Architektur weiterdenken: Die Schule der Ursulinen Innsbruck als Erbe und Auftrag

„Das Projekt verfolgt das Ziel, eine respektvolle Balance zwischen der notwendigen Sanierung und der Bewahrung des architektonischen Erbes von Josef Lackner zu finden – und zugleich die zukünftige, zeitgemäße Nutzung der Gebäude zu ermöglichen“, betonte Anton Süss, Geschäftsführer des Instituts Österreichischer Orden, in seiner Begrüßungsrede. (c) Fabian Weirather
In Kooperation mit dem Bundesdenkmalamt, dem Land Tirol und der Stadt Innsbruck wurde das Schulareal für Forschung und Lehre geöffnet. Durch die Arbeit des „./studio3 – Institut für experimentelle Architektur“ der Fakultät für Architektur entstand ein Buch über Architekt Josef Lackner mit zwölf Thesen und einer Annäherung an Josef Lackners architektonisches Wirken.
Durch den Arbeitsbereich „Baumanagement, Baubetrieb und Tunnelbau“ (AB iBT) der Fakultät für Technische Wissenschaft wurde in Vorbereitung eines digitalen Zwillings ein digitaler Schatten des Klosters, der Schule und des Schülerinnenheims zur Sicherung des aktuellen Bestandes und zum Erleben des ursprünglichen Entwurfsgedankens von Architekt Josef Lackner erstellt. Beide Arbeiten wurden nun der Öffentlichkeit präsentiert. Unter den rund 100 Teilnehmer:innen im Rahmen der Präsentation waren auch die Ehefrau und zwei Söhne des im Jahr 2000 verstorbenen Architekten Josef Lackner.
Unter den zahlreichen Gästen war auch die Ehefrau des verstorbenen Architekten Josef Lackner (mitte). Projektbeteiligte und Auftraggeber (v.l.) Kathrin Aste, Teresa Stillebacher und Volker Giencke (./studio3 – Institut für experimentelle Architektur der Fakultät für Architektur ), Anton Süss (IÖO), Larissa Schneiderbauer und Werner Gächter (Arbeitsbereich Baumanagement, Baubetrieb und Tunnelbau (AB iBT) der Fakultät für Technische Wissenschaft) (c) Fabian Weirather
Ein Blick zurück
Die Schule der Ursulinen entstand in den 1970er-Jahren als Gesamtensemble aus Schule, Internat und Kloster und wurde 1979 eröffnet. Josef Lackner schuf mit seinem Entwurf ein bemerkenswertes Beispiel moderner Architektur in Tirol und setzte damit neue Maßstäbe im Schulbau – innovativ, mutig und zukunftsweisend. Die Entscheidung der Ursulinen, ein so unkonventionelles Konzept zu realisieren, war für die damalige Zeit ein visionärer Schritt.
Das Schulgebäude fällt besonders durch seine markanten, leuchtend orangefarbenen Stahlfachträger in Dreiecksform auf. Sie durchziehen das gesamte Bauwerk und geben ihm eine klare Struktur, der sich jedes architektonische Element – selbst die Türen der Klassenräume – unterordnet. Obwohl vergleichsweise jung, steht das Ensemble heute zu Recht unter Denkmalschutz und verlangt einen entsprechend sorgsamen Umgang.
Das Schulgebäude der Ursulinen fällt besonders durch seine markanten, leuchtend orangefarbenen Stahlfachträger in Dreiecksform auf. (c) Fabian Weirather
Im Jahr 2012 übergaben die Ursulinen die Schule in neue Hände: Die Vereinigung von Ordensschulen Österreichs (VOSÖ) übernahm die Schulerhaltung, heutiger Eigentümer ist das Institut Österreichischer Orden (IÖO). Damit verbunden ist die Herausforderung, ein architektonisch herausragendes und denkmalgeschütztes Gebäude verantwortungsvoll und zukunftsfähig weiterzuentwickeln.
Respektvolle Balance
„Das Projekt verfolgt das Ziel, eine respektvolle Balance zwischen der notwendigen Sanierung und der Bewahrung des architektonischen Erbes von Josef Lackner zu finden – und zugleich die zukünftige, zeitgemäße Nutzung der Gebäude zu ermöglichen“, betonte Anton Süss, Geschäftsführer des Instituts Österreichischer Orden, in seiner Begrüßungsrede. Der ergebnisoffene Prozess eröffnete dafür neue Perspektiven, schaffte Entscheidungsgrundlagen und lotete innovative Wege im digitalen unterstützten Denkmalschutz aus.
„Im Rahmen eines Seminars haben wir uns gemeinsam mit 36 Studierenden intensiv mit dem Werk Lackners auseinandergesetzt, um ein vertieftes Verständnis seiner Architektur zu entwickeln. Auf dieser Basis entstanden in Entwurfsstudios konkrete Ideen für Erweiterungen oder neue Nutzungen seiner Bauten. Unser Fokus lag bewusst auf realisierten Projekten, da diese durch Abriss oder unbedachte Umbauten besonders gefährdet sind“, erklärten die Seminarleiter:innen des ./studio3 an der Fakultät für Architektur der Universität Innsbruck – jener Fakultät, der auch Lackner einst vorstand. Ein Gebäude zu errichten oder zu „reparieren“, so ihre Überzeugung, sei stets auch ein Akt der Verantwortung gegenüber der Geschichte und künftigen Generationen.
Die Schule der Ursulinen in Innsbruck sticht durch ihre außergewöhnliche Architektur hervor. (c) VOSÖ
„Im Zeichen der Zeit und im Sinne der Werterhaltung der Projekte und des Ensembles sind neue Zugänge zum unterstützenden Denkmalschutz notwendig. Die Digitalisierung, in Form von intelligenter 3D-Modellierung, kann uns dabei helfen, Werke und räumliche Wirkung erlebbar zu erhalten und qualitätsvolle Adaptierungen zur Sicherung der Funktionalität und Nutzung kostengünstig in neuer Tiefe am digitalen Objekt transparent zu diskutieren. Negative Emotionen und Lagerbildungen sollten durch die neuen Möglichkeiten der digital visuell erfahrbaren Variationen verhindert und das Arbeiten in einem Projekt mit der Prämisse ‚best for project‘ ermöglicht werden“, erläuterte das Projektteam des AB iBT, vertreten durch Larissa Schneiderbauer und Werner Gächter, das Projekt inhaltlich.
Die Ergebnisse der Studie machen die Potenziale des Ursulinenareals sichtbar und eröffnen dem Institut Österreichischer Orden die Möglichkeit, die Weiterentwicklung des denkmalgeschützten und architektonisch einzigartigen Gebäudes verantwortungsvoll zu gestalten und in ein zukunftsfähiges, von breiten Schultern getragenes Nutzungskonzept einfließen zu lassen.
Dialog zwischen Tradition und Moderne
Die Ergebnisse der Auseinandersetzung sind nun in Buchform erschienen: „Sollten Sie der Architektur begegnen, lassen Sie sie grüßen … 12 Thesen und eine Annäherung an das architektonische Werk von Josef Lackner“ dokumentiert die intensive Forschungsarbeit und den kreativen Dialog mit dem Werk Josef Lackners. Das Buch soll zu einem tieferen Verständnis seiner Architektur beitragen und zugleich zeigen, wie vielschichtig und anspruchsvoll die Auseinandersetzung mit gebautem Erbe sein kann.
Das Buch „Sollten Sie der Architektur begegnen, lassen Sie sie grüßen … 12 Thesen und eine Annäherung an das architektonische Werk von Josef Lackner“ dokumentiert die Ergebnisse der intensive Auseinandersetzung mit dem Werk Josef Lackners.
„Diese Publikation dokumentiert nicht nur die Forschungsleistung der Universität, sondern auch den lebendigen Dialog zwischen Tradition und Moderne, der für die Weiterentwicklung bedeutender Bauwerke entscheidend ist“, sagte Anton Süss. „Sie bietet Grundlagen und Impulse, die uns helfen, das architektonische Erbe Lackners nicht nur zu bewahren, sondern auch mutig weiterzudenken.“
Das Schwimmbad in typischer Lackner-Architektur als Virtual Reality-Modell. (c) Arbeitsbereich Baumanagement, Baubetrieb und Tunnelbau (iBT) Foto-Download
Institut Österreichischer Orden
Das Institut wurde von den Ordensgemeinschaften Österreich gegründet. Es unterstützt Orden dabei, ihre Werke und Werte nachhaltig in die Zukunft zu führen. Das IÖO übernimmt Verantwortung für Ordensvermögen und entwickelt dieses im Geist des jeweiligen Ordenscharismas weiter. So sichert es bestehende Werke und schafft Raum für neue Initiativen.
Presseaussendung des Instituts Österreichischer Orden
Wien, 10. April 2025