Stift Klosterneuburg: Ausstellung über „vergessene“ Chorfrauen eröffnet
Am 25. April 2024 wurde die Ausstellung „Wir Schwestern“ im Stift Klosterneuburg eröffnet. (c) Stift Klosterneuburg/W. Hanzmann
Die Ausstellung „Wir Schwestern“ beleuchtet die weithin vergessene Geschichte des Chorfrauenstiftes, die dort lebenden Frauen sowie ihre Aufgaben, ihren Alltag und ihre Feste. Propst Höslinger zeigte sich am Rande der Eröffnung im Kathpress-Interview sehr erfreut darüber, dass mit dieser Ausstellung die Geschichte des Frauenklosters endlich entsprechend aufbereitet und gewürdigt wird.
Urkunde: Papst Innozenz II. gewährte den Augustiner-Chorherren und ihrer Kirche in Klosterneuburg päpstlichen Schutz. (c) Stift Klosterneuburg/W. Hanzmann
Die Forschung habe in den vergangenen Jahren „einiges wieder zutage gebracht und wir sind stolz darauf und freuen uns, diese wissenschaftlichen Ergebnisse nun präsentieren zu können und damit auch das Bewusstsein für diesen Teil der Geschichte Klosterneuburg zu schärfen“. Es gebe freilich keine Pläne, so der Propst scherzhaft auf eine nicht ganz ernst gemeinte Anfrage, im Stift wieder ein Frauenkloster einzurichten. Freilich: Im Stift gebe es auch viele weibliche Mitarbeitende. Und in den letzten Jahren seien auch immer mehr Frauen in Führungspositionen gekommen. Nachsatz: „Das spiegelt einfach die heutige Gesellschaft wider.“
Langlebige Doppelklosterkonstruktion
In dem Doppelkloster, das Markgraf Leopold III. und Gemahlin Agnes im Jahr 1133 in Klosterneuburg ins Leben riefen, stand wie bei den Regularkanonikern üblich der Propst der Männergemeinschaft vor sowie auch dem Gesamtensemble, also auch der Meisterin der Frauengemeinschaft. Die Augustiner-Chorfrauen waren sehr eng mit den Stifterkreisen und mit dem Herrscherhaus verbunden. In die Gemeinschaft traten neben Mädchen und jungen Frauen auch adelige Witwen ein und Ehefrauen lebten auf Zeit beim Konvent, wenn ihre Männer gerade abwesend waren. Die Chorfrauen waren in Klosterneuburg auch für die Erziehung von Mädchen zuständig.
Während andernorts die Doppelklosterkonstruktion meist noch im 12. oder spätestens im 13. Jahrhundert aufgegeben und der Frauenkonvent aufgelöst wurde, blieb er in Klosterneuburg bis 1568 erhalten. Die Frauen waren hier sogar so erfolgreich, dass sie sich 1261 um das Frauenstift Sankt Jakob in Klosterneuburg erweiterten. Nach der Auflösung im 16. Jahrhundert fielen die Zeugen ihrer Existenz, ihr Hab und Gut, ihre Kunst, ihre Bücher und der gesamte Grundbesitz an das Augustiner-Chorherrenstift. Daran setzt die Ausstellung „Wir Schwestern“ an und zeigt auf Basis aktueller Forschung, welche Aufgaben die Schwestern hatten, welche Heiligen sie verehrten und auch, was sie gelesen, gebetet und gelehrt haben.
Das Kurator:innen-Team Jeffrey F. Hamburger, Eva Schlotheuber und Christina Jackel mit Propst Anton Höslinger, Gemeinderätin Katharina Danninger, dem Abgeordneten zum Nationalrat Johannes Schmuckenschlager und Kulturleiter Matthias Hofmeister (v.l.) bei der Ausstellungseröffnung. (c) Stift Klosterneuburg/W. Hanzmann
Über die mehrjährigen wissenschaftlichen Recherchearbeiten informierten bei der Eröffnungsfeier die Kuratorinnen der Ausstellung, Eva Schlotheuber und Christina Jackel, sowie Kurator Jeffrey F. Hamburger. Grußworte der Politik überbrachten in Vertretung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leiter der Nationalratsabgeordnete Johannes Schmuckenschlager sowie für die Stadtgemeinde Klosterneuburg Gemeinderätin Katharina Danninger.
„Sehr attraktives Leben“
„Eigentlich war das ein sehr attraktives Leben, denn man muss sich vorstellen, dass das weltliche Leben für Frauen auch relativ schwierig sein konnte. Man heiratete nicht aus Liebe, sondern wurde verheiratet, vor allem in den höheren Schichten, und es war natürlich ein sehr arbeitsreiches Leben“, erklärte Co-Kuratorin Eva Schlotheuber im Interview mit noe.ORF.at. „Das Kloster gab ihnen die große Chance auf Bildung und zu reflektieren, es war für die Frauen ein relativ autonomer Raum, den sie nach innen für sich gestalten konnten.“
Die Klostermauern boten den Frauen auch Schutz in unruhigen Zeiten. Sie wollten etwas bewirken und so lebten sie nach dem Leitspruch der „vita activa“, also eines aktiven Lebens. Im Stift Klosterneuburg unterhielten sie ein Spital für Arme und Kranke sowie eine öffentlich zugängliche Schule für Mädchen – eine Seltenheit zu dieser Zeit. Der Unterricht war neben dem Weinbau und den Gütern, die die eintretenden Frauen in die Gemeinschaft einbrachten, eine wichtige Einnahmequelle für das Kloster.
Liturgie und gemeinsamer Gesang im Zentrum
Im Zentrum des Lebens als Augustiner-Chorfrau standen die Liturgie und der gemeinsame Gesang. „Die Gesänge sind sehr anspruchsvoll und auch wunderschön und da musste man natürlich die Notation lernen, das Latein und was die Gesänge bedeuten in der Kommunikation mit Gott“, sagte Schlotheuber.
Diese Handschrift gehört zu einer Gruppe von sieben Hymnaren, aus der Stiftsbibliothek. Sie alle verwenden eine besondere und frühe Form der Liniennotation, die für das Klosterneuburger Frauenstift kennzeichnend ist. (c) Stift Klosterneuburg/W. Hanzmann
In der Ausstellung sind die Gesänge der „vergessenen“ Augustiner-Chorfrauen zu hören. Entstanden sind die Aufnahmen durch die Choralforschung zu den Handschriften aus Klosterneuburg und wurden durch die Choralschola für Kirchenmusik am Institut der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien unter der Leitung von Antanina Kalechyts eingesungen.
Begleitende Veranstaltungen
Mehrere Veranstaltungen begleiten und vertiefen die bis zum Tag des Klostergründers St. Leopold (15. November) geöffnete Ausstellung. Am Sonntag, 28. April, fand ein Konzert zur Ausstellungseröffnung statt; mit Gregorianischen Gesängen aus der Stiftsbibliothek, dargeboten von der Choralschola der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, sowie Improvisationen an der Festorgel mit dem deutschen Organisten Johannes Mayr.
Am 6. Juni findet um 19 Uhr eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Klausur und Mission“ statt, sowie am 12. September um 19 Uhr über „Warum Ordensfrau? Warum nicht?“. Die Rolle der Ordensfrauen einst und jetzt sowie die Frage, ob Frauenorden Rückzugsort oder soziales Netzwerk seien, stehen dabei im Zentrum.
Quelle: kathpress, Stift Klosterneuburg