mitbruder Albert Michelitsch stellte die 1618 von Matthias und Anna von Habsburg gestiftete Kirche vor. Für besonderes Interesse sorgte die darauffolgende Besichtigung der Kapuzinergruft mit wissenswerten Detailinformationen.
Bruder Albert Michelitsch stellte die Kapuzinerkirche vor. (c) ÖOK/km
Nach einer Agape im Klostergarten der Kapuziner ging es am späteren Nachmittag wenige Meter entfernt in der Michaelerkirche der Salvatorianer weiter, die gerade das 100-jährige Jubiläum ihres Wirkens in Österreich feiern. Vor exakt 100 Jahren übernahmen die Salvatorianer die Kirche und das Kloster von den Barnabiten, die von den 1620er-Jahren bis 1922 in Wien waren. Vor der Hl. Messe mit P. Erhard Rauch stand noch eine Orgelführung mit Manuel Schuen auf dem Programm. Der Organist und Musiker ist bereits seit 14 Jahren für die Salvatorianer tätig und hieß die Teilnehmenden mit einem kurzen Orgelkonzert willkommen, bei dem die rund 300 Jahre alte „Sieber-Orgel“ in ihrer vollen Schönheit erklang.
Manuel Schuen zeigte den Teilnehmenden die "Sieber-Orgel" in der Wiener Michaelerkirche. (c)ÖOK/km
Den offiziellen Abschluss der Tagung bildete eine kurze Ansprache von Sr. Christine Rod, der Generalsekretärin der Österreichischen Ordenskonferenz. Sie dankte allen Archivarinnen und Archivaren für ihr großes Engagement und würdigte ihre wichtige Arbeit.
Ausblick
Die nächste Jahrestagung der ARGE Ordensarchive findet von 8. bis 10. April 2024 gemeinsam mit der ARGE Ordensarchive Deutschlands statt. Veranstaltungsort ist das Schloss Fürstenried in München.