Kirchliche Hilfswerke mahnen Menschenrechte und Gemeinwohl ein
Im Blick auf die anstehenden Regierungsverhandlungen hat die Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz zu einer weltoffenen, an Menschenrechten und Gemeinwohl orientierten Politik aufgerufen. (c) Pixabay/PIRO
Die Vertreter:innen von rund 35 kirchlichen Einrichtungen und Hilfswerken für internationale Entwicklungszusammenarbeit verabschiedeten in Wels eine Erklärung, in der nicht verhandelbare politische Grundsätze angeführt wurden. Bischof Werner Freistetter, Vorsitzender der KOO, wies in einer begleitenden Aussendung auf Papst Franziskus und dessen Enzyklika Fratelli Tutti hin. Darin zeige der Papst einige zentrale Schwachstellen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ordnung auf und kritisiere dabei „eine eng verstandene Orientierung am eigenen ökonomischen Vorteil ohne Berücksichtigung des Gemeinwohls, die fehlende Verbundenheit mit der Umwelt oder der Ausschluss ganzer sozialer Gruppen von politischen Entscheidungen in vielen Staaten“.
Dies führe in letzter Konsequenz zu „Blindheit gegenüber den Schäden an Umwelt und Menschen, im eigenen Land und weltweit, und schwächt auf Dauer nicht nur die nationalen Gestaltungsmöglichkeiten, sondern auch unsere gemeinsame Lebensbasis“, warnte Freistetter, der in der Österreichischen Bischofskonferenz u.a. für Weltkirche-Themen zuständig ist.
Gegen nationale Egoismen und gesellschaftliche Abschottung
„Als weltkirchlich verankerte Organisationen mit einer breiten ehrenamtlichen Basis in Österreich erfahren wir tagtäglich, wie wichtig eine über Konfessionsgrenzen hinweg gelebte Menschlichkeit und die Zuversicht in ein gemeinsames Gelingen sind“, hieß es in der Erklärung der KOO-Vollversammlung. Der Ausweg aus den gegenwärtigen multiplen Krisen könne nur in einer verbindlichen Orientierung an der ganzen Menschheitsfamilie und in einer konsequent und nachhaltig am Gemeinwohl orientierten Wirtschaft liegen.
Österreichs Platz im Herzen Europas könne nur durch aktive und unumstrittene Kooperation innerhalb der Europäischen Union und in aktiv gelebter Solidarität mit Staaten des Globalen Südens ausgefüllt werden, heißt es weiter: „Nationale Egoismen, gesellschaftliche Abschottung und das Schüren von Ängsten vor unseren Mitmenschen führen unweigerlich zu einem Verlust des sozialen und ökonomischen Wohlstandes und zum Zerreißen des gesellschaftlichen Zusammenhaltes.“ Daher müsse sich auch eine neue Regierung klar zu ihrer internationalen Verantwortung bekennen und diese auf allen Ebenen politisch fördern sowie in der Entwicklungszusammenarbeit und bei den internationalen Klimamaßnahmen finanziell verstärkt unterstützen.
Menschenrechte unantastbar
Die Menschenrechte müssen als unantastbar gelten, in Österreich genauso wie international, hieß es weiter. Es bleibe daher für uns ein wesentlicher Auftrag einer österreichischen Regierung, „diese zu achten, zu schützen und sich auch im Ausland für deren Einhaltung und den Schutz von Menschenrechtsverteidigern einzusetzen“. So sei auch die schrittweise Einschränkung der Meinungsfreiheit weltweit und in der unmittelbaren Nachbarschaft von Österreich „eine schleichende Gefahr für die zivilgesellschaftliche Beteiligung und damit für unsere Demokratie und die Demokratien andernorts“.
Bewahrung der Schöpfung
Die neue Bundesregierung müsse sich zudem ohne Scheuklappen den Herausforderungen der Klima- und Biodiversitätskrise stellen. „Im Zentrum der gemeinsamen Zukunft der Menschheitsfamilie wird Klimagerechtigkeit stehen", hieß es dazu in der KOO-Erklärung. Dafür nötig seien ein konsequenter, wissenschaftsbasierter Klimaschutz ebenso wie die Unterstützung von Klimamaßnahmen in Ländern des Globalen Südens, deren Bevölkerung am meisten unter der Erderhitzung leidet. Zugleich brauche es einen konsequenten Einsatz für den Erhalt der Biodiversität in Österreich sowie international.
Sr. Anneliese Herzig betonte: „Die neue Bundesregierung muss sich international sowohl für Gerechtigkeit als auch für Frieden einsetzen.“ (c) Erzdiözese Wien/Schönlaub
„Globale Gerechtigkeitskrisen“
„Die Klimakrise und das Artensterben sind im Kern globale Gerechtigkeitskrisen“, erklärte KOO-Leiterin Anja Appel in der Aussendung. Die KOO sehe sich auch weiterhin verpflichtet, dass die Hauptleidtragenden im globalen Machtgefüge eine Stimme und global mehr Gestaltungsmacht bekommen. Die dafür notwendige Transformation in Form einer Abkehr vom eigenen Raubbau-Lebensstil „werden wir daher auch von einer neuen Regierung konsequent einfordern“, sagte Appel.
Ähnlich äußerte sich auch Caritas-Auslandshilfechef Andreas Knapp: Globale Klimagerechtigkeit verlange von der österreichischen Regierung wirksamen Klimaschutz mit klaren nationalen Zielen und einem konsequenten Reduktionspfad der Treibhausgasemissionen. Ebenso habe Österreich die Verpflichtung und die Kapazitäten, jene Staaten zu unterstützen, welche ihre Bevölkerung ohne internationale Hilfe nicht ausreichend vor der Klimakrise schützen können, betonte Knapp.
Gerechtigkeit als Grundvoraussetzung für Frieden
Sr. Anneliese Herzig hielt fest: „Viele Ordensgemeinschaften wirken weltweit in von politischen und militärischen Konflikten betroffenen Regionen. Sie teilen Tag für Tag das Leben mit den Menschen vor Ort.“ Den Orden sei daher die Bedeutung von Gerechtigkeit als Grundvoraussetzung für stabilen Frieden bewusst. Auch die neue Bundesregierung müsse „sich international sowohl für Gerechtigkeit als auch für Frieden einsetzen“.
In der KOO-Erklärung hieß es abschließend: „Für uns als katholische Einrichtungen und Hilfswerke, die mit hunderttausenden Menschen in Österreich und mit Menschen in über hundert Partnerländern zusammenarbeiten, kann nur ein Regierungsprogramm, welches weltoffen, zuversichtlich und an der gesamten Menschheitsfamilie orientiert ist, ein gutes Regierungsprogramm für Österreich sein.“
Quelle: kathpress