Grazer Straße erinnert an „Vinzi-Pfarrer“ Wolfgang Pucher
Seit 22. April 2024 erinnert in Graz die „Wolfgang-Pucher-Gasse“ an den im vergangenen Jahr gestorbenen „Vinzi-Pfarrer“ und Lazaristen Wolfgang Pucher. (c) Stadt Graz/Fischer
Am 22. April 2024 wurden die neuen Straßentafeln im Beisein der VinziWerke und der Grazer Stadtpolitik enthüllt. Bei den neuen Tafeln ist auch eine Kurzbiografie des Armenpfarreres zu lesen. Die frühere Heßgasse, die Mitte der 1980er-Jahre in die Laudongasse eingegliedert wurde, ist mit dem Leben von „VinziWerke“-Gründer Pucher eng verbunden.
Einsatz für Entfernung des Straßennamens
In der Gasse waren in den 1970er-Jahren mehrere Delogiertenhäuser, deren Bewohner sich der Priester annahm. „Jeder, der diese Adresse gesagt hat, hatte eigentlich schon einen Minuspunkt“, sagte Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) bei der Enthüllung laut APA. Pucher setzte sich für die Entfernung des Straßennamens ein, um eine Diskriminierung zu verhindern.
Waren bei der Enthüllung dabei (v.l.): P. Bernhard Pesendorfer, Klubobfrau Daniela Schlüsselberger, Thomas Ferk, Obmann der VinziWerke Österreich, Bürgermeisterin Elke Kahr, Vizebürgermeisterin Judith Schwentner, Bezirksvorsteher Christian Carli und Amrita Böker, Koordinatorin der VinziWerke Österreich. (c) Stadt Graz/Fischer
Nach Puchers plötzlichem Tod im Juli 2023 wurde auf seinen im Testament geäußerten Wunsch hin das Straßenschild der Heßgasse in sein Grab mit hineingelegt. Heute befinden sich in den vier Häusern Übergangswohnungen des Sozialamts, Pucher habe hier oft vorbeigeschaut, etwa bei Adventfeiern.
Sozial bedürftige Menschen im Vordergrund
„Wir haben die Tendenz, dass wir Menschen, die wir nicht gerne sehen, an den Rand drängen. Pfarrer Pucher hat spürbar gemacht, dass diese Menschen zur Mitte der Kirche, der Gesellschaft gehören“, sagte auch P. Bernhard Pesendorfer, Pfarrer von Graz-St. Vinzenz und ebenso Lazarist. Im Vordergrund stehe nicht nur die neue Gasse, sondern auch die sozial bedürftigen Menschen in den angrenzenden Häusern. „Ich habe viel mit Pucher zusammengearbeitet, er geht mir schon ab. Es braucht diese Menschen, die sich mit Leidenschaft und Engagement einsetzen“, meinte Bürgermeisterin Kahr.
Delogiertenhäuser: „Die brauchen mich“
In dem kurzen Straßenstück befanden sich früher vier sogenannte Delogiertenhäuser der Stadt Graz, in denen 800 Menschen, davon 200 Kinder lebten; Betroffene mit dieser Adresse waren bei Behörden und Institutionen stigmatisiert. „Nach einem Besuch aller Wohnungen wusste ich: die brauchen mich“, sagte Pfarrer Pucher einmal in einem Interview mit der steirischen Kirchenzeitung „Sonntagsblatt“. Die Delogiertenhäuser befanden sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu seiner damaligen Pfarre. Ein erster Schritt, den er erwirkte, war, die 50 Zentimeter hohe Schrift „Delogiertenwohnheim der Stadt Graz“ an der Fassade entfernen zu lassen. Das Gerücht, er selbst habe die Lettern abmontiert, stimme, auch wenn es ihn ehre, aber nicht, sagte Pucher. Heute befinden sich in den Gebäuden Einrichtungen für betreutes Wohnen.
Die VinziWerke
Der in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene, 1963 zum Priester geweihte Pucher engagierte sich ab 1973 als Pfarrer in Graz St. Vinzenz für bedürftige Menschen. Der Gründer der Vinzenzgemeinschaft Eggenberg erhielt u.a. den Ehrentitel „Grazer Armenpfarrer“.
Die von Pfarrer Pucher gegründeten VinziWerke unterstützen seit den 1990er-Jahren Menschen, „die aus der Bahn geraten sind und deshalb in Armut leben“, wie er selbst in mehreren Interviews erklärte. Zielgruppe waren und sind u.a. Drogen- und Alkoholabhängige, Obdachlose, Haftentlassene, Bettler. In den mittlerweile 40 Institutionen der VinziWerke in der Steiermark, Wien und Salzburg finden täglich bis zu 450 Personen Unterkunft und 1.400 Personen werden mit Essen und Lebensmitteln versorgt. Im VinziDorf finden etwa ehemals obdachlose und alkoholkranke Personen eine Unterkunft. Abgedeckt werden alle primären Bedürfnisse wie Kleidung, Hygieneartikel und eine warme Mahlzeit am Tag.
Quelle: kathpress