Von Last und Chancen der Klostersammlungen
Am 18. März 2024 fand das Vernetzungstreffen Kulturgüter im Stift Klosterneuburg statt. (c) ÖOK/rs
Neben Einblicken verschiedener Referent:innen in ihre Klostersammlungen sowie einer Führung durch die Galerie der Moderne bot das vom Stift Klosterneuburg und dem Bereich Kultur und Dokumentation der Österreichischen Ordenskonferenz veranstaltete Vernetzungstreffen auch vielfache Gelegenheit für Begegnungen und regen Gedankenaustausch.
Karin Mayer (Bereichsleiterin Kultur und Dokumentation der Österreichischen Ordenskonferenz), Wolfgang Christian Huber (Kustos des Stifts Klosterneuburg) und Herr Ambros Boyd (Stift Klosterneuburg) begrüßten die Gäste. (c) ÖOK/rs
Nach der Begrüßung der zahlreichen Gäste durch Herrn Ambros Boyd als Vertreter des Stiftskonvents, Wolfgang Christian Huber, Kustos des Stifts Klosterneuburg, und Karin Mayer, Bereichsleiterin Kultur und Dokumentation der Österreichischen Ordenskonferenz, startete der Vormittag mit dem ersten Referenten, P. Augustinus Zeman vom Schottenstift in Wien.
P. Augustinus Zeman: Museum im Schottenstift
Der Kunsthistoriker P. Augustinus Zeman widmete sich den Kunstschätzen des Schottenstifts – eines der wenigen Klöster, die unter der NS-Zeit nicht aufgehoben wurden. Das Museum im Schottenstift beherbergt in insgesamt 14 Räumen eine umfangreiche Sammlung von Kunstwerken, archäologischen Funden und historischen Objekten aus verschiedenen Epochen. Dabei liegt der Fokus vor allem auf der Geschichte des Stifts und seiner Bedeutung für Wien. „Große Touristenbusse werden Sie bei uns nicht finden – und sie hätten auch gar keinen Platz“, betonte P. Augustinus Zeman. „Unsere Besucherinnen und Besucher interessieren sich vor allem für die Geschichte Wiens.“
P. Augustinus Zeman (Schottenstift Wien): „Unsere Besucherinnen und Besucher interessieren sich vor allem für die Geschichte Wiens.“ (c) ÖOK/rs
Ein Highlight des Museums ist die Dauerausstellung „Das Schottenstift in Wien – Geschichte und Gegenwart“, die die Geschichte des Klosters von seiner Gründung bis zur Gegenwart auf anschauliche Weise präsentiert. „Unser Museum besteht im Grunde genommen zum Großteil aus der Ausstattung der barocken Prälatur“, informierte Kustos P. Augustinus Zeman die Zuhörer:innen. „Wir haben relativ wenig im Depot, worüber ich auch sehr froh bin.“ Ein paar Bilder wären noch ganz gut und könnten ausgestellt werden, der Rest sei aber „typische Meterware“. Er riet deshalb auch davon ab, zweit- oder drittklassige Kunst auf Online-Plattformen wie Ebay oder Willhaben zu kaufen.
P. Gustav Schörghofer: Jesuiten:Kunst
„Wir Jesuiten sammeln eigentlich nicht, aber es sammeln sich Dinge an, unweigerlich“, erzählte P. Gustav Schörghofer, der selbst Kunstgeschichte und Klassische Archäologie studiert hatte, in seinem Vortrag. „Das ist so wie beim Fluss, alles ist in Bewegung, aber in der Krümmung des Flusses findet man dann die tollsten Sachen.“
P. Gustav Schörghofer: „Wir Jesuiten sammeln nicht, aber es sammeln sich Dinge an.“ (c) ÖOK/rs
P. Gustav Schörghofer wurde 1998 Rektor der Jesuitenkirche und startete mit Skulpturen in der Jesuitenkirche, „was mir sinnvoll erschien. Später sind das dann Auftragswerke geworden. So ist das weitergegangen.“
Irgendwann kam dann die Lust, nicht nur in einem Sakralraum Kunst auszustellen und zu machen, sondern auch in anderen Räumen, z.B. in einem Industrieraum. Er suchte und fand die Zacherlfabrik in Wien 13, wo man acht Jahre lang Ausstellungen und Konzerte organisierte, bis letztendlich das Magistrat der Stadt Wien diesen Aktivitäten wegen Baufälligkeit des Gebäudes einen Riegel vorsetzte.
Ein Museum der Jesuiten gibt es nicht. „Wie gesagt, wir Jesuiten sammeln nicht“, bekräftigte P. Gustav Schörghofer. Man konzentriert sich eher auf Einzelausstellungen und -installationen in der Jesuitenkirche-Universitätskirche oder in der Konzilsgedächtniskirche in Wien 13. „Diese Kunstprojekte verstehe ich als Teil meiner Tätigkeit als Künstlerseelsorger, eine Aufgabe, die mir vom Orden übertragen worden ist“, betonte der Jesuit. Zusätzlich steht dem Künstlerseelsorger auch eine kleine Galerie im ersten Wiener Gemeindebezirk, das JesuitenFoyer, zur Verfügung.
Das Budget ist immer knapp. „Für ein Projekt in der Jesuitenkirche rechne ich mit einem Budget von 5.000 Euro, was wahnsinnig wenig ist“, seufzte P. Schörghofer. Im Herbst sei eine Performance geplant, die mit rund 40.000 Euro veranschlagt ist. „Da muss ich mir noch ansehen, wie ich zurechtkomme. Die Geldsuche bewegt einen ständig; da muss man immer mit dem Hut herumgehen.“
Lisa Huber: Werkschau
Anschließend präsentierte die Künstlerin Lisa Huber, die in Berlin, Villach und Wien lebt und tätig ist, ihre Arbeiten. Im Mittelpunkt ihres Schaffens stehen Zyklen nach biblischen Themen und der christlichen Überlieferung. Ihre Arbeiten fußen hauptsächlich auf Papier als Grundmaterial und zeichnen sich vor allem durch den Einsatz verschiedenster Schnitt- und druckgrafischer Verfahren aus. Darüber hinaus umfasst ihr Schaffen auch Werke für den öffentlichen Bereich, gefertigt aus Glas und Stoff – darunter Kirchenfenster und Fastentücher – sowie Skulpturen aus Metall. Eine große Rolle in Hubers künstlerischem Wirken spielt die Technik des Holzschnitts, die sich durch lebhafte, intensive Farben sowie durch deutlich abgegrenzte Formen auszeichnet.
Lisa Huber lebt und arbeitet in Berlin, Wien und Villach. (c) ÖOK/rs
Für die Kunstsammlung des Stifts Klosterneuburg hat sie einen runden Farbholzschnitt in der Art ihrer modernen Interpretationen von gotischen Schlusssteinen geschaffen. Das Bild mit dem Titel „Künder des Lichts“ setzt im mittelalterlichen Brunnenhaus als zeitgenössisches Werk einen bemerkenswerten Akzent.
Ihr Farbholzschnitt „Künder des Lichts“ ist im mittelalterlichen Brunnenhaus zu bewundern. (c) ÖOK/km
Aktuell ist auch ihr Fastentuch, das mittels einzigartiger Holzschnitttechnik entstanden ist, in der Stiftskirche Admont zu sehen. Es wurde anlässlich des 950jährigen Stiftsjubiläums angekauft.
Franz Smola: St. Leopold Friedenspreis
Kunsthistoriker Franz Smola, Kurator im Belvedere, stellte nach der Mittagspause den St. Leopold Friedenspreis vor – einen vom Stift Klosterneuburg ausgeschriebenen Kunstpreis, der nach dem Gründer des Klosters benannt ist und kreative Werke würdigt, die sich eingehend mit gesellschaftlichen und humanitären Fragestellungen auseinandersetzen. Er wird an Schaffende in allen Disziplinen der bildenden Künste vergeben, wobei Schaffende aller Nationalitäten und jeglicher politischer sowie religiöser Überzeugungen, einschließlich Kollektiven, teilnahmeberechtigt sind.
Franz Smola: „Das besondere an dem Preis ist auch, dass es keine Altersbeschränkung gibt.“ (c) ÖOK/rs
„Das besondere an dem Preis ist auch, dass es keine Altersbeschränkung gibt“, hob Franz Smola hervor, und wies auf eine 82-jährige Künstlerin hin, der von der Jury, bestehend aus Experten:innen aus den Bereichen Kunst, Medien und Sponsoren, ein Anerkennungspreis zugesprochen wurde. „Und der Wettbewerb ist mit einem relativ hohen Preisgeld von 12.000 Euro ausgestattet.“ Das Preisgeld ist zugleich auch der Ankaufspreis des ausgewählten Kunstwerkes.
Mit dem Hauptpreis des Jahres 2023 wurde Konstanze Trommer, eine in Erfurt tätige Malerin, als Anerkennung für ihr beeindruckendes Werk „Das Boot“ ausgezeichnet.
Der nächste St. Leopold Friedenspreis wird 2025 verliehen; Einreichschluss ist der 30. September 2024.
Wolfgang Christian Huber: Galerie der Moderne
Wolfgang Christian Huber, Kustos des Stifts Klosterneuburg, führte die Teilnehmer:innen in die Galerie der Moderne, wo neben den Werken der vergangenen St. Leopold Friedenspreis-Gewinner:innen auch Exponate zeitgenössischer Künstler:innen ausgestellt werden. Das Stift Klosterneuburg hat eine lange Tradition der Auftragserteilung, des Erwerbs und der Sammlung sakraler Kunst. Diese Tradition wird auch heute von der 2013 gegründeten Galerie der Moderne fortgesetzt. Die Sammlung beruht auf dem Engagement des Prälaten Alfred Sammer für moderne Sakralkunst und auf dem seit 2008 bestehenden St. Leopold Friedenspreis, der Kontakte zu Künstler:innen fördert.
Wolfgang Christian Huber: „Oft kaufen wir auch ein Kunstwerk, das den St. Leopold Friedenspreis aus den unterschiedlichsten Gründen nicht gewonnen, uns aber trotzdem beeindruckt hat.“ (c) ÖOK/km
Die Galerie präsentiert sakrale Werke des 20. und 21. Jahrhunderts, mit einem Umfang von etwa 400 Werken, die Themen wie Passion, Erlösung und das menschliche Schicksal zwischen Leben und Tod behandeln. „Oft kaufen wir auch ein Kunstwerk, das den St. Leopold Friedenspreis aus den unterschiedlichsten Gründen nicht gewonnen, uns aber trotzdem beeindruckt hat“, erzählte Kustos Huber. Die Galerie legt ihren Fokus auf österreichische Künstler:innen, aber auch internationale Kunstschaffende sind vertreten.
Nora Pärr: Kulturelles Erbe der Ursulinen
Die Historikerin Nora Pärr, Archivbibliothekarin der Ursulinen der Römischen Union, sprach abschließend über das kulturelle Erbe der Ursulinen, das sich, ehemals auf mehrere Standorte verteilt, heute hauptsächlich auf das alte Ursulinenkloster in Klagenfurt konzentriert. Ein zentraler Bestandteil ist das Museumszimmer, das auch „Millionenzimmer“ genannt wird. Es gibt Überlegungen, einen Gedächtnisort oder ein Museum zu schaffen, um über die Geschichte und Bedeutung der Ursulinen aufzuklären, doch hängt die Realisierung von verschiedenen Faktoren, wie dem Schicksal des Klostergebäudes ab.
Nora Pärr: „Die Bewahrung des Erbes erfolgt in enger Abstimmung mit den Ordensfrauen. Es ist schließlich ihre Geschichte.“ (c) ÖOK/rs
Die Bewahrung des Erbes erfolgt in enger Abstimmung mit den Ordensfrauen. „Es ist schließlich ihre Geschichte“, unterstrich Historikerin Pärr. Wertvolle Unterstützung erhält sie von der 106jährigen Ursulinin Sr. Maria Nopp, die eine wertvolle Auskunftsquelle für die Archivarin ist. Zurzeit wird das Inventar des Museums digitalisiert und das Archivgut in Kooperation mit dem Diözesanarchiv erfasst. Die Pflege des kulturellen Erbes der Ursulinen wird als Herausforderung, aber gleichzeitig als Chance gesehen.