Erzabt Birnbacher über Frauenweihe: Der Kirche „Sprünge“ zutrauen
Die Frauenordination solle „nicht forciert werden - das halte ich auch für kontraproduktiv“. Aber die Kirche habe schon öfters „solche Sprünge gemacht“. Der Erzabt erinnerte als Beispiel an das im Neuen Testament beschriebene Apostelkonzil, bei dem nach Streit entschieden wurde, man müsse nicht mehr Jude werden, um Christ werden zu können. Birnbacher: „Warum soll das nicht in der Frage von Frauen als Priester auch so sein?“
Dazu zitierte er seinen Vorvorgänger als Erzabt des ältesten bestehenden Klosters im deutschen Sprachraum, Franz Bachler. Dieser habe sich darüber geärgert, „dass gewisse Gruppierungen am liebsten dem Wirken des Heiligen Geistes Vorschriften machen möchten“.
Erzabt Korbinian Birnbacher veröffentlichte vor kurzem sein Buch „Weites Leben, weites Herz. Gut leben nach dem Bauplan des heiligen Benedikt“. (c) Canva/Tyrolia Verlag
Der Ordenskonferenz-Vorsitzende sagte in dem Interview zur derzeit auf weltkirchlicher Ebene durch Bischofsversammlungen forcierten Synodalität in der Kirche, diese gebe es theoretisch ja, sie „wird halt nur nicht immer so gelebt“. Vor allem im 19. Jahrhundert habe sich mit dem Jurisdiktionsprimat des Papstes zunehmend ein „rigider Autoritarismus“ ausgeprägt, „der ungesund ist“. Synodale Formen der kirchlichen und zumal monastischen Tradition seien in der Folge zunehmend in den Hintergrund gedrängt worden. Als Beispiel nannte Birnbacher die Klöster des 18. Jahrhunderts: Sie seien damals die einzigen Orte gewesen, wo man gesellschaftliche Stände und Schichten durchbrechen konnte. „Nur in einem Kloster konnte etwa ein schwäbischer Bauernbub durch Wahl zum Fürst-Abt aufsteigen.“
Wahrheit „immer auch in Bewegung“
Anlass für das Interview der „Furche“ war das jüngst erschienene Buch „Weites Leben, weites Herz“ von Erzabt Birnbacher. Darin legt er vor, was „Gut leben nach dem Bauplan des heiligen Benedikt“ bedeutet. Zum Thema Konfliktaufarbeitung meinte der Ordensmann, aus der 1500 Jahre alten Benediktregel könne man vor allem lernen, „dass man nicht meint, für alles eine passfertige, eindeutige Lösung zu haben“. Das erste Wort der Regel laute „Höre!“ und ganz am Schluss stehe „dann wirst du ankommen“. Das sind laut Birnbacher essenzielle Worte in der Regel. „Die erfreuliche Grundhaltung ist dabei, dass wir nicht im Besitz der Wahrheit oder der Weisheit sind, wie man etwas machen soll, sondern dass das immer auch in Bewegung ist“, erklärte der Erzabt. „Wir sind also nicht Besitzende, sondern stets Suchende.“
Neben den evangelischen Räten Armut, Ehelosigkeit und Ehelosigkeit sei „das wirklich Spezifische“ der Benediktregel die Stabilitas. „In einer Zeit, die so schnelllebig ist oder die sich immer mehr beschleunigt“, sei „eine gesetzte Gelassenheit etwas ganz Wichtiges“, hielt Birnbacher dazu fest. Stabilitas meine Verlässlichkeit im Sinne von: „Es gilt das, was man sagt; und das ist nicht bloß das Geschwätz von gestern.“ Und es sei bedeutsam zu wissen: „Das bin jetzt ich, das kann man nicht so ohne Weiteres ablegen.“ Der Erzabt verglich das damit, dass man auch nicht aus der Kirche austreten und meinen könne, es sei möglich, das abzustreifen. „Es gehört unweigerlich zu mir, auch wenn ich verstandesmäßig eine andere Entscheidung treffe.“
Quelle: kathpress