Prostitution: Sr. Maria Schlackl pocht auf Freier-Bestrafung
Die Salvatorianerin Sr. Maria Schlackl berichtete in der Linzer Kirchenzeitung über die Tätigkeit des Vereins SOLWODI. (c) Martin Eder
Beim „Nordischen Modell“ ist etwa in Schweden die Inanspruchnahme von Prostitution verboten, das Anbieten jedoch nicht. Sr. Maria Schlackl, Leiterin der SOLWODI-Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel – Aktiv für Menschenwürde in OÖ“, berichtete in ihrem umfangreichen Beitrag über die Tätigkeit des Vereins SOLWODI, bei dem es nicht um Sexarbeit an sich geht, sondern um Frauenhandel zum Zweck sexueller Ausbeutung.
Mehrheit unfreiwillig in der Prostitution
„Wenn jemand Sexarbeit in Anspruch nimmt bei einer Frau, die das von sich aus freiwillig macht, das ist nicht unser Thema“, erklärte die Linzer Ordensfrau. Mit Freiwilligkeit ist es bei den im Rotlichtmilieu Beschäftigten Schlackls Erfahrungen zufolge jedoch nicht weit her: „Die Mehrheit der betroffenen Frauen, mit denen wir in Kontakt kommen, sind unfreiwillig in der Prostitution; sie wurden getäuscht, sie wurden betrogen und müssen in der Regel für ihre Zuhälter Geld verdienen.“
Die Ordens-Initiative SOLWODI – der Name steht für „Solidarity with Women in Distress“ – sieht Sexkauf als mit Frauen- und Menschenwürde nicht vereinbar: Während die in der Regel männlichen Kunden der Prostitution ihre Lust befriedigten, seien die betroffenen Frauen – die oft noch sehr jung seien – die „Unterlegenen“. Es bedeute für sie „Vergewaltigung, und das mehrmals am Tag oder in der Nacht“, meinte Schlackl. Für keine von ihnen sei die Prostitution ein Kindheitstraum gewesen, vielmehr werde für sie das Leben zu einem „Trauma, das sie ein Leben lang quält“, zumal es von Kriminalität und Gewalt geprägt sei statt von Liebe, wie behauptet werde.
Schlackl: Über Täter wird kaum gesprochen
Viele hätten keine Vorstellung, was Sexkauf für die betroffenen Frauen konkret bedeute, erklärte Sr. Maria Schlackl weiter. 90 Prozent der hier Beschäftigten kämen aus dem Ausland und würden mit lukrativen Jobangeboten geködert, um dann Kunden, die mittlerweile online per Mausklick suchten und buchten, „auf Bestellung geliefert“ zu werden. Die Frauen würden jedoch „betrogen, ausgenutzt und kaputtgemacht, und, wenn sie nicht mehr funktionieren, ausgetauscht“, erklärte die Ordensfrau die gängigen Werbeslogans wie „jede Woche New Girls“, und kritisierte: Von den „Nutznießern, Profiteuren und Tätern“ werde kaum gesprochen.
Die Salvatorianerin wurde dann noch deutlicher, als sie über persönliche Berichte Betroffener erzählte. Frauen – die jüngste unter ihnen erst 16 Jahre alt – hätten ihr erzählt, sie seien pro Tag oft bis zu 15 Männern ausgeliefert gewesen, hätten Schmerzen an Leib und Seele verspürt und sich mit Drogen von sich selbst abspalten müssen, um dies irgendwie zu überstehen – da sie ja für ihre Peiniger verdienen mussten. Schwangere und Hochschwangere seien „sehr begehrt“: Eine Frau, die im sechsten Monat aussteigen wollte, habe dies mit massiver Gewalterfahrung ihres Zuhälters bezahlen müssen. Ihr Kind sei noch im Mutterleib verstorben und dann mit zahlreichen Knochenbrüchen tot zur Welt gekommen.
„Sexkauf fördert Frauenhandel“
Die Realität widerspreche klar der „von gewissen Kreisen“ immer wieder vorgebrachten Behauptung, Prostitution und Menschenhandel hätten nichts miteinander zu tun, sagte Sr. Maria Schlackl, die betonte: „Frauenhandel gibt es in diesem überbordenden Ausmaß, weil die Nachfrage von Sexkäufern in der EU und auch in Oberösterreich so groß ist.“ Das Geschäft mit der „Ware Frau“ funktioniere in Österreich nur aufgrund der liberalen Prostitutionsgesetzgebung derart gut, was dem Frauenhandel Tür und Tor öffne. „Es ist alles erlaubt“, kritisierte die Salvatorianerin, die betonte: „Sexkauf fördert Frauenhandel.“
Das von Sr. Maria Schlackl und der Initiative SOLWODI bereits seit vielen Jahren geforderte „Nordische Modell“ des Sexkaufverbots hat seinen Ursprung in Schweden und besteht aus drei Bestandteilen: der Entkriminalisierung der Prostituierten, der Kriminalisierung der Sexkäufer und Betreiber sowie der Finanzierung von Ausstiegsprogrammen für Prostituierte.
Beraterin für mehr Differenzierung
Dass rund um ein etwaiges Sexkaufverbot noch viel Diskussionsbedarf besteht, verdeutlicht ein weiterer Beitrag in der Linzer Kirchenzeitung zum selben Thema, verfasst von der Sexualpädagogin Elke Welser, Leiterin der von Magistrat, Land und Bund unterstützten Caritas-Beratungsstelle LENA für Menschen in der Sexarbeit. 3.500 Kontakte zu Sexarbeitenden habe die in Linz stationierte Einrichtung pro Jahr, meinte Welser.
Sie plädierte für mehr Differenzierung, würden doch durch das „Nordische Modell“ Sexarbeitende auf die Opferrolle reduziert, man spreche ihnen ihre Autonomie ab und achte die Vielfalt der Lebenskonzepte zu wenig: Nicht alle so Beschäftigten wollten aus der Sexarbeit aussteigen, so ihr Einwand. Sexarbeitende würden durch eine solche Gesetzgebung in die Illegalität und somit erst recht in die Hände Krimineller gedrängt, zudem fehle noch der wissenschaftliche Nachweis, dass dadurch Menschenhandel, sexualisierte Gewalt oder Ausbeutung auch tatsächlich reduziert werden könnten.
Themenschwerpunkt an der KU Linz
Rund um den „Europäischen Tag gegen Menschenhandel“ findet am 18. Oktober 2024 um 18 Uhr an der KU Linz eine Gesprächsrunde und eine Ausstellung der Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel – aktiv für Menschenwürde in OÖ“ statt (Anmeldung per Mail). Am Podium sitzen neben Sr. Maria Schlackl und weiteren Mitarbeitenden der Initiative SOLWODI auch eine ehemals Betroffene von Menschenhandel und Zwangsprostitution sowie Vertreter aus Kirche, Kunst und Politik. Bereits am 10. Oktober 2024 gibt es ab 14.15 Uhr am selben Ort eine Tagung unter dem Motto „Respekt für Sexarbeiter:innen“, veranstaltet von der Caritas-Beratungsstelle LENA und dem Institut für Christliche Soziallehre der KU Linz.
Quelle: kathpress