Piaristen-Generalsuperior: „Österreich ist das Labor des Ordens“
Beim jüngsten Österreich-Besuch des Generalsuperiors der Piaristen: P. Zsolt Labancz, Provinzial der Piaristen Ordensprovinz Österreich, und P. General Pedro Aguado de la Cuesta (v.l.). (c) Angela Ringhofer
Aktuell wirken 14 Piaristen in Maria Treu und St. Thekla in Wien sowie in Krems und Horn, 13 davon hat der seit 2009 an der Spitze des Ordens stehende Spanier entsandt – und keiner der Ordensleute stammt aus Österreich. „Es ist eine Provinz mit Piaristen aus sehr unterschiedlichen Ländern und Kulturen“, sagte Aguado im Interview für die ordenseigene Website. „Die Brüder müssen sich hier gut inkulturieren... Interkulturalität und die Inkulturation sind zwei Seiten derselben Medaille“, wies der Ordensobere hin. „Hier sieht man ganz klar, welche Herausforderungen auf uns zukommen.“
„Kreative Aufbauphase“ für Österreich
Österreich sei somit „eine außergewöhnliche Provinz mit einer sehr komplexen Geschichte“. Sie sei eine gewisse Zeit lang sehr geschrumpft, aber es sei trotzdem gelungen, bestehende Standorte zu halten. „Der Grund, warum wir Piaristen nach Österreich entsenden, ist nicht nur, weil wir erhalten und weiterführen wollen, was vorhanden ist, sondern weil wir wirklich wieder wachsen wollen“, sagte Aguado. „Natürlich muss die Provinz festlegen, in welche Richtung sie sich entwickeln will, aber wir versuchen, den Provinzen ein Licht mit auf den Weg zu geben.“ Dem ersten Schritt des Bewahrens müsse eine „kreative Aufbauphase“ als zweiter Schritt folgen: Der Generalsuperior nannte Berufungspastoral, Bildung der Laien im Geist des Ordensgründers Josef Calasanz, neue Projekte – „vielleicht in der außerschulischen Bildung, im sozialen Bereich – und eine neue Antwort auf das, was die österreichische Kirche braucht“.
Angesichts von 21 Piaristen-Provinzen in 45 Ländern sei es „unmöglich, dass ich allen detailliert vorschreibe, was zu tun ist. Da käme nur Chaos heraus“, zeigte sich der Ordensobere bescheiden. „Was ich mitgeben kann, sind die Werkzeuge, um gute Antworten im jeweiligen Kontext zu finden.“ Es gelte jedenfalls eine ganze Reihe von Herausforderungen unter einen Hut zu bringen und viele Sachen neu zu denken. „Wie lange das dauert, kann ich nicht sagen“, sagte Aguado. „Ich habe gelernt, dass das mit den Zeithorizonten keinen Sinn ergibt. Besser ist: Arbeiten, sich bemühen – und Gott das Timing überlassen.“
Mit allen 1400 Piaristen persönlich bekannt
Dem Piaristenorden gehören rund 1400 Mitglieder in 45 Ländern der Welt an, die er alle persönlich kennengelernt habe. Einen Orden zu führen, ohne die Realität vor Ort in den einzelnen Standorten zu kennen, sei unmöglich. Jede Provinz, jeder Kontinent habe seine Eigenheiten, erklärte Aguado. Hinsichtlich der Berufungen gebe es – „das ist in einem Großteil der Ordensgemeinschaften ähnlich“ – geografisch gesehen „riesige Unterschiede“: In Afrika gebe es großes Wachstum, in Asien gutes, in Amerika einen leichten Rückgang, einen „sehr starken“ in Europa. Neugründungen der Piaristen gebe es vor allem in Afrika, Südostasien und Lateinamerika.
Die Piaristen der Provinz Österreich trafen den Generalsuperior ihres Ordens. (c) Angela Ringhofer
Auch die Bedürfnisse etwa in Europa oder Afrika seien ganz unterschiedlich, erklärte Aguado. In Afrika gehe es um Aufbau und Gestaltung der noch recht jungen Präsenz des Ordens. In Europa stelle man sich die Frage, „was wir ändern müssen, wie wir unsere Präsenzen erneuern“. In Afrika sei das Religiöse sehr zentral, in Europa weniger.
Der Aufbau eines Ordens ist nach den Worten des Generalsuperiors nie abgeschlossen, „nie haben wir unseren Dienst, unsere Sendung voll erfüllt. Und bei einem Orden, der sich der Bildung verschrieben hat, gibt es ohnehin eine ständige Weiterentwicklung.“ Aguado freute sich darüber, „dass wir sehr viele junge Piaristen haben, die auch in anderen Ländern dienen und mitwirken wollen. Österreich ist ein wunderschönes Beispiel dafür. Hier sind Piaristen aus so vielen verschiedenen Ländern – Indien, Kamerun, Senegal, Spanien, Indonesien, der Provinzial ist aus Ungarn – die hierhergekommen sind, um mit großer Hingabe der Kirche und dem Glauben zu dienen.“
Ordensgründer mit Blick auf Not der Jugend
Der spanische Heilige Josef Calasanz (1557-1648) gründete 1597 in Rom die erste öffentliche Volksschule Europas, nachdem er in Trastevere das Elend und die Perspektivlosigkeit armer Kinder gesehen hatte. Im Zentrum seiner erzieherischen Ideen stehen die Achtung vor der Persönlichkeit und den Talenten jedes Kindes und eine ganzheitliche, intellektuelle, körperliche und spirituelle Erziehung. 1617 gründete er den „Orden der frommen Schulen“, die Piaristen. Die Ordensmänner legen zusätzlich zu den drei Ordensgelübden Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam ein viertes Gelübde ab: die Hingabe an die Erziehung der Jugend. Die Ordensmänner wirken in 45 Ländern gemeinsam mit Laien in Piaristenschulen, Kindergärten, Universitäten und Pfarren.
Er habe keinen Zweifel daran, „dass es den Kindern zu verdanken ist, dass Calasanz Piarist wurde“, merkte Aguado zu den Ordensanfängen an. Durch den Kontakt mit ihnen habe er gelernt, „sich ganz in ihren Dienst zu stellen“.
Zur Person
Der Generalobere des Piaristenordens wurde 1957 in Bilbao geboren und 1982 zum Priester geweiht. Er unterrichtete er in Pamplona, war Rektor und Novizenmeister in Bilbao, arbeitete als Pädagogik-Professor und Pastoralverantwortlicher. Bei den Generalkapiteln 2009 und 2015 wurde Aguado für je sechs Jahre zum Generaloberen bestellt und 2022 mit Erlaubnis des Heiligen Stuhls für eine dritte Amtszeit (bis 2027) wiedergewählt.
In der Ordensprovinz Österreich gibt es ein Kollegium in Horn (seit 1657), zwei in Wien (seit 1697) und eines in Krems (seit 1776). In Wien sind die Piaristen Erhalter eines privaten Kindergartens, dreier Kindergruppen und zweier Privatvolksschulen mit Hort für insgesamt rund 700 Kinder. Außerdem betreuen sie die Seelsorge in den Pfarrgemeinden Maria Treu (1080) und St. Thekla (1040). Provinzoberer in Österreich ist P. Zsolt Labancz.
Quelle: kathpress