Ein Visionär und Seelsorger aus ganzem Herzen wird 80
Abt em. Christian Haidinger ist vielseitig engagiert und hatte zahlreiche verantwortungsvolle Ämter inne. Er war 10 Jahre lang im Vorstand der Superiorenkonferenz der männlichen Orden Österreichs und von 2005 bis 2014 Abt des Stiftes Altenburg im Waldviertel. © ÖOK/msb Download
„Kaum etwas in meinem Leben war geplant.“
Es sei ein Geburtstag wie jeder andere, allerdings habe er bereits gehört, dass eine Feier geplant ist. Diese nehme er gerne als Geschenk zu seinem 80. Geburtstag an, sagt Christian Haidinger, emeritierter Abt des Stiftes Altenburg, im Hinblick auf seinen nahenden runden Geburtstag. In den letzten Tagen sei ihm auch immer öfter bewusst geworden, dass er auf seinem Weg vieles bewegen konnte.
Der Ordensmann blickt auf ein sehr erfülltes Leben zurück und meint: „Kaum etwas in meinem Leben war geplant, alles in meinem Leben hat sich Schritt für Schritt gefügt.“ Bei vielen – wenn nicht sogar nahezu allen – großen Stationen seines Lebens habe er nie danach gesucht, sie oft auch nicht gewollt, aber sie wurden ihm dennoch geschenkt. „So bin ich immer wieder auf neue Wege geführt worden. Im Rückblick spüre ich einfach viel Dankbarkeit, dass ich so viel erfahren und erleben habe dürfen“, sagt er.
Pfarrer auf Umwegen
Christian Haidinger ist 1964 unmittelbar nach der Matura im Stiftsgymnasium Kremsmünster in die Ordensgemeinschaft eingetreten. Als ältestes Kind in der Familie war es eigentlich ein ungeschriebenes Gesetz, dass er der Hoferbe ist. Aber es kam anders. Dass er aufs Stiftsgymnasium gekommen ist, war – so wie vieles in seinem Leben – nicht seine Idee. Ein befreundeter Kaplan habe mit seinen Eltern ausgemacht: „Der gehört ins Gymnasium nach Kremsmünster.“ Schmunzelnd meint er dazu: „Damals hat man ja noch gemacht, was die Eltern und der Kaplan wollten.“
In der Klosterschule sei dann auch der Wunsch gewachsen, Priester zu werden. Als sein Vater ihn in der siebten Klasse fragte, was er denn nach der Matura machen werde, antwortete der junge Christian Haidinger: „Wahrscheinlich werde ich dann ins Kloster eintreten.“
Der Wunsch, Priester zu werden, ist gewachsen und wurde letztendlich zu seinem „Jugendtraum“. Tatsächlich ist er aber erst mit 51 Jahren für zehn Jahre Pfarrer in Buchkirchen in Oberösterreich geworden. Davor und danach waren immer andere Funktionen, Ämter und Aufgaben für ihn bestimmt. „Mein Herz gehört der Seelsorge“, sagt der Jubilar im Interview, „aber auch die anderen Aufgaben und Ämter waren wichtig, man trägt ja eine Mitverantwortung in der Gemeinschaft.“
Abt Christian Haidinger bei der Pressekonferenz zur Vorstellung als neuen Vorsitzenden der Superiorenkonferenz der männlichen Orden Österreichs im Jahr 2013. © ÖOK Download
Nachkonzilszeit: Experimentieren in Rom
Auch seine Studienzeit kam anders als geplant. Ursprünglich sollte er mit den beiden anderen Novizen aus Kremsmünster in Salzburg studieren. Eines Tages kam vom Abt die Info: „Du gehst nach Rom studieren.“ Und so ist er nach Rom gegangen und erlebte dort „die prägendste Zeit meines Lebens“. Es war 1966, ein Jahr davor ging das Zweite Vatikanische Konzil zu Ende. Die Kirche in Rom und auf der ganzen Welt war im Aufbruch. Eine aufregendere Zeit für einen jungen Theologiestudenten gibt es wohl kaum.
„Es war eine Zeit des Aufbruchs, des Experimentierens“, erinnert er sich. So kam es auch, dass ihm im Nachhinein bewusst geworden ist, dass er bei der ersten Konzelebration weltweit dabei war. Feierte vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil jeder Priester seine eigene Messe, so war es nun üblich, dass mehrere Priester gemeinsam Messe feierten. Abt Christian Haidinger erinnert sich noch an seine Zeit als Ministrant, „wo wir oft zwischen zwei oder drei Priestern hin- und hergelaufen sind. Das war alles sehr kurios“ Diese Zeiten waren nun vorbei. Alle Neuerungen des zweiten Vatikanischen Konzils wurden von Rom ausgehend ausprobiert und für die Praxis vorbereitet. „Eine spannende Zeit, für die ich nicht genug dankbar sein kann.“
Von heißen Eisen und Brennnesseln
Abt Christian Haidinger ist auch einer, der immer wieder die „heißen Eisen“ in der Kirche angegriffen hat. Er ist bestimmt einer der Vordenker, wenn es um den Zugang von Frauen zu Weiheämtern geht. Er habe sich da „oft in die Brennnesseln gesetzt“. Schon als junger Student in Rom habe ihn interessiert, „warum Frauen in der Kirche Menschen zweiter Klasse sind“. Ihm gehe das manchmal alles zu langsam: „Ich werde es zwar nicht mehr erleben, aber ich bin überzeugt, dass das Frauenpriestertum noch kommt.“
Zehn Jahre lange war der Tausendsassa im Vorstand der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften, davon sechs Jahre in der Funktion als Vorsitzender. Auch hier zeigte sich seine visionäre Kraft und seine Stärke als Vorkämpfer. In seiner Zeit wurde auch die Zusammenlegung der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschafen und die Vereinigung von Frauenorden Österreichs zur neuen Österreichischen Ordenskonferenz vorangebracht und umgesetzt. „Wann immer ich etwas zu sagen hatte, habe ich mich dafür stark gemacht, dass wir etwas Gemeinsames machen. Es waren einfach logische Schritte, für die ich mich gerne mit Leidenschaft eingesetzt habe.“
Ein starkes Team: Sr. Beatrix Mayrhofer und Abt Christian Haidinger standen vielen Jahre gemeinsam an der Spitze der heimischen Ordensgemeinschaften. In ihrer Amtszeit wurde auch die Zusammenlegung der Superiorenkonferenz der männlichen Orden Österreichs und der Vereinigung von Frauenorden Österreichs vorangebracht und umgesetzt. © ÖOK Download
Zur Person
Der 1944 in Siezenheim/Salzburg geborene Haidinger trat 1964 nach seiner Matura am Stiftsgymnasium Kremsmünster in die Ordensgemeinschaft der Benediktiner ein. Ein Jahr später legte er die zeitliche und drei Jahre später die Ewige Profess ab. Von 1966 bis 1970 studierte Haidinger Theologie am Päpstlichen Athenaeum Sant’ Anselmo; am 6. Juli 1969 wurde er zum Priester geweiht. Er war zehn Jahre lang Pfarrer in Buchkirchen (OÖ).
Lange Jahre blieb Haidinger dem Stift Kremsmünster verbunden; unter anderem fast drei Jahrzehnte als Religionslehrer am Stiftsgymnasium. 2005 wählten ihn die Mönche von Stift Altenburg im Waldviertel zu ihrem neuen Abt. Der Ordensmann blieb bis zum 12. März 2014, seinem 70. Geburtstag, im Amt. 2006 wurde er zum Präsidenten von Klösterreich, einem Interessenverbund der Stifte, Klöster und Orden Österreichs, gewählt.
Am 18. November 2009 wurde Christian Haidinger im Generalkapitel zum Abtpräses der Österreichischen Benediktinerkongregation gewählt; dieses Amt hatte der Ordensmann bis 25. Oktober 2017 inne; sein Nachfolger ist Abt Johannes Perkmann von der Benediktinerabtei Michaelbeuern.
Am 25. November 2013 wurde Haidinger als Nachfolger von Propst Maximilian Fürnsinn zum Ersten Vorsitzenden der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs gewählt; diese Funktion hatte er bis Ende 2019 inne.
Zwei biografische Bücher sind von Abt Christian Haidinger erschienen:
Geh, wohin ich dich sende! Ein dankbarer Blick auf ein erfülltes Leben. Styria Verlag (vergriffen)
Und Gott lächelt. Glücklich werden durch Dankbarkeit. Tyrolia Verlag 2021; € 19,95