In Papst Franziskus steckt viel „Salesianisches“
Im Buch „Leben - Meine Geschichte in der Geschichte“ schildert Papst Franziskus seine Nähe zu den Salesianer Don Boscos und wie sie ihn in seiner Kindheit geprägt haben.
Anlass dazu gab das im Salesianerorden besonders hochgehaltene Kirchenfest „Maria, Hilfe der Christen“ am 24. Mai - zugleich Patronat jener von den Salesianern geführten Basilika im Stadtteil Almagro von Buenos Aires, in welcher Jorge Mario Bergoglio am Weihnachtstag 1936 getauft wurde.
Eine Querverbindung von Franziskus zum heiligen Johannes Bosco (1815-1888) besteht schon aufgrund der Herkunft: So wie der 1934 heiliggesprochene Jugendpatron hatte auch die 1929 nach Argentinien ausgewanderte Familie Bergoglio ihre Wurzeln in der Provinz Asti im norditalienischen Piemont. Die dort gesprochene Minderheitensprache Piemontesisch habe er seinen Vater Jose Mario Francisco Bergoglio zwar nie reden hören - aus nicht eingestandenem Heimweh, vermutet der Papst - wohl aber die Großeltern väterlicherseits, die gleich nebenan wohnten. Bei diesen verbrachte der kleine Jorge Mario Bergoglio seine frühe Kindheit und erlernte beim Zuhören auch die „Sprache ihrer Erinnerungen“, die somit noch vor dem Spanischen zu seiner „ersten Muttersprache“ geworden sei.
Argentinien mit seiner indigenen Bevölkerung wie auch den seit dem 19. Jahrhundert in Massen einwandernden Italienern stellten für die Salesianer das erste Missionsland dar. Don Bosco entsandte noch zu Lebzeiten - ab 1875 - in mehreren Expeditionen Priester seiner gerade erst gegründeten Ordensgemeinschaft dorthin. Die von den Salesianern betriebenen Seelsorgeeinrichtungen wurden auch für die Familie Bergoglio zum wichtigen Ankerpunkt: Die Eltern des Papstes lernten sich in einer Jugendbegegnungsstätte der Salesianer in Buenos Aires kennen, Missionspriester Enrico Puzzoli traute sie und taufte schließlich auch Jorge. Don Puzzoli sei jemand gewesen, „der maßgeblich war für unsere Familie und später für meine Berufung zum Priesteramt“, hält Franziskus in seinen autobiografischen Ausführungen in „Leben - Meine Geschichte in der Geschichte“ fest.
Fußball-Orden
In Freizeiteinrichtungen der Salesianer spielte Jorge als Kind Fußball und es war auch der von einem Salesianerpriester gegründete Verein San Lorenzo, dessen eingefleischter Fan der Papst von frühen Tagen an war - und dessen Ehrenmitglied er 2008 werden sollte. Im Buch schildert Franziskus seine Hochgefühle beim Gewinn des argentinischen Meistertitels im Jahr 1946, den der knapp zehnjährige Jorge von den Zuschauerrängen aus mitverfolgte. Beim Finale hätten viele Fans den Schiedsrichter als „gekauft“ beschimpft. Dennoch hätten sich die Anhänger beider Teams nach Spielende freundlich die Hand gegeben. „So sollte Sport sein: Ein gesunder Wettstreit, gefolgt von Großzügigkeit und ehrlicher Freundschaft“, schreibt der Papst darüber, mit dem Nachsatz: „Das haben mich auch die Salesianer gelehrt.“
Er selbst habe in seiner Kindheit oft nur mit einem Ball aus Lumpen auf der Straße gespielt, erinnert sich Franziskus zurück. Sport sei deshalb aber nicht minder wertvoll, könne und müsse doch Sportsgeist „auch auf diesem einfachen und gesunden Weg gefördert werden“. Den Worten Don Boscos zufolge genüge es, einen Ball auf die Straße zu legen, „und sei er nur aus Lumpen, um Kinder um sich zu scharen“. Dass ein Ball für Kinder unwiderstehlich sei, habe schon der Jugendheilige gewusst.
Ein Jahr im Salesianer-Internat
Ausführlich kommt Papst Franziskus auf seine Zeit im Salesianer-Internat „Wilfrid Baron de los Santos Angeles“ in der Stadt Ramos Mejia zu sprechen. Er war im Jahr 1948 als Zwölfjähriger dorthin geschickt worden, gemeinsam mit seinem Bruder Oscar, zumal seine Mutter nach der Geburt der jüngsten Schwester an gesundheitlichen Problemen litt und sich nicht mehr um alle Kinder kümmern konnte. In diesem Jahr - Jorge besuchte die sechste Klasse - habe es nie Langeweile gegeben, da der Tag stets „vollgepackt“ war, begonnen mit einer Messe am frühen Morgen, mit Unterricht, Lernen und Spielen in den Pausen bis hin zum Abendgruß des Direktors. Er habe dort gelernt, „richtig zu lernen“ und sich zu konzentrieren, habe aber auch den Sport als „grundlegenden Aspekt des Lebens“ vermittelt bekommen.
Seine Lehrer - die meisten von ihnen Ordenspriester - hätten ihm eine „Kultur der echten Nächstenliebe“, Ehrlichkeit und „Freude am Wetteifern wie Christen ohne böse Fouls“ vermittelt sowie auch eine „katholische Kultur, die Orientierung gab“, formuliert der Papst in seiner Autobiografie. Dort heißt es weiters auch: „So war es also sicher kein Zufall, dass ich bei den Salesianern als damals Zwölfjähriger zum ersten Mal den Wunsch verspürte, Priester zu werden.“ Als erstes sprach der junge Bergoglio mit einem Salesianerpater darüber, der von allen „der Fischer“ genannt worden sei, da er bereits viele Jugendliche für das Priesteramt gewonnen hatte. Dieser gab ihm einige Ratschläge, beließ es aber dabei.
Respektvolle Wegweiser
Erneut tritt der mit seinen Eltern bekannte Don Pozzoli in Bergoglios Leben und erweist sich als besonders „hilfreicher Salesianer“. Als seine Eltern gerade ihren 20. Hochzeitstag feiern - es ist der 12. Dezember 1955 - spricht der Priester lange mit ihnen über die Berufung ihres Sohnes, kurz vor dessen 19. Geburtstag. Wie Franziskus festhält, ermöglichte ihm dieses Gespräch wie auch die weitere Begleitung durch Pozzoli die Entscheidung, ins Erzbischöfliche Seminar Villa Devoto einzuziehen, wo er übrigens den damals 12-jährigen Leonardi Sandri, den Franziskus später zum Kardinal und Präfekt der vatikanischen Ostkirchenkongregation machen sollte, kennenlernte.
Auch kurz nach seinem langen Krankenhausaufenthalt zwei Jahre danach - Bergoglio musste infolge einer schweren Lungenentzündung ein Lungenlappen entfernt werden - spielte Don Pozzoli eine wichtige Rolle. Fasziniert von den Jesuiten und deren Missionsberufung sowie strenger Disziplin, verließ Bergoglio das Erzbischöfliche Seminar und wollte im Seminar der Jesuiten eintreten, es war jedoch kein Platz frei. Pozzoli habe ihm einen einmonatigen Erholungsaufenthalt in einer Salesianer-Einrichtung in den Bergen ermöglicht, habe dabei aber nie versucht, ihn für seine Gemeinschaft zu gewinnen. „Er warb nicht um Mitglieder, sondern respektierte meine Entscheidung“, würdigt der Papst das Verhalten des Priesters.
Prägend auch als Jesuit
Als Provinzial der argentinischen Jesuiten - mittlerweile war die Zeit der argentinischen Diktatur angebrochen - habe sich „Pater Jorge“ einerseits um Untergetauchte gekümmert, jedoch auch um Kinder der umliegenden Stadtviertel, denen es ebenso an Seelsorge wie auch an angemessener Erziehung und Ausbildung gefehlt habe, ist der Autobiografie des Papstes zu entnehmen. Konkret habe er an Samstagen Katechismus-Stunden für sie gehalten und Fußballturniere organisiert. Dieses Bemühen um die Kinder habe ihm aus Ordenskreisen die Kritik eingebracht, „das Schulwesen der Jesuiten salesianisiert zu haben“.
Nur kurz geht Papst Franziskus in seinem Buch auf seine Verbindungen zum derzeitigen Salesianer-Generaloberen Don Angel Fernandez Artime ein, den er im Konsistorium 2023 zum Kardinal ernennen sollte. Kennengelernt habe er ihn bei einer Wallfahrt im argentinischen Marienwallfahrtsort Lujan, wo sich Artime - er leitete damals die spanische Ordensprovinz Leon - gerade aufhielt. „Bei unserer ersten Begegnung erzählte er mir, dass er aus Spanien stamme. Deshalb nenne ich ihn seit damals 'gallego', Galicier, wie wir Argentinier die Spanier liebevoll-neckisch bezeichnen, selbst wenn sie nicht direkt aus Galicien stammen“, so der Papst.
Quelle: kathpress