Franziskanerpater Engelbert Kolland heiliggesprochen
Der Tiroler Franziskanerpater Engelbert Kolland wurde am 20. Oktober 2024 von Papst Franziskus heiliggesprochen. (c) Franziskaner Hall
Der Franziskanerpater aus dem Zillertal war Missionar in Damaskus, wo er mit seinen Gefährten 1860 in Damaskus in einem an Christen verübten Massaker getötet wurde. Eine über 300-köpfige Delegation aus Österreich nahm an der Heiligsprechungsfeier teil, darunter Erzbischof Franz Lackner sowie die Bischöfe Hermann Glettler, Wilhelm Krautwaschl und Hansjörg Hofer. Auch ein Großteil der Franziskaner Österreichs und Südtirols, deren zweiter Provinzpatron der Heilige Engelbert schon seit geraumer Zeit ist, war bei der Feier im Vatikan dabei.
Provinzial Fritz Wenigwieser sprach gegenüber dem ORF über die Turbulenzen, die Kolland als Jugendlicher durchlebte: Wegen Probleme mit Latein von der Schule gewiesen und in der Spannung der Abwesenheit des Vaters, habe er sich zunächst mit Autorität auseinandersetzen müssen und einen inneren Kampf geführt. Weitergekommen im Leben sei er dann, „als er seine eigene Identität gefunden hat. Man kann nicht in Frieden leben und Zeugnis geben, wenn man nicht gelernt hat, den Kampf in sich selbst auszuleben“, sagte der Provinzobere.
„Großherzig bis zum Ende“
In seiner Predigt würdigte der Papst die neuen Heiligen als „treue Diener“, die den Stil Jesu gelebt hätten. Vor tausenden Menschen auf dem Petersplatz, darunter auch die Teilnehmer:innen der gerade tagenden Weltsynode, sagte er: „Der Glaube und das Apostolat, das sie vorangebracht haben, hat in ihnen keine weltlichen Begierden und Machtgelüste geweckt, sondern sie haben sich im Gegenteil zu Dienern ihrer Brüder und Schwestern gemacht und waren kreativ darin, das Gute zu tun, sie waren standhaft in Schwierigkeiten und großherzig bis zum Ende.“
Die Gläubigen rief Franziskus dazu auf, es ihnen gleichzutun und ein Leben im Dienst für andere zu führen. Dieser christliche Lebensstil beziehe sich nicht auf eine Liste von Dingen, die zu tun sind, „so als ob wir unsere Arbeit als getan ansehen können“. Der Dienst entspringe der Liebe und diese kenne keine Grenzen, sie gebe sich hin und schenke sich. „Wenn wir lernen zu dienen, wird jede unserer Gesten der Aufmerksamkeit und Fürsorge, jeder Ausdruck von Güte, jedes Werk der Barmherzigkeit zu einem Widerschein der Liebe Gottes. Und so führen wir alle das Werk Jesu in der Welt fort“, sagte Franziskus.
Sohn aus protestantischer Familie
Engelbert Kolland, geboren als Michael, stammte aus Ramsau im Zillertal. Sein Geburtshaus, das „Lochhäusl“, steht noch heute, seine Taufkirche ist jene von Zell am Ziller. Seine Familie war jedoch ursprünglich protestantisch. Sein Vater Kajetan, ein Holzknecht, war Sprecher der im Untergrund lebenden Lutheraner und wurde Opfer der Vertreibungen im Zillertal im Jahr 1837, woraufhin die Familie in die „Toleranzgemeinde“ Rachau in der Steiermark übersiedelte. Kolland ging in Salzburg zur Schule, trat dort den Franziskanern bei und erhielt die Ordensausbildung, lernte Fremdsprachen in Hall und wurde in Trient zum Priester geweiht.
Am „Sonntag der Weltmission“ sprach Papst Franziskus den Franziskaner Engelbergt Kolland heilig, gemeinsam mit elf weiteren Männern und zwei Frauen. (c) Cincelli/dibk.at
Nach seiner Priesterweihe studierte Kolland mehrere Jahre in Bozen, bevor er 1855 als Missionar ins Heilige Land entsandt wurde. Nach einer kurzen Tätigkeit in der Jerusalemer Grabeskirche kam er an seine letzte Wirkstätte, zum Paulus-Kloster in Damaskus. Während der Drusenaufstände 1860 kam es dort zu Ausschreitungen, bei denen etwa 8.000 Christen im Viertel ermordet wurden. Als in der Nacht vom 9. auf den 10. Juli das Kloster angegriffen wurde, gelang es Kolland zunächst, über das Dach zu fliehen, doch am Morgen wurde er gestellt. Dreimal wurde er gefragt, ob er bereit sei, Christus abzuschwören. Für jede Absage erhielt er einen Axthieb, bis er tot zusammenbrach. Der Angreifer soll Engelbert bereits gekannt haben.
Heiligsprechung als höchstmögliche Auszeichnung
Die Heiligsprechung in der katholischen Kirche gilt als die höchstmögliche Auszeichnung für ein vorbildhaftes Leben nach christlichen Maßstäben. Sie ist eine feierliche Erklärung des Papstes auch über die endgültige Aufnahme eines Menschen bei Gott. Ihr geht ein zumeist jahrzehntelanger kirchlicher Prozess über mehrere Instanzen voraus. Anschließend darf die betreffende Person weltweit verehrt werden. Im Unterschied dazu ist bei einer Seligsprechung die Verehrung regional begrenzt.
Die Verehrung Engelbert Kollands, der mit seinen Gefährten bereits am 10. Oktober 1926 seliggesprochen worden war und bei einem Seitenaltar der Pauluskirche in Damaskus begraben ist, hat in seiner Heimat bereits Tradition. Zu seinem 150. Todestag im Jahr 2010 wurde eine Engelbert-Kolland-Gemeinschaft gegründet und eine „Granatkapelle zum seligen Engelbert Kolland“ auf 2.087 Metern Höhe errichtet, die Tirol demnächst in der ORF-Sendung „9 Plätze – 9 Schätze“ vertritt. Der nunmehrige Heilige ist der zudem der zweite Patron der Franziskanerprovinz Austria und Südtirol und gilt als Fürsprecher bei Nerven-, Hals-, Ohren- und Augenleiden, aber auch bei Prüfungen und Gerichtsverhandlungen.
Elf weitere Märtyrer heiliggesprochen
Mit Engelbert Kolland wurden auch elf weitere Märtyrer von Damaskus heiliggesprochen, darunter acht spanische Franziskaner rund um ihren Klostervorsteher Manuel Ruiz López sowie mit Francis und Abdel Moati sowie Raphael Massabki drei maronitisch-katholische Laien. Auch drei Gründer:innen von katholischen Ordensgemeinschaften wurden in den Heiligenkalender aufgenommen: Die Kanadierin Marie-Leonie Paradis (1840-1912), Gründerin der Kongregation der Kleinen Schwestern von der Heiligen Familie von Sherbrooke, die Italienerin Elena Guerra (1835-1914), die die Oblatinnen des Heiligen Geistes gegründet hatte, sowie den italienischen Priester Giuseppe Allamano (1851-1926), Begründer der Kongregation der Consolata-Missionare.
Heiligsprechungen von Österreichern sind äußerst seltene Ereignisse. Zwar gibt es insgesamt knapp 100 Heilige und Selige mit Österreich-Bezug, in den vergangenen Jahrzehnten gab es jedoch fast ausschließlich Seligsprechungen. Unter Papst Benedikt XVI. wurden die Sozialpolitikerin und Ordensgründerin Hildegard Burjan (2012) und der NS-Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter (2007) selig gesprochen, davor im Pontifikat von Johannes Paul II. Kaiser Karl I. von Österreich (Seligsprechung 2004), der Arzt Ladislaus Batthyany-Strattmann (2003), der Priester und Kalasantiner-Gründer Anton Maria Schwarz (1998), weiters die NS-Märtyrer Maria Restituta Kafka und Jakob Kern (beide 1998), sowie Jakob Gapp und Otto Neururer (1996).
Heiligsprechungen mit Österreich-Bezug seltenes Ereignis
Die jüngsten Heiligsprechungen mit Österreich-Bezug gab es zuvor 2003, als die 1939 verstorbene Maria Ursula Ledochowska – eine in Loosdorf geborene österreich-polnische Ordensfrau und Ordensgründerin – zur „Ehre der Altäre“ erhoben wurde, sowie im selben Jahr auch der in Südtirol geborene Steylerpater und China-Missionar Josef Freinademetz und sein in Deutschland geborener Ordensgründer Arnold Janssen, der aus politischen Gründen die österreichische Staatsbürgerschaft annahm. 1991 wurde der aus Polen stammende Karmelit und Russland-Missionar Raphael Kalinowski heiliggesprochen, der in Graz seine Priesterausbildung durchlief. Davor war die letzte „österreichische“ Heiligsprechung die des in Brünn geborenen Redemptoristen und Wiener Stadtpatrons Clemens Maria Hofbauer, die bereits 1909 stattfand.
An der Heiligsprechungsfeier nahm eine über 300-köpfige Delegation aus Österreich teil, darunter auch Bischof Hermann Glettler. (c) Cincelli/dibk.at
Die Heiligsprechung des Franziskaners wird auch in Österreich gebührend gefeiert. In der Pfarre Zell am Ziller, wo der neue Heilige getauft wurde, sowie in Ramsau wird aus diesem Anlass ein dreitägiges Fest vom 25. bis 27. Oktober 2024 veranstaltet. Höhepunkte der Feierlichkeiten sind Festmessen und eine Segensandacht mit der Reliquie des Heiligen, geleitet von Erzbischof Lackner, Weihbischof Hofer und Franziskaner-Provinzial P. Fritz Wenigwieser. Bereits zuvor findet am 21. Oktober 2024 mit der Österreicher-Delegation eine gemeinsame Dankmesse in der päpstlichen Basilika von Santa Maria Maggiore in Rom statt.
„Werktagsheiligkeit zeichnet ihn aus“
Auch der Schweizer Franziskanerpater Gottfried Egger, der eine Biografie über den neuen Heiligen geschrieben hat, äußerte sich im Salzburger „Rupertusblatt“ zur Heiligsprechung. Er sei ein besonders „menschlicher Heiliger, der das Gewöhnliche gut getan hat und nicht irgendwo auf einem Podest steht“. „Ich würde sagen, seine Werktagsheiligkeit zeichnet ihn aus“, erklärte der Experte für franziskanische Spiritualität.
Eggers Werk unter dem Titel „Zwischen Glocke und Minarett. Das Leben des Engelbert Kolland“ erschien 2010 im Salzburger Pustet-Verlag und wurde anlässlich der Heiligsprechung neu aufgelegt. Im Interview beschrieb der in Südtirol wirkende Franziskaner Kolland als „tiefreligiösen Menschen, der sich selbstlos für seine Mitmenschen hingegeben hat“. Um angesichts fehlender Vorbereitung und des Kulturschocks an seinem Einsatzort Damaskus das ihm völlig fremde Umfeld besser kennen zu lernen, habe er sich unter die Menschen gemischt und alle Mühe gegeben, „mit ihnen zu essen oder Hochzeiten zu feiern“.
„Engel für die Menschen“
Kennzeichen von Kollands Missionseinsatz seien „zwischenmenschliche Akte der Herzlichkeit und Liebe“ gewesen – und zwar bis zuletzt: Als er im Juli 1860 inmitten der Pogrome gegen die Christen von Damaskus im Zuge des Drusenaufstandes 100 verängstigte und weinende Kinder seiner Klosterschule auf eine sichere Terrasse leitete, habe er sie beruhigt, indem er ihnen frisches Fladenbrot brachte, sagte der Ordensmann über den neuen Heiligen. Dass dieser „Abouna Malak“ (Vater Engel) genannt worden sei, passe gut, denn „er war wirklich ein Engel für die Menschen“.
Die Heiligsprechung und die damit verbundene weltweite Verehrung Kollands sei für seine Ordensgemeinschaft eine große Freude. „Wir Franziskaner sind ein Weltorden und es ist schön, dass er nun in der ganzen Welt als Heiliger verehrt wird“, sagte P. Gottfried Egger. Er sehe Engelbert aufgrund seiner großen Authentizität als „überzeugenden Franziskussohn“.
Quelle: kathpress