Kolloquium beleuchtete Geschichte des Wiener Dominikanerkonvents
Freuten sich über die ergebnisreiche Tagung (v.l.): Armand Tif (Leiter der Historischen Sammlungen des Dominikanerkonvents Wien), P. Peter Kreutzwald (Provinzial der Dominikanerprovinz des Hl. Albert in Deutschland und Österreich), Viliam Štefan Dóci (Präsident des Historischen Instituts des Predigerordens), Thomas Prügl (Leiter des Faches Kirchengeschichte am Institut für Historische Theologie der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Wien) und P. Markus Langer (Prior des Dominikanerkonvents Wien). (c) Dominikanerkonvent Wien
Eingeladen zu dem Vortrags- und Präsentationsevent in den Thomassaal des Konvents in der Postgasse hatte das Dominikanerkloster Wien gemeinsam mit dem Historischen Institut der Dominikaner in Rom, dem Institut für Historische Theologie der Universität Wien und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. „Auf der Tagung rund um das Dominikanerkloster in Wien kamen sowohl materielle als auch ikonographische und schriftliche Quellen ins Gespräch, wodurch das historische Bild über das Wirken der Dominikaner noch klarere Konturen gewann“, resümierte Viliam Štefan Dóci OP, Präsident des Historischen Instituts des Predigerordens in Rom.
„Durch die Bergung neuer Erkenntnisse“, fügte er hinzu, „trägt die Tagung dazu bei, dass manche in der bisherigen Historiographie tradierten Narrative revidiert werden können und müssen.“ Das große Interesse an der Thematik zeigte sich sowohl durch die hohe Zahl an Besucherinnen und Besucher als auch an ihrer regen Teilnahme an den offenen Diskussionen, die im Anschluss zu den Vorträgen stattfanden.
Wichtige Netzwerke rund um Konvent
Aus den Präsentationen wurde deutlich, dass das Dominikanerkloster in Wien weit mehr als nur ein Ort des Kultes, des Gebetes und des Studiums ist. Ein Teil seiner langen, ununterbrochenen Geschichte sind lokale und internationale Beziehungen (zum Landesfürsten, zum Bürgertum, zur Universität, zum Kaiserhof, zum Weltklerus, zu anderen Ordensgemeinschaften in der Donaumetropole, zu dominikanischen Nachbarprovinzen und innerhalb des weltweiten Predigerordens); um den Konvent bildeten sich Netzwerke.
Im Rahmen des Kolloquiums wurde auch eine Führung durch den Wiener Dominikanerkonvent angeboten. Dabei konnten sie zum Beispiel im Kapitelsaal bei einer Handschriften- und Inkunabelpräsentation ausgewählte historische Dokumente in Augenschein nehmen. (c) Dominikanerkonvent Wien
So zum Beispiel die im 15. Jahrhundert gegründete Rosenkranzbruderschaft, von der eine äußerst aufwendig gearbeitete und sehenswert illuminierte Handschrift zeugt. Bei einer Führung durch Kirche und Konvent wurde es den Tagungsteilnehmer:innen auch ermöglicht, selbst etwa einen Blick in dieses wertvolle Dokument „Cod. 417/214“ zu werfen, von der Orgelempore aus die jüngst renovierte Dominikanerkirche mit seinen prächtigen Deckenmalereien und Kapellenausstattungen wirken zu lassen oder in die Gruft des Konventes zum Grab von Kaiserin Claudia Felizitas (1653 – 1676) hinabzusteigen.
„Eine der kühnsten Innovationen“
Thomas Prügl, Leiter des Faches Kirchengeschichte am Institut für Historische Theologie der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Wien, erklärte: „Der Dominikanerorden repräsentiert eine der kühnsten Innovationen der Kirchengeschichte: seine ,demokratische‘ Verfassung, eine bedingungslose Verpflichtung zum Studium als Voraussetzung für Verkündigung und Seelsorge, und nicht zuletzt die hohe Zahl von Intellektuellen und Koryphäen in seinen Reihen zeigen, dass der Orden die Kirche fundamental geprägt hat.“
Der Erfolg des Ordens erkläre sich nur, wenn man die Verbindung von Dominikanern und Stadt mitbedenke. „Beide haben sich immer wechselseitig geprägt, geformt und befruchtet“, sagte Prügl, der mit seinem Vortrag „Konkurrenten und Kollegen“ die Dominikaner im Streit mit dem Wiener Weltklerus um die Mendikantenprivilegien beleuchtete.
Beeindruckende Einblicke
Schließlich wurden dem Publikum, in dem sich auch P. Peter Kreutzwald OP, Provinzial der Dominikanerprovinz des Hl. Albert in Deutschland und Österreich, befand, Einblicke in die erst kürzlich erfolgten Arbeiten zur Inventarisierung und Digitalisierung von Kunstgütern des Konvents sowie in das Vorgehen bei der Restaurierung von Gemälden der Dominikanerkirche S. Maria Rotunda (2020-2022) gewährt. Bei den erstmals präsentierten Ergebnissen der Kulturgutinventarisierung, bei der insgesamt 1055 Inventarnummern vergeben und über 12.000 Fotos angefertigt wurden, gab es allerhand Staunenswertes. So wurde etwa über den Zufallsfund eines versteckt und eingerollt gelagerten Altargemäldes des Märtyrers Johannes von Köln aus dem 19. Jahrhundert berichtet.
Dominikanerpater Viliam Štefan Dóci hielt fest, dass die Arbeitsberichte über die in den vergangenen Jahren durchgeführten Digitalisierungs-, Restaurierungs- und Inventarisierungsprojekte letztlich eine wichtige Grundlage für weitere historische und kunsthistorische Forschungen darstellen würden. So sei die Tagung auch eine „Einladung zu weiterer Forschung“ – nicht zuletzt im Hinblick auf die Publikation zum „5. Isnard-Wilhelm-Frank-Kolloquium“, die zum Jubiläumsjahr 2026 erscheinen soll.
Mitorganisator Armand Tif, Leiter der Historischen Sammlungen des Dominikanerkonvents Wien, ergänzte: „Die Tagung hat nicht nur neue wissenschaftliche Impulse gesetzt, sie hat auch Desiderate an die Kunstforschung zur intensiveren Auseinandersetzung und Präsentation dieses für den Dominikanerorden und für die Stadt Wien bedeutenden Kulturerbes vorgestellt. Der Dominikanerkonvent beherbergt hochrangige Kunstschätze wie etwa Fresken oder Buchmalereien aus acht Jahrhunderten, die kunsthistorisch noch immer kaum erforscht sind.“
Das „Isnard-Wilhelm-Frank-Kolloquium“
Die Kolloquien-Reihe, die 2011 begann, ist benannt nach dem Kirchen- und Ordenshistoriker P. Isnard Wilhelm Frank OP (1930 – 2010). Er promovierte 1964 an der Universität Wien und war von 1979 bis 1995 Professor für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte und Religiöse Volkskunde am Fachbereich Katholische Theologie der Johannes-Guttenberg-Universität in Mainz. Er war u.a. Leiter des Instituts zur Erforschung der Geschichte des Dominikanerordens im deutschen Sprachraum; die Geschichte der Wiener Dominikaner war ein wichtiger Forschungsschwerpunkt. Im Jahr 1998 siedelte er in den Wiener Konvent S. Maria Rotunda über, wo er bis zu seinem Tod am 13. Oktober 2010 lebte.
Quelle: Dominikanerkonvent Wien