Klosterstudie: Ordensmänner leben länger
Der geregelte Tagesablauf der Mönche führt, laut der Studie, zu einer höheren Lebenserwartung. Wie hier im Bild die Benediktiner von Seitenstetten beim Chorgebet. (c) Puschner / Zarl
Die Klosterstudie ist eine Langzeitstudie am Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften unter der Leitung von Marc Luy. Ziel der Studie ist es, die entscheidenden Determinanten für Gesundheit und Langlebigkeit zu erforschen und so den Schlüssel zum „erfolgreichen Altern“ zu finden, also für eine lange und vor allem in Gesundheit verbrachte Lebenszeit.
Lebenserwartung ist beeinflussbar
Erste Zwischenergebnisse zeigen, dass sich der Alltag im Kloster – regelmäßige Abläufe, Essen, Meditieren – positiv auf die Lebenserwartung auswirke, berichtet Marc Luy, der Leiter der Studie im Ö1-Mittagsjournal vom 6. Februar 2024. Ordensmänner leben im Schnitt fünf Jahr länger als Männer insgesamt. Am meisten würden jene Männer mit einem geringeren Bildungsgrad vom Klosterleben profitieren – im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen, die nicht in einem Kloster leben. Der Studienleiter erklärt das Phänomen damit, dass soziale Unterschiede wie bessere medizinische Behandlung oder gesünderes Essen im Kloster wegfallen. Ordensmänner mit geringerer Bildung schließen somit in der Lebenserwartung zu den Männern mit höherer Bildung und höherer Lebenserwartung auf. „Das zeigt deutlich, wie stark die Lebenserwartung beeinflussbar ist“, resümiert Marc Luy.
Bei den Ordensfrauen - Frauen haben ja tendenziell eine höhere Lebenserwartung - habe man in der Studie „nur“ einen Unterschied von einem Jahr zu den Ordensmännern gefunden. Bei nahezu identischer Lebensweise von Männern und Frauen im Kloster schrumpft der Unterschied also auf ein Jahr zusammen. Und das zeige, dass es nicht biologische Faktoren sind, sondern beeinflussbare Aspekte.
Von den Ordensleuten kann man sich einiges für das eigene Privatleben abschauen - so zum Beispiel die Meditation zur Entspannung. (c) Kapuziner/Rauser
Geregelter Tagesablauf und Gemeinschaft
Marc Luy betont im Ö1-Interview die Bedeutung des Stressfaktors im Leben der Menschen. Die Studie habe gezeigt, dass ein stressreduziertes Leben zu einem längeren Leben führen kann. Hier könne man sich von den Ordensmännern in Klöstern einiges abschauen. Wie zum Beispiel einen geregelten und organisierten Tagesablauf, Ziele im Leben zu haben und Entspannung durch Gebet und Meditation. „Das ist genau das, was im Klosterleben automatisch passiert.“ Ein weiterer wichtiger Faktor sei, dass man im Kloster nie allein ist. „Die Gemeinschaft trägt, die Mönche sind füreinander da und das hat zudem den positiven Nebeneffekt, dass es auch noch lebensverlängernd wirkt“, berichtet Luy.
Archivdaten und Befragung
Für die Studie analysieren die Forscher die Lebenserwartung in Klöstern in Österreich und Deutschland in zwei Teilen. Zum einen werden Archivdaten aus den Klöstern gesammelt. Die in den Klosterarchiven erfassten Lebensdaten der Ordensmitglieder, wie Geburtsdatum, Eintrittsdatum und gegebenenfalls das Austritts- oder Sterbedatum, sind wichtige Grundlagen für die Erforschung von Langlebigkeit.
Zum anderen läuft eine Befragungsstudie, die Aufschluss über die Gesundheit und die Risikofaktoren der Ordensleute geben soll. An der ersten Befragungswelle haben insgesamt 1.158 Ordensleute (622 Ordensfrauen und 536 Ordensmänner) aus 16 verschiedenen Orden Deutschlands und Österreichs teilgenommen.
Warum sind gerade Ordensmitglieder für diese Forschungsfragen interessant?
Ordensmitglieder sind für diese Forschungsfragen aus verschiedenen Gründen einzigartig. Eine besonders wichtige Eigenschaft von Ordensfrauen und Ordensmännern ist, dass sie sich in ihren Lebensumständen sehr ähnlich sind. So unterscheiden sie sich zum Beispiel nicht bezüglich ihres Tagesablaufs, der Ernährung, Wohnsituation, Familienstand, Religionszugehörigkeit und vieler anderer Aspekte, die Gesundheit und Langlebigkeit beeinflussen. Darüber hinaus ermöglichen die Klosterarchive vieler Gemeinschaften die Rekonstruktion der Lebensläufe ihrer Mitglieder. Teilweise ist dies sogar für einen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten möglich.
Quelle: Klosterstudie; Ö1-Mittagsjournal