P. Anselm Grün feiert 80. Geburtstag
Der Benediktinerpater Anselm Grün feiert am 14. Jänner 2025 seinen 80. Geburtstag. (c) Julia Martin/Abtei Münsterschwarzach
Anselm Grün, der in der fränkischen Abtei Münsterschwarzach lebt, hat mehrere Bücher gemeinsam mit dem Islamwissenschaftler Ahmad Milad Karimi verfasst. „Unsere Gespräche sind bereichernd. Ein solcher Austausch baut Fronten ab“, sagte der Missionsbenediktiner.
„Gegenseitige Achtung der Tradition“
Radikale Ansichten, die im Namen von Religionen verbreitet würden, zeigten, wie wichtig Dialog sei. „Es geht nicht um Vermischung, sondern um gegenseitige Achtung der Tradition“, betonte Grün. „Muslime haben teilweise Schwierigkeiten mit dem Kreuz, doch als ich Karimi erklärt habe, was es für mich bedeutet, war er berührt und konnte es respektieren, ohne daran zu glauben.“
Erst kürzlich – zum Jahreswechsel – riet er im Interview mit der KNA außerdem, sich trotz aller Probleme in der Welt nicht auf die Angst zu fixieren: „Klar, viele Ängste sind berechtigt, aber ich darf mich nicht auf die Angst fixieren, nicht in der Ohnmacht bleiben, nicht in der passiven Rolle, sondern überlegen: Was kann ich denn tun.“ Wichtig sei, selbst aktiv zu werden: „Wir können nicht die ganze Welt verändern, aber wir können dort, wo wir leben, ein Stück Welt verbessern.“
Nicht die Augen verschließen
Es sei wichtig, nicht die Augen zu verschließen vor der politischen Großwetterlage, meinte Grün weiter. Aber man dürfe zugleich die Hoffnung haben, „dass die Erde nicht nur in der Hand der Mächtigen ist, sondern vor allem in der Hand Gottes“. Außerdem gebe es viele Gründe für persönliche Vorfreude, ohne dass dies zur Flucht vor der Realität werde: „Dass wir uns diese kleinen Freuden gönnen und uns darauf freuen – ob das ein Urlaub ist oder Begegnungen mit Menschen, Feiern – ist völlig berechtigt und gar kein Grund für ein schlechtes Gewissen.“
In seinen Führungsseminaren empfehle er den Menschen tägliche kleine Auszeiten, fügte der Ordensmann hinzu. Auch um nicht das Gefühl zu haben, man werde total von außen bestimmt: „Und eine solche Zeit, die nur mir gehört – da reichen ein paar Minuten am Tag – kann jeder einrichten, ob Hausmeister oder Managerin, jung oder alt, krank oder gesund. Dann haben wir eine Zeit, in der wir spüren: Ich lebe – und ich lasse mir meine Zeit nicht fremdbestimmen – auch nicht von Putin oder Trump.“
„Verstehen statt bewerten“
Gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ machte er außerdem zwei konkrete Vorschläge für gute Vorsätze bzw. Haltungen: „Ein wichtiger Grundsatz für mich: verstehen statt bewerten. Das gilt für den Umgang mit sich selbst und mit anderen Menschen, insbesondere dem eigenen Partner“, sagte der Benediktiner. „Vor dem schnellen Bewerten sollte der Versuch stehen, das Verhalten des Gegenübers zu verstehen. Erst dann sollte man überlegen, wie geh ich damit um.“
Als zweiten wichtigen Grundsatz nannte Grün: nicht verändern, sondern verwandeln. „Viele wollen sich ja verändern, wollen ein anderer Mensch werden, stellen ihre Ernährung, ihren Alltag, ihr Leben auf den Kopf.“ Aus seiner Sicht sei das zu radikal, sagte der Missionsbenediktiner. „Verwandlung hingegen heißt: Ich würdige mich erst mal, wie ich geworden bin. Alles darf sein, aber ich bin zugleich noch nicht der- oder diejenige, die ich von meinem Wesen her sein könnte. Das ist sanfter.“
Zur Person
Der deutsche Theologe und Betriebswirt Anselm Grün lebt in der Abtei Münsterschwarzach bei Würzburg. Seit 1979 hat er mehr als 300 Bücher verfasst. In ihnen beschäftigt sich Grün vorwiegend mit Spiritualität und Lebenshilfe. Mit einer Gesamtauflage im zweistelligen Millionenbereich in 35 Jahren zählt er zu den meistgelesenen christlichen Autoren der Gegenwart.
Quelle: kathpress