Buckow-Orgel in Piaristenkirche wird renoviert
Die Orgel in der Wiener Piaristenkirche wird ab Mai 2024 umfassend restauriert. (c) Fotostudio Wilke
Anlässlich der Vertragsunterzeichnung Mitte April 2024 trafen sich die Projektpartner im Piaristenkollegium Maria Treu. Pater Zsolt Labancz, Leiter der Ordensprovinz Österreich und Pfarrer der Piaristenkirche, beauftragte im Namen des Piaristenkollegiums Maria Treu den Orgelbaumeister Dirk Eule. „Vor 168 Jahren wurde der Bau unserer Orgel in Auftrag gegeben. Heute unterschreiben wir den nächsten Meilenstein in der Geschichte dieses Instruments, damit sein Fortbestand gesichert ist und sein Klang auch in Zukunft die Menschen berührt und ihnen Gottes Liebe näherbringt“, erklärte P. Zsolt Labancz.
Orgelbauer Eule bedankte sich für das Vertrauen: „Wir gehen mit großer Ehrfurcht an das Projekt heran. Es ist ein einzigartiges Instrument an einem besonderen Ort und wir sind alle schon sehr gespannt, wie es nach der Restaurierung klingen wird.“
Einzigartiges Instrument
Josef Kandlhofer, Obmann des Orgelvereins „Rettet die Buckow-Orgel“ hob die Einzigartigkeit des Instruments hervor: „Es ist unser Auftrag, das vielleicht bedeutendste Klangjuwel Wiens für die kommenden Generationen zu erhalten“, und bedankte sich bei den vielen Spender:innen, die bereits zu einer Verwirklichung der Restaurierung beigetragen haben, für ihre Treue und Geduld.
Provinzial P. Zsolt Labancz, Orgelbaumeister Dirk Eule (sitzend, v.l.), Organist Markus Semelliker, Johann Hacker (Orgelverein), Martin Sieger (Bauamt Erzdiözese Wien), Christine Strohmeier (Referat für Kunst- und Denkmalpflege der Erzdiözese Wien), Orgelbauer Lukas Neumann, Josef Kandlhofer (Obmann Orgelverein), Wilfried Klimpfinger (Orgelverein) und Thomas Pawel (Verwalter Piaristen Ordensprovinz Österreich) (stehend, v.l.) trafen sich Mitte April anlässlich der Vertragsunterzeichnung. (c) Angela Ringhofer
Für Organist Markus Semelliker ist der lang ersehnte Start der Restaurierung von großer musikhistorischer Bedeutung und hat auch eine emotionale Komponente. „Jetzt heißt es Abschied nehmen von einem Klang, den man jahrzehntelang gewohnt war. Etwas Neues beginnt, und in der Vorfreude darauf steckt große Kraft“, erklärte der Initiator des Projekts.
Geschichte der Orgel
In den Jahren 1856 bis 1858 erbaute der schlesische Orgelbaumeister Carl Friedrich Ferdinand Buckow (1801-1864) die Orgel in der Piaristenkirche. Sie gehörte damals zu den modernsten Instrumenten der österreichisch-ungarischen Monarchie. Ursprünglich mit 2040 Pfeifen ausgestattet, wurde sie 1896 umgebaut und hat heute 2416 Pfeifen. Es handelt sich um eine rein mechanische Schleifladenorgel mit 34 Stimmen auf drei Manualen und Pedal. Als Besonderheit gilt der erstmalige Einbau eines Schwellkastens für einen Teil der Pfeifen, durch den spezielle klangliche Effekte (Crescendos, Decrescendos) erzielt werden können.
Rekonstruktion des Originals
Mechanische Abnutzungserscheinungen aus eineinhalb Jahrhunderten Bespielung, sowie Kriegsschäden und starke Verschmutzung durch Kerzenruß, Abgase und Staub machen eine Restaurierung dringend nötig.
Die Buckow-Orgel soll behutsam wieder in ihren Originalzustand versetzt werden. (c) Fotostudio Wilke
Der Piaristenorden hat sich für eine behutsame Wiederherstellung des Originals entschieden. Damit werden auch die nachteiligen baulichen Veränderungen von 1896 beseitigt. Damals wurden in Anpassung an den Zeitgeist Pfeifen verlängert, zusätzliche Pfeifen eingefügt und die ganze Orgel tiefer gestimmt, weil dumpfe, düstere Klänge in Mode waren. Durch die Restaurierung sollen die ursprüngliche Disposition und die originale Stimmtonhöhe der Orgel wiederhergestellt und das Instrument für die nachfolgenden Generationen bewahrt werden.
Künstlerische Bedeutung der Orgel
Die Buckow-Orgel ist eines der wichtigsten noch erhaltenen Instrumente aus der Epoche der Hochromantik und hatte zentrale Bedeutung für die Wiener Musikszene. Sie wurde von den Zeitgenossen als die beste und künstlerisch wertvollste Orgel Wiens bezeichnet. Das Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien wählte sie für ihre Schlussprüfungen – prominentester Prüfungskandidat war Anton Bruckner, der auf dieser Orgel oft konzertierte. Auch andere berühmte Komponisten und Organisten wie Franz Liszt und Dirigenten wie Zubin Mehta und Nikolaus Harnoncourt musizierten mit ihr.
Unzählige Orgelkonzerte, Wettbewerbe, Rundfunk-, Fernseh-, Schallplatten- und CD-Aufnahmen fanden hier statt und prägten Generationen. Orgelbauer Buckow erhielt nach dem Erfolg seines Instruments in der Piaristenkirche auch den Auftrag für die Orgel in der Kaiserlichen Hofmusikkapelle.
Expert:innen am Werk
Mit den Restaurierungsarbeiten des wertvollen Instruments haben die Piaristen die Firma Hermann Eule Orgelbau aus Bautzen beauftragt. Der Musikwissenschafter Otto Biba und Organist Markus Semelliker übernehmen die wissenschaftliche Begleitung. Das Projekt erfolgt in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt (BDA) sowie dem Bauamt und dem Referat für Kunst- und Denkmalpflege der Erzdiözese Wien.
Die Buckow-Orgel ist eines der wichtigsten, noch erhaltenen Instrumente aus der Epoche der Hochromantik. (c) Fotostudio Wilke
Nach dem Abbau der Orgel im Mai/Juni 2024 können auch das kunstvoll geschnitzte cremefarben-goldene Holzgehäuse der Orgel restauriert und begleitende Handwerksarbeiten auf der Empore durchgeführt werden. In Planung ist auch eine Restaurierung der Deckenfresken oberhalb der Orgel. Der Zeitplan sieht vor, dass die restaurierte Orgel im August 2025 wieder eingebaut, im Herbst 2025 intoniert und im Frühjahr 2026 fertiggestellt wird. Die Gesamtkosten der fachgerechten Restaurierung von Orgel und Gehäuse inklusive Handwerksarbeiten belaufen sich auf rund 900.000 Euro.
Projektfinanzierung
Bereits vor mehr als 20 Jahren war es dem damaligen Organisten von Maria Treu, Hans Smejkal, ein Herzenswunsch, die Orgel grundlegend restaurieren zu lassen. Sein Nachfolger, Markus Semelliker, setzte dieses Anliegen gemeinsam mit dem Orgelverein „Rettet die Buckow-Orgel der Piaristenbasilika Maria Treu“ in die Tat um. Ein Teil der Projektmittel wurde in den letzten zehn Jahren dank unzähliger Spenden bei Benefizveranstaltungen, Punschständen und Spendenaktionen des Vereins aufgebracht, ein anderer Teil stammt von einem privaten Großspender. Außerdem wird das Projekt durch das BMKÖS (Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport) und eine Spendenaktion des BDA (Bundesdenkmalamt) unterstützt. Weitere Spenden und Sponsoringgelder sind willkommen, um das Projekt ausfinanzieren zu können.
Die Piaristenkirche
Die Piaristenbasilika Maria Treu am Jodok-Fink-Platz in Wien Josefstadt war schon vor der Errichtung der Buckow-Orgel ein Zentrum der Kirchenmusik in Wien. Joseph Haydn führte hier sein „Stabat mater“ auf und brachte die „Paukenmesse“ zur Uraufführung. Auch W.A. Mozart hatte persönliche Beziehungen zu dieser Kirche – sein älterer Sohn besuchte die Piaristenschule. Die Messen Franz Schuberts, der ebenfalls Piaristenschüler war, galten lange als zu aufwändig und schwierig für den Gottesdienst – einzig in der Piaristenkirche wurden sie regelmäßig aufgeführt. Im 19. Jahrhundert war Maria Treu die erste katholische Kirche Wiens, in der Orgelkonzerte stattfanden.
Maria Treu zählt zu den bedeutendsten barocken Kirchenbauten Österreichs. Nach einem Entwurf von Johann Lucas Hildebrandt wurde sie zwischen 1716 und 1756 errichtet und mit Fresken von Franz Anton Maulbertsch ausgestaltet. In den rechts und links anschließenden Gebäuden befinden sich das Kloster der Piaristen, Kindergarten und Volksschule Maria Treu und das (öffentliche) Piaristengymnasium BG8. In der Mitte des Platzes steht eine Pestsäule aus 1713.
Piaristen
Der weltweit tätige Männerorden der Piaristen wurde 1617 vom Heiligen Josef Calasanz gegründet und setzt sich vor allem für die Bildung von benachteiligten Kindern ein. In Österreich gibt es seit 1657 eine Niederlassung in Horn, seit 1697 in Wien – Maria Treu (1080) und St. Thekla (1040) – und seit 1776 auch in Krems. In Wien sind die Piaristen Träger eines privaten Kindergartens und zweier Volksschulen mit Hort für insgesamt rund 700 Kinder.
Quelle: Piaristen