Länger leben im Kloster: Wenn Bildung keine Rolle spielt
Ora et labora: Laut der „Klosterstudie“ wirkt sich die monastische Lebensweise wie ein „umfassender Gesundheitsschutz“ aus. © Pixabay (MasterBaruch)
Das Leben im Kloster kann soziale Unterschiede in der Lebenserwartung ausgleichen und zeigt positive Auswirkungen auf die Sterblichkeit. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Instituts für Demografie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), die vor kurzem im Fachjournal Journal of Health and Social Behavior veröffentlicht wurde. In der Studie wurden Daten über die Lebensbedingungen und die Sterblichkeit von katholischen Mönchen analysiert und mit jenen von Männern in der Allgemeinbevölkerung verglichen. Das zentrale Ergebnis zeigt, dass Ordensmänner – unabhängig von ihrem Bildungsstand – eine höhere Lebenserwartung als „weltliche“ Männer haben. Einer der Hauptgründe dafür ist die monastische Lebensweise, die sich laut der Studie wie ein „umfassender Gesundheitsschutz“ auswirkt.
Klöster bieten mit ihrer strukturierten Umgebung, dem regelmäßigen Tagesablauf, spirituellen Übungen und dem Verzicht auf gesundheitsschädigende Gewohnheiten wie übermäßigen Alkohol- oder Nikotinkonsum, laut der Studie „vorteilhafte Lebensbedingungen“.
Als bemerkenswertes Ergebnis der Studie bezeichnete Marc Luy, Direktor des Instituts für Demografie des ÖAW, den sogenannten „Nulleffekt“, also dass innerhalb des Klosters der Bildungsstand der Mönche nahezu keine Rolle für ihre Lebenserwartung spielt. Dies verdeutlicht laut dem Bevölkerungswissenschaftler, „dass Mönche mit geringerem Bildungsabschluss in ihrer Lebenserwartung zu den höher gebildeten Mönchen und zu den höher gebildeten Männern der Gesamtbevölkerung aufschließen (...)“.
Meditation als Entspannung: Von den Ordensleuten kann man sich einiges für das eigene Privatleben abschauen © Kapuziner/Rauser
In der allgemeinen Bevölkerung gelten sozioökonomische Unterschiede oft als entscheidend für die Mortalität. Die Studie zeigt jedoch, dass unter weitgehend gleichen Lebensbedingungen – wie im Kloster – der Einfluss des sozialen Status deutlich geringer ausfällt.
Für die Analyse wurden die Lebensdaten von 2.421 Mönchen ausgewertet, die zwischen 1840 und 1959 geboren wurden und in klösterlicher Gemeinschaft lebten. Die Daten entstammen der „Klosterstudie“ und wurden von Luy gemeinsam mit einem Team von Forschenden der Statistik Austria und der TU Dortmund ausgewertet.
Klosterleben gleicht soziale Unterschiede aus
Ein weiterer zentraler Faktor für die Langlebigkeit der Mönche ist ihre soziale Sicherheit und die Unterstützung innerhalb der Gemeinschaft. „Sie sind frei von finanziellen Sorgen, weil das Kloster ihnen lebenslang Obdach bietet, und alle Mitglieder haben identische Lebensbedingungen, vergleichbare Ernährung und gleichen Zugang zu medizinischer Versorgung“, resümieren die Studienautoren in dem Wissenschaftsjournal.
Zudem minimieren die klösterlichen Lebensbedingungen Stressfaktoren, die in der allgemeinen Bevölkerung häufig auftreten: „Da die Mönche in Keuschheit leben, müssen sie nicht den Lebensstandard einer Familie gewährleisten, erleben keine Ehekonflikte, sorgen sich nicht um Nachkommen und kämpfen nicht darum, Familie und Beruf in Einklang zu bringen.“
Diese stabilen Strukturen seien folglich nicht nur gesundheitsförderlich, sondern auch in der Lage, psychosoziale Belastungen zu reduzieren, die in der allgemeinen Bevölkerung häufiger auftreten, unterstreichen die Studienautoren.
Ergebnisse mit gesellschaftlicher Relevanz
Die Erkenntnisse werfen eine zentrale Frage auf: Könnten soziale Unterschiede in der Lebenserwartung verringert werden, wenn der Zugang zu vergleichbaren Ressourcen und Lebensbedingungen gerechter gestaltet würde? Die Studie legt nahe, dass Faktoren wie stabile Lebensstrukturen und soziale Unterstützung eine entscheidende Rolle für Gesundheit und Langlebigkeit spielen.
„Klosterstudie“ erforscht Langlebigkeit
Die „Klosterstudie“ ist eine Langzeitstudie am Institut für Demografie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften unter der Leitung von Marc Luy. Ziel ist es, die entscheidenden Determinanten für Gesundheit und Langlebigkeit zu erforschen und so den Schlüssel zum „erfolgreichen Altern“ zu finden, also für eine lange und vor allem in Gesundheit verbrachte Lebenszeit.
Gleichheit im Kloster: Bildung verliert an Bedeutung für die Lebenserwartung, wenn alle stabile Lebensstrukturen und identen Zugang zu medizinischer Versorgung haben. © Mazur/cbcew.org.uk
Klöster würden ideale Bedingungen bieten, um den Einfluss nicht-biologischer Faktoren wie Lebensstil, Einkommen, sozialer Status und Zugang zu medizinischer Versorgung zu minimieren, lautet das Fazit der Studie.
Für die Studie analysieren die Forscher die Lebenserwartung in Klöstern in Österreich und Deutschland in zwei Teilen. Zum einen werden Archivdaten aus den Klöstern gesammelt. Die in den Klosterarchiven erfassten Lebensdaten der Ordensmitglieder, wie Geburtsdatum, Eintrittsdatum und gegebenenfalls das Austritts- oder Sterbedatum, sind wichtige Grundlagen für die Erforschung von Langlebigkeit. Zum anderen wurde eine Befragungsstudie getätigt, die Aufschluss über die Gesundheit und die Risikofaktoren der Ordensleute geben soll.
Quelle: kathpress