Ordensleute im Spannungsfeld Klausur und Mission
Stiftsdechant Clemens Galban, Leistungsdiagnostiker und Gesundheitsexperte Heinrich Bergmüller, Sr. Nathanaela Gmoser, Ordensfrau der Benediktinerinnen der Anbetung (v.l.) diskutierten unter der Leitung von Moderatorin Maria Harmer zum Thema „Klausur und Mission. Ein Widerspruch?“. © Stift Klosterneuburg/W. Hanzmann
Die Diskutanten gingen den Fragen nach: „Braucht der Mensch Rückzugsorte und welche können das sein? Ist das Kloster ein Fluchtort vor der Außenwelt, um sich zu stärken oder um sich abzuwenden? Was bedeutet der Begriff ‚Mission‘ für Klöster heute? Wie lassen sich seelsorgerischer Auftrag und Leben im Kloster vereinbaren?“
Als Benediktinerin der Anbetung lebt Sr. Nathanaela Gmoser einerseits zurückgezogen im Gebet und andererseits aktiv in ihren Tätigkeiten, z.B. als Berufungscoach der Erzdiözese Wien. „Ja, Klausur und Mission ist für mich ein Widerspruch, eine Herausforderung“, sagt die junge Ordensfrau. Für Clemens Galban, der von der Wall Street in New York ins Kloster wechselte, ist das Begriffspaar eher ein Gegensatz. „Niemand gibt, was er selbst nicht hat. Und dafür ist die Klausur da“, ist er überzeugt, dass sich Klausur und Mission gegenseitig bedingen.
„Die Klausur ist ein Ort, der mir Grenzen gibt – im positiven Sinne. Ein Ort des Friedens“, erzählt die Sr. Nathanaela Gmoser, Benediktinerin der Anbetung. © Stift Klosterneuburg/W. Hanzmann
Glaube und Gesundheit brauchen Disziplin und Motivation
Leistungsdiagnostiker und Gesundheitsexperte Heinrich Bergmüller trainierte schon zahlreiche Stars wie z.B. Herman Maier zum Erfolg, und weiß, dass man oft langsam beginnen muss, um dann erfolgreich und vor allem auch gesund zu sein. „Gesundheit ist eine göttliche Gabe“, sagt der Star-Trainer. Dass Sport und Bewegung wichtig sind für das innere Gleichgewicht und die Balance im Leben, davon sind auch die beiden Ordensleute überzeugt. Und eines haben Glaube und Gesundheit gemeinsam: Beides braucht Disziplin und Motivation. Daraus folgt, dass Dinge, die wir einüben, zur Haltung werden.
„Mission“ ist für den Augustiner-Chorherren Clemens Galban im ersten Schritt die Gemeinschaft und im zweiten Schritt die klassische priesterliche Mission (Pfarrseelsorge, Messen, Beichten, Erstkommunion, Firmungen, Begräbnisse). Dort ist er nahe bei den Menschen, dort findet Begegnung mit der Kirche statt. © Stift Klosterneuburg/W. Hanzmann
Das Glockenläuten als Zeichen für eine Auszeit
Wir brauchen bewusste Unterbrechungen im Leben – sei es beim Gebet oder beim Sport. „Wenn die Glocke bei uns im Kloster läutet, weiß ich, dass ich jetzt eine Pause habe. Auch wenn es mir manchmal nicht so reinpasst. Das Glockenläuten ist ein Segen. Es ist ein Zeichen für Auszeit“, gibt Sr. Nathanaela Gmoser Einblicke in den Rhythmus des Klosterlebens. Für sie sei es eine große Entlastung, zu wissen, dass es diese Pause gibt.
Die Zeit des Gebets, vor allem das persönliche Gebet, das allein sein mit Gott, sei für den Stiftsdechant eine ganz wichtige Zeit, denn „man ist immer wieder von sich selbst herausgefordert.“ Hier stimmt auch der Trainingsspezialist ein und erzählt, dass eine seiner Kraftquellen das tägliche Lesen in der Bibel ist. Er stehe dafür extra früher auf, um diese Zeit für sich zu haben.
Leistungsdiagnostiker und Gesundheitsexperte Heinrich Bergmüller erzählt von seiner Traumvision: Klöster, wo er Manager hinschicken kann, die dort in Klausur leben und gleichzeitig ihr Trainingsprogramm absolvieren. © Stift Klosterneuburg/W. Hanzmann
Klausur als Ort des Friedens
Geht es um die Definition des Begriffes „Klausur“, ist das rein faktisch zuerst ein räumlich abgegrenzter Bereich. Ein Raum, der nur mir gehört. „Die Klausur ist ein Ort, der mir Grenzen gibt – im positiven Sinne. Ein Ort des Friedens“, erzählt die Benediktinerin.
Wir sind da!
„Mission“ ist für den Augustiner-Chorherren Clemens Galban in erster Linie die Gemeinschaft: „Die Gemeinschaft muss im Zentrum stehen, dann kann ich zu den Menschen hinausgehen.“ Das ist in seinem Fall die klassische priesterliche Mission: Pfarrseelsorge, Messen, Beichten, Erstkommunion, Firmungen, Begräbnisse. Dort ist er nahe bei den Menschen und dort sind die Menschen offen, dort findet Begegnung mit der Kirche statt.
Bei Sr. Nathanaela Gmoser ist das etwas anders. Ihr benediktinischer Orden sieht nicht vor, dass sie hinausgehen zu den Menschen. „Meine Mission ist das Zeugnis des Daseins. Wir leben Beständigkeit an einem Ort. Wir sind da! Und wie es der hl. Benedikt vorgesehen hat, soll es dem Kloster nie an Gästen mangeln.“ Gäste sind also herzlich willkommen.
Heinrich Bergmüller sieht seine Mission darin, sein Wissen und seine Erfahrungen im Bereich Gesundheit und Sport zu teilen.
Die Diskutant:innen mit Moderatorin Maria Hamer und Probst Anton Höslinger. © Stift Klosterneuburg/W. Hanzmann
Orden können Antworten bieten
Die Zukunft der Kirche und Orden sehen die beiden Ordensleute im Wandel. „Die Menschen sind ständig auf der Suche“, sagt Clemens Galban, und die Orden können Antworten bieten. „Wandel kann man nicht aufhalten, Wandel muss man gestalten“, ist Sr. Nathanaela Gmoser überzeugt und ergänzt: „Die vielfältigen und zahlreichen Spiritualitäten der Orden sind hier bestimmt eine Stärke. Jeder Orden hat etwas anderes zu bieten.“ Heinrich Bergmüller schließt mit seiner ganz persönlichen Traumvision, dass es Klöster gibt, wo man Manager hinschicken kann, die dort in Klausur leben und gleichzeitig ihr Trainingsprogramm absolvieren.
Zweite Diskussion: 12. September 2024
Die Podiumsdiskussion begleitet die aktuelle Jahresausstellung des Stiftes Klosterneuburg „Wir Schwestern“. Die zweite Diskussion dazu findet am 12. September 2024 (19 Uhr, Augustinussaal) statt. Diskutiert wird zum Thema „Warum Ordensfrau? Warum nicht?“ Hinterfragt werden Identitäten als Ordensfrau bzw. Ordensmann, deren Stellenwert in der Gesellschaft oder auch, welches Lebenskonzept hinter einer Entscheidung zum Ordensleben steht.