P. Fritz Wenigwieser: „Ein ‚Immer mehr‘ geht nicht“
P. Fritz Wenigwieser hat in der „Kirche bunt“ auf zentrale Aspekte des „Sonnengesangs“ hingewiesen. (c) OFM Austria
Für den Franziskaner-Oberen ist der Sonnengesang u.a. ein Appell, den Wert der Geschwisterlichkeit zu pflegen, zu teilen und einen bescheideneren Lebensstil zu pflegen. Das sei auch ein wichtiger Beitrag für die Natur, denn „ein ‚Immer mehr‘ geht nicht“ und „ein Weniger kann ein Mehr“ sein. Das Sonnengesang-Jubiläum könne eine Chance sein, wichtige Themen anzusprechen, erklärte der Franziskaner-Provinzial.
Im Winter 1224/1225 – zwei Jahre vor seinem Tod – war Franziskus schon sehr geschwächt. Um sich zu erholen, zog er sich nach San Damiano zurück. Hier bot ihm eine Hütte im Garten der heiligen Klara Quartier. Im Gebet erhielt er die Gewissheit, dass er durch das Ertragen der Krankheit zur ewigen Freude des Himmelreichs gelangen werde. Hierüber freute sich Franziskus so sehr, dass er ein Lied dichtete: den Cantico delle Creature (Loblied der Geschöpfe), im deutschen Sprachraum „Sonnengesang“ genannt.
Sonnengesang zeigt Liebe zur Schöpfung
Der Sonnengesang zeige in wundervoller Weise die Liebe zur Schöpfung Gottes. Der Heilige habe dieses Werk allerdings in der vielleicht schwierigsten Phase seines Lebens verfasst, wo vieles „kaputt“ war, sagte Wenigwieser. Mit einer brutalen Methode hatte sich Franz von Assisi einer „Augenoperation“ unterzogen, bei der die Schläfe mit heißem Eisen gebrannt wurde. „Jeder Sonnenstrahl dürfte schon schlimme Schmerzen in den Augen verursacht haben“, erklärte Österreichs oberster Franziskaner. Auch Milz und Leber dürften schon in schlechtem Zustand gewesen sein. Der Heilige war auf diese schwere Lage vorbereitet, er hatte sie zeitlebens „eingeübt“. Er wäre wohl verbittert gewesen, hätte er nicht viel Schönes im Leben erfahren.
Franz von Assisi habe etwa die Hälfte seines Lebens in „extremer Natur, wie etwa in Höhlen verbracht“, meinte Wenigwieser. So habe der Heilige beide Seiten kennengelernt: die Schönheiten sowie Schmerzen und die Härte der Natur; etwa, wenn er auf Felsen schlief. Diese beiden Seiten beleuchte auch der Sonnengesang. Wer sich als Bruder oder Schwester der Schöpfung sieht, der gehe anders mit der Natur um, betonte P. Wenigwieser. Der Sonnengesang lasse sich theologisch ableiten aus der Christus-Beziehung des großen Heiligen.
Guter Gesprächspartner mit Buddhisten oder kirchenfernen Menschen
Franz von Assisi stehe durchaus für „Extreme“, führte Wenigwieser weiter aus. Das, was er sagte und vorlebte, machte ihn zu einem guten Gesprächspartner etwa mit Buddhisten oder kirchenfernen Menschen. Franziskus rettete Würmer und kaufte Lämmer frei, die geschlachtet werden sollten. Wenigwieser: „Franz von Assisi ging an Grenzen und steht für Spannungen.“ Der Heilige habe hinter den Geschöpfen und der Schöpfung Gott gesehen, gleichzeitig sei er kein Esoteriker oder Pantheist gewesen, der in allem Gott meine.
Wer heute den Sonnengesang liest oder betet, werde herausgefordert, die Natur zu lieben, ihr Ehrfurcht zu erweisen und sich für ihren Erhalt einzusetzen. Der Sonnengesang sei eine Hymne auf die von Gott ins Leben gerufene Schöpfung und zugleich fordere er dazu auf, den Schöpfer selbst zu loben.
Einladung, die Natur zu lieben
Franziskus habe sich in die Natur eingebunden gefühlt, mit der er einen geschwisterlichen Umgang pfleget. Die Gestirne, Wasser, Feuer, den Wind und die Erde, ja sogar den Tod habe er mit Schwester oder Bruder angesprochen. Wer heute den Sonnengesang liest oder betet, werde eingeladen und herausgefordert, die Natur zu lieben, ihr Ehrfurcht zu erweisen und sich für ihren Erhalt einzusetzen, erklärte der Franziskaner-Provinzial.
Er schloss sich außerdem einem Appell der Franziskaner im Heiligen Land und des Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Pierbattista Kardinal Pizzaballa, an. Diese hatten für den 7. Oktober 2024 zu einem Tag des Gebetes und des Fastens aufgerufen. P. Fritz Wenigwieser forderte die Mitbrüder in Österreich und alle Gläubigen, die mit den Franziskanern verbunden sind, dazu auf, am Jahrestag des Überfalls der Hamas auf Israel für den Frieden in Nahost zu beten.
„Lobbyisten des Friedens“
„Frieden ist nicht nur etwas, das wir an die Mächtigen in Nahost delegieren sollen. Friede beginnt bei uns selbst. Insofern wir Christen daran glauben, dass Gott uns durch seinen Sohn beisteht, kann jeder Christ einen konkreten Beitrag zum Frieden leisten“, sagte Wenigwieser. Er fügte hinzu: „In diesen Tagen erleben wir auf unterschiedliche Weise viele Kundgebungen zum 7. Oktober. Für uns Christen ist klar: Wir stehen auf keiner politischen Seite. Wir sind Lobbyisten des Friedens.“
Fasten sei ein geeignetes Mittel der Umkehr: „Verzicht nimmt nichts, sondern Verzicht gibt etwas“, erklärte Wenigwieser: „Durch das Fasten nimmt der Beter das existenziell Wichtige in den Blick: die Notwendigkeit von Frieden in uns selbst und in der Welt.“
Quelle: kathpress