Seligsprechungsprozess für zwei steirische Ordensfrauen im Plan
Die Gründerin der „Kongregation der Schwestern von der Unbefleckten Empfängnis in Vorau“, Barbara Sicharter, soll seliggesprochen werden. (c) YouTube Marienschwestern Vorau | Zum Video über Barbara Sicharter
Der Prozess verlaufe planmäßig, bestätigte Diözesansprecher Thomas Stanzer am 2. April 2024 gegenüber Kathpress einen entsprechenden Bericht des ORF-Steiermark. Bis es tatsächlich zu einer Seligsprechung kommt, brauche es noch viele Jahre, erklärte Stanzer im Blick auf das umfangreiche mehrstufige Untersuchungsverfahren.
Bei der Seligsprechung oder Beatifikation stellt die katholische Kirche durch das Urteil des Papstes fest, dass eine verstorbene Person vorbildlich aus dem Glauben gelebt hat und Christus in besonderer Weise nachgefolgt ist. Daraus ergibt sich die offizielle Empfehlung, diesen Menschen als Vorbild und als Fürsprecher bei Gott anzunehmen. Mit der Seligsprechung wird erlaubt, dass der Seliggesprochene in einer bestimmten Region öffentlich verehrt werden darf. Der Seligsprechung geht ein umfangreiches kirchliches Untersuchungsverfahren („Seligsprechungsprozess“) voraus.
Bauerntochter als Ordensgründerin
Barbara Sicharter wurde 1829 in Wenigzell geboren. Im Mai 1865 begann sie im „Tonihäusl“ in Schachen bei Vorau mit drei Bauerntöchtern ein klösterliches Leben als Mitglied des Dritten Ordens des Heiligen Franziskus. Bald schlossen sich weitere Frauen aus der Nordoststeiermark an. Sie pflegten in ihrem Heim verlassene Kranke, leisteten Krankendienste in den Häusern und nahmen sich der Armen an. Wegen der Farbe ihrer einheitlichen Kleidung hießen sie im Volksmund bald die „Blauen Schwestern“.
Als das „Tonihäusl“ zu klein wurde, übersiedelten die Schwestern 1876 in das Stroblhaus außerhalb des Marktes Vorau. Dort wurde ihnen die behördliche Genehmigung zum Betrieb eines Krankenhauses erteilt. Mit Hilfe von Wohltätern konnte 1885 das Stroblhaus aufgestockt und durch Nebenbauten vergrößert werden. Seit 1897 waren die „Blauen Schwestern“ ein staatlich anerkannter Verein. Eine äußerliche Angleichung an das kirchliche Ordensleben brachte 1898 die Einführung des bis 1968 getragenen Ordenskleides. Die zunehmende Zahl der Schwestern und Pfleglinge machte 1902 einen Erweiterungsbau notwendig.
Am 9. Februar 1905 starb Barbara Sicharter. Unter ihrer Nachfolgerin Josefa Schweizer erhielten die „Blauen Schwestern“ 1928 als bischöfliche Kongregation die päpstliche Genehmigung. Seither heißen sie „Kongregation der Schwestern von der Unbefleckten Empfängnis in Vorau“. Durch einen umfangreichen Erweiterungsbau erhielt Vorau 1932 ein modern eingerichtetes Krankenhaus, das mit diversen Umbauten bis heute auf den neuesten Stand der Medizin und Krankenpflege gebracht wurde.
Gegen Vergewaltigung gewehrt
Maria (Margareta) Krückl wuchs als viertes von insgesamt acht Kindern einer Bauernfamilie in Wenigzell in der Oststeiermark auf. Geboren 1918, trat sie 1944 als Novizin bei den Vorauer Schwestern ein und nahm den Ordensnamen Maria an. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs waren Vorau und Wenigzell Frontgebiet. Damals wurde den jungen Novizinnen nahegelegt, in ihr Elternhaus zurückzukehren, in der Hoffnung, dass sie dort vor der heranrückenden Roten Armee sicherer seien. Noch am Tag ihrer Heimkehr ins Elternhaus (8. April 1945) kamen Soldaten der Roten Armee. Ein Soldat überraschte die junge Frau, als sie in den Stall ging, um das Vieh zu füttern. Sie widersetzte sich mit Vehemenz einer Vergewaltigung, es kam zum Kampf und die mutige Frau wurde von dem Soldaten mit zwei Schüssen getötet. An ihr kurzes, aber schreckliches Martyrium erinnert noch heute die Grabsteininschrift an der Wenigzeller Friedhofmauer: „Maria Krückl, Novizin der Marienschwestern in Vorau ... als Opfer der Reinheit am 8. April 1945 von den Russen ermordet.“
Umfangreiche Untersuchungen
Der Seligsprechungsprozess beginnt mit einem umfangreichen kirchlichen Verfahren, das in einem ersten Schritt auf Diözesanebene geführt wird. Im Rahmen der Untersuchung wird das Leben der Verstorbenen sorgfältig geprüft. Dazu muss die jeweilige Ortskirche Informationen über Leben und Sterben der betreffenden Person sammeln und ein Wunder oder den Märtyrertod sowie Tugendhaftigkeit und den „Ruf der Heiligkeit“ nachweisen.
Nach Abschluss dieses diözesanen Seligsprechungsverfahrens werden die Akten der vatikanischen Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungen zugeleitet. Diese prüft in einem eigenen Verfahren die Echtheit der Dokumente und Zeugenaussagen und holt gegebenenfalls Gutachten über Wunder ein. Die Kongregation legt ihre Ergebnisse dem Papst vor, dem letztlich die Entscheidung für eine Seligsprechung obliegt.
Der Seligsprechung kann eine Heiligsprechung folgen, wozu allerdings ein weiteres Verfahren notwendig ist. Erst nach der positiven päpstlichen Entscheidung darf die betreffende Person offiziell weltweit verehrt werden.
Verfahren 2022 mit Gottesdienst eröffnet
Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl eröffnete die beiden Seligsprechungsverfahren am 4. Mai 2022 im Rahmen eines Gottesdienstes in der Kapelle der Vorauer Marienschwestern. Der Umfang der Untersuchungen wird auch anhand der vielen Positionen deutlich, die im Rahmen eines solchen Verfahrens zu besetzen sind. Der Gerichtsvikar der Diözese Graz-Seckau, Gerhard Hörting, wurde von Bischof Krautwaschl als bischöflicher Delegat, der Priester Markus Schöck als Promotor Justitiae und P. Anton Witwer SJ als Diözesanpostulator eingesetzt. Die Mitglieder der historischen Kommission sind der Vorauer Propst Bernhard Mayrhofer, Sr. Clara Maria Neubauer von den Marienschwestern, der Historiker Norbert Allmer und der Vorauer Stiftsarchivar Stefan Reiter. Weiters wurden auch drei Notare ernannt.
Quelle: kathpress