Dominikaner mit Kolloquium zum bevorstehenden 800-Jahr-Jubiläum
Die 1631 bis 1634 erbaute Dominikanerkirche Sancta Maria Rotunda erstrahlt seit der Renovierung 2022 in neuem Glanz. (c) Dominikanerkonvent Wien
Unter dem Titel „Wortgewandt, kunstsinnig und standhaft – 800 Jahre Dominikaner in Wien“ werden sowohl Etappen und Episoden des vielschichtigen Wirkens der Dominikaner als Gelehrte, Seelsorger und Diplomaten in den Blick genommen als auch die neuesten Erkenntnisse aus der jüngsten Kirchenrestaurierung und den Inventarisierungen von Bibliothek, Archiv und Kunstsammlung präsentiert. Veranstaltet wird das Kolloquium vom Wiener Dominikanerkloster gemeinsam mit dem Historischen Institut der Dominikaner in Rom, dem Institut für Historische Theologie der Universität Wien und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Auch Kunstschätze des Konvents werden präsentiert
Die Veranstalter wollen dabei ein breites Publikum erreichen. So ist das „Fünfte Isnard Wilhelm Frank Kolloquium“ als wissenschaftliches Vortrags- und Präsentationsevent angelegt, bei dem nicht nur Expert:innen aus unterschiedlichen Fachrichtungen zu Wort kommen und Wissens- wie Staunenswertes über das Wirken der Dominikaner und den Wiener Konvent im Spiegel der Zeit erörtern. Vielmehr werden dem interessierten Publikum zudem bei freiem Eintritt – mit dem Fokus auf Kunst, Kultur und Dokumentation – auch bedeutende Kunst- und Kulturgüter an ihrer historischen Heimstätte sachkundig vorgestellt.
„Der Wiener Dominikanerkonvent beherbergt hochrangige Kunstschätze – Fresken, Buchmalereien, Zeichnungen, Gemälde, Skulpturen, Schatzkunst etc. – aus acht Jahrhunderten, die der breiten Öffentlichkeit wenig bekannt und kunsthistorisch kaum erforscht sind“, erklärt Armand Tif, Leiter der Historischen Sammlungen des Dominikanerkonvents Wien, und ergänzt: „Die kommende Tagung soll neue wissenschaftliche Impulse setzen und Desiderate an die Kunstforschung zur intensiveren Auseinandersetzung und Präsentation dieses für den Dominikanerorden und für die Stadt Wien bedeutenden Kulturerbes vorstellen.“ Das Kolloquium ist aufgeteilt in einen kunsthistorischen und einen (ordens-)historischen Teil.
Das Altarblatt der Kapelle des hl. Dominikus in der Wiener Dominikanerkirche S. Maria Rotunda. (c) Dominikanerkonvent Wien
Hohe ordensinterne Bedeutung des Wiener Konvents
„Die Geschichte der Dominikaner in Wien kann im Großen und Ganzen als eine Erfolgsgeschichte bezeichnet werden“, ist P. Viliam Štefan Dóci, Präsident des Historischen Instituts des Predigerordens in Rom, überzeugt. Das Wiener Dominikanerkloster, gegründet 1225/1226 unter Herzog Leopold VI., ist einer der wenigen Konvente der Predigerbrüder, die seit ihrer Errichtung in der Frühzeit des Ordens ununterbrochen existieren. Das Kloster war für den Orden in vieler Hinsicht bedeutsam. Im Laufe seiner Geschichte wurden hier vier Generalkapitel abgehalten (1282, 1322, 1388, 1898), v.a. aber war es ein bedeutendes Studienzentrum des Ordens, das Brüder aus verschiedenen Ländern anzog. Damit unterhielt es über Jahrhunderte hinweg einen engen Bezug zur Wiener Universität.
Baulich Akzente gesetzt
Auch architektonisch und städtebaulich setzte das Kloster Akzente. Im Mittelalter bildeten Kirche und Konvent in unmittelbarer Nachbarschaft zur später gegründeten alten Universität einen der größten kirchlichen Baukomplexe der Stadt. 1529 wurde im Zuge der Türkenbelagerung und zur Verstärkung der Stadtmauern ein Teil der gotischen Konventskirche abgetragen. Die Wiederherstellung, wenn auch in ganz anderem Gewand, fand im 17. Jahrhundert statt. An der Stelle des mittelalterlichen Gotteshauses wurde in den Jahren 1631 – 1634 eine neue Kirche geschaffen, Sancta Maria Rotunda, ein Juwel des Wiener Frühbarocks, das nach einer umfassenden Renovierung seit 2022 in neuem Licht erstrahlt.
Predigt und Seelsorge als Schwerpunkte
Trotz der Präsenz des Ordensstudiums und des damit verbundenen akademischen Lebens lag der Schwerpunkt der Dominikaner auf Predigt und Seelsorge, die sich an alle Schichten der Wiener Bevölkerung richtete, Kaiserfamilie und Hof miteingeschlossen. Die Klosterkirche wurde 1783 zur Pfarrkirche erhoben. Seither prägt auch die Pfarre das Konventsleben mit und verankert die Dominikaner in der kirchlichen Landschaft Wiens.
Insgesamt haben sich Dominikaner und Stadt „immer wechselseitig geprägt, geformt und befruchtet“, beschreibt Thomas Prügl, Leiter des Faches Kirchengeschichte am Institut für Historische Theologie der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, die Verbindung der beiden zusammenfassend. „An der Geschichte des Wiener Konvents kann man gut die Symbiose von Stadt und innovativer dominikanischer Seelsorge nachzeichnen. Diese Geschichte bietet sich daher auch als ein Spiegel für die Wiener Stadt- und Kirchengeschichte insgesamt an,“ führt Prügl weiter aus, „waren – und sind – doch die Dominikaner ein zentraler Teil des vielgestaltigen religiösen Lebens in Wien.“
Bezugspunkt in ganz Mitteleuropa
Ebenso komme dem Wiener Kloster eine überregionale Bedeutung zu. „Der Konvent leistete beispielsweise ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts einen wesentlichen Beitrag zur Erneuerung des dominikanischen Lebens im Königreich Ungarn“, erinnert P. Viliam Štefan Dóci. Im Jahr 1703 wurde das Wiener Kloster zum Sitz des Provinzials der neuen österreichisch-ungarischen Ordensprovinz (Provincia Hungariae) erhoben. Damit blieb Wien der vornehmliche Referenzpunkt für alle Predigerbrüder in Österreich und Ungarn bis 1938; zwischen 1857 und 1905 gehörten auch die dominikanischen Häuser in Böhmen und Mähren zu diesem Ordensverband, der sogenannten „Reichsprovinz“.
Heutzutage kommt dem Wiener Konvent aufgrund seiner geographischen Lage erneut die Aufgabe zu, Bezugspunkt für den Dominikanerorden in ganz Mitteleuropa zu sein. „Nicht zuletzt aufgrund solch positiver Wechselwirkungen zwischen der lokalen Predigergemeinschaft und dem Gesamtorden, die für die Realisierung des dominikanischen Predigt- und seelsorglichen Auftrags eine wichtige Rolle spielten, verdient der Konvent in Wien eine besondere Aufmerksamkeit innerhalb der allgemeinen dominikanischen Historiographie“, erklärt P. Viliam Štefan Dóci.
Informationen zur Tagung
Die Tagung „Wortgewandt, kunstsinnig und standhaft – 800 Jahre Dominikaner in Wien“ findet von 16. – 18. Mai 2024 im Wiener Dominikanerkonvent statt.
Das Plakat kann hier heruntergeladen werden.
Ort
Dominikanerkonvent S. Maria Rotunda, Thomassaal
Postgasse 4
1010 Wien
Anmeldung
Eine Anmeldung wird bis 10. Mai 2024 an presse@dominikaner.org erbeten.
Programm
Das Programm ist hier abrufbar:
Dominikanertagung 2024 (Website der Universität Wien)
Quelle: Dominikaner Wien