Krankenhausseelsorge: Zuversicht leben – Hoffnung geben
Krankenseelsorger:innen sind Hoffnungsträger:innen, das hat der "Tag der Seelsorge" dieses Jahr wieder sichtbar gemacht. (c) ÖOK/rm
Krankenhausseelsorger:innen stehen unter dem Anspruch, für die Hoffnung einzustehen. Doch was bedeutet „hoffen“ angesichts eines persönlichen Schicksalsschlags, einer chronischen Erkrankung oder einer ungünstigen Diagnose? Wie gelingt es, in der Pandemie Zuversicht zu bewahren? Wie können Seelsorger:innen hoffnungsstiftend wirken angesichts der Erfahrung von eigener Ohnmacht und Hoffnungslosigkeit? Diesen Fragen gingen die Krankenhausseelsorger:innen gemeinsam mit Hauptreferentin Sr. Melanie Wolfers und Moderatorin Cornelia Heinrich am "Tag der Seelsorge" im Bildungszentrum St. Virgil in Salzburg auf den Grund. Im wahrsten Sinne des Wortes ein Tag voller Zuversicht und Hoffnung.
Hoffnung & Zuversicht trägt
Was ist Zuversicht? Warum hat es die Zuversicht so schwer? Und wo finde ich Quellen der Zuversicht? Dies waren die ersten Fragen, mit denen sich die Teilnehmer:innen am Vormittag eingehend beschäftigten. Sr. Melanie Wolfers gab in ihrem Impulsreferat Anregungen und Praxistipps zur Zuversicht.
Gemeinsam erörterte man Quellen der Hoffnung und was es eigentlich ist, das einem Kraft und Zuversicht gibt. (c) ÖOK/rm
Von der Wirkkraft der Zuversicht
Hoffnung und Zuversicht trägt – und das besonders in schwierigen Zeiten, so die Ordensfrau, die zu dem Thema Zuversicht bereits ein Buch veröffentlich hat. Um diese Zuversicht zu leben und Hoffnung zu geben, braucht es Menschen, die diese Zuversicht weitergeben – so wie das Krankenhausseelsorger:innen täglich tun. Eine zuversichtliche Person erkennt, dass es Energie und Kraft braucht. Sie hat einen realistischen Zugang und „erkennt den Ernst der Lage – lässt sich aber davon nicht lähmen, sondern ist fähig, den gegenwärtigen Moment schöpferisch zu gestalten“, so Sr. Melanie Wolfers. Mit Hilfe der Zuversicht können wir in schwierigen oder scheinbar aussichtslosen Situationen positive Zukunftsvorstellungen entwickeln.
Cornelia Heinrich und Sr. Melanie Wolfers führten durch den Tag in St. Virgil in Salzburg. (c) ÖOK/rm
Für die Zuversicht müssen wir etwas tun!
Aber warum hat es die Zuversicht dennoch so schwer? „Unser Gehirn neigt zu einer unbewussten Negativitätsverzerrung – wir denken und fokussieren uns viel zu oft auf das Schlechte; das Positive gerät schnell aus dem Blick“, erklärt Sr. Melanie Wolfers. Oder kurz gesagt: „Angst bekommen wir von allein, für die Zuversicht müssen wir etwas tun.“ Und genau das ist es, was Krankenhausseelsorger:innen tagtäglich in ihrem Job leben und weitergeben: Die Zuversicht! Auch wenn es manchmal schwierig ist, es oft Geduld braucht, und Zuversicht einem selbst viel abverlangt. Die Krankenhausseelsorger:innen sind da – für Patient:innen, Angehörige und Mitarbeiter:innen.
Dirigentin der Hoffnung: Sr. Melanie Wolfers SDS. (c) ÖOK/rm
Quellen der Zuversicht
Was sind nun die Quellen der Zuversicht? Hier spielt zum Beispiel der eigene Körper eine große Rolle, denn Zuversicht betrifft den gesamten Körper, so Melanie Wolfers. Das beinhaltet eine aufrechte Haltung und ein Credo, das lautete: „Wenn ich gehe, geht’s mit gut.“ „Lassen Sie sich immer wieder mal gehen“, rät die Ordensfrau. Eine weitere Quelle der Zuversicht sind Erinnerungen. „Hier können wir vom Wiederkäuen der Kuh lernen: Sätze, die uns guttun, Vertrauenssätze, heilsame Sätze immer wieder wiederkäuen“, rät die Expertin. Auch tragfähige und vertrauensvolle Beziehungen sind eine Quelle der Zuversicht. Und ein „sinn-gemäßes“ Leben, denn „wer sein Tun als sinn- und wertvoll erlebt, kann Schwerem leichter standhalten und Krisen besser verarbeiten“. Und natürlich spielen Spiritualität und Glaube eine sehr große Rolle – sie geben Halt, Sinn und sind tägliche Kraftquelle.
Zuversicht als Kraft, neue Handlungsspielräume zu entdecken
Im zweiten Teil des Tages ging es um die Zuversicht als Prozess und was meint Hoffnung angesichts von Krankheit und Sterben? Hier ist ein realistischer Blick wichtig – Sr. Melanie Wolfers nennt es „im Schlamassel ankommen“. Sie weist auf ein Grundgesetz der Wirklichkeit hin, dass beim „Ankommen“ hilft: „Was ist, das ist. – Was ist, darf sein. – Was sein darf, kann sich verwandeln.“ In weiterer Folge geht es um Gefühle – die Theologin rät: „Glauben sie nicht alles, was Sie fühlen.“ Gefühle sollten in Ruhe hinterfragt und analysiert werden – eine innere und äußere Bestandsaufnahme sozusagen. „Die Situation ändert sich, wenn wir aufhören, dagegen anzukämpfen. Durch das ‚Lassen‘ kann der Tiefpunkt zum Wendepunkt werden und so neue Kraft gewonnen werden.“ Sr. Melanie Wolfers gibt den Teilnehmenden einen Rat mit auf dem Weg, der für viele Lebenslagen anwendbar ist: „Hören Sie auf, sinnlose Kämpfe zu kämpfen, dann kommen sie besser durch den Tag und schlafen besser.“
Der Tag der Seelsorge wurde von der Arbeitsgemeinschaft der Ordensspitäler Österreichs veranstaltet. Der Tag dient zur Identitätsstärkung und Austausch von Seelsorger:innen in österreichischen Ordensspitälern.
Buchtipp:
Melanie Wolfers, Zuversicht. Die Kraft, die an das Morgen glaubt. bene! 2021, EUR 14,40.
Weiterlesen:
Seismographen im Ordenskrankenhaus-Tag der Seelsorge der Ordenskrankenhäuser in St. Virgil [27.09.2019]
Website der Ordensspitäler Österreich
[renate magerl]