Melk: Vierte Etappe der Restaurierung der Stiftsbibliothek gestartet

Freuen sich über den Start in die vierte Etappe der Restaurierung der Stiftsbibliothek Melk (v.l.): der Präsident des Fördervereins Ex Litteris Immortalitas Erwin Hameseder, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Abt Georg Wilfinger. (c) Franz Gleiß
Die Restaurierung und Reinigung tausender Bücher wird fortgesetzt, ebenso die Sanierung der Büroräume inklusive aufwendiger technischer Anlagen zum Schutz des historischen Bücherbestands, vor allem im Blick auf den Brandschutz. Ebenso wichtig seien Maßnahmen zur Verbesserung des Raumklimas. Dazu kommen Arbeiten an der historischen Wendeltreppe und die Sanierung der Fenster im Marmorsaal. Der Gartenpavillon wird neu eingedeckt und die Fassade der Südbastei instandgesetzt.
Großprojekt bis 2032
Die Renovierung der Stiftsbibliothek und die Restaurierung der Bücher sind ein Großprojekt, das bereits 2022 gestartet wurde. Anberaumt ist es bis 2032. „Wir machen es ganz gründlich, damit es dann für 100, 200 oder 300 Jahre hält“, sagte Landeshauptfrau Mikl-Leitner. Die Gesamtkosten des Projekts, das in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt entwickelt wurde, belaufen sich auf rund zwölf Millionen Euro. Neben den vom Stift Melk erbrachten Eigenmitteln in Höhe von 47 Prozent tragen die finanzielle Unterstützung des Landes Niederösterreich (25 Prozent), des Bundes (15 Prozent), ein eigener Förderverein (10 Prozent) sowie der Stadtgemeinde Melk (3 Prozent) maßgeblich zur erfolgreichen Realisierung bei.
Beim Rundgang durch die Stiftsbibliothek Melk konnten sich die Mitglieder des Kuratoriums vom Fortschritt der Restaurierung überzeugen. (c) Franz Gleiß
Abt Georg Wilfinger hob bei dem Pressegespräch die Bedeutung des Stifts als Ort der Wissenschaft hervor. Seit dem zwölften Jahrhundert sei im Stift eine Schule belegt, „die trotz aller Veränderungen über die Jahrhunderte hinweg bis heute Bestand hat.“ Der Erhalt der Stiftsbibliothek und ihres einzigartigen Bücherschatzes für kommende Generationen sei ihm ein großes Anliegen, denn: „Bis zum heutigen Tag besteht die Stiftsbibliothek als ein international genutztes Wissenszentrum, als ein Ort der Forschung und Begegnung.“ Geforscht wurde freilich im Stift schon immer. „Man denke an den stetigen Austausch mit der Wiener Universität oder die geschichtswissenschaftlichen Leistungen, die im Stift im 18. Jahrhundert erbracht wurden.“ Nicht wenige Melker Mönche seien gleichsam „nebenberuflich“ auch noch Universitätsrektoren oder zumindest Professoren gewesen.
Historische Bücher als „wichtige Wissensspeicher“
Beim historischen Buchbestand des Stifts handle es sich nicht um irgendwelche Bücher, „sondern um wichtige Wissensspeicher“, ergänzte Landeshauptfrau Mikl-Leitner. Es zeichne das Stift aus, diese Bücher nicht nur zu renovieren, sondern auch zu digitalisieren und somit einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Die Digitalisierung ist dabei höchst aufwendig: Mittels handschriftenspezialisierter Instrumentarien der Digitalisierung sollen bislang unbekannte oder schwer zugängliche Werke systematisch erschlossen werden. Auf diese Weise sollen einerseits Forschung und Breitenwirkung gestärkt und gleichzeitig der konservatorisch heikle Buchbestand geschont werden.
Niederösterreich sei stolz auf die vielen Kirchen, Stifte und Klöster im Land, sagte Mikl-Leitner. „Wir können uns Klösterreich nennen“, sagte die Landeshauptfrau und sprach zugleich von einer großen „Verantwortung und Verpflichtung“, die damit einhergehe. Die Stifte, Kirchen und Klöster seien „wichtige spirituelle Kraftorte, an denen wir unseren christlichen Glauben ausüben dürfen, innehalten dürfen und Kraft tanken können. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen wir Halt und Orientierung brauchen, sind Stifte, Klöster und Kirchen von besonderer Bedeutung. Sie sind Ausdruck und Symbol für unsere Werte, unsere Haltung und unsere Identität. Gerade in unsicheren Zeiten brauchen die Menschen das“, unterstrich sie.
Die Mitglieder des Kuratoriums zur Restaurierung der Stiftsbibliothek Melk tagten am 11. April 2025 unter dem Vorsitz von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (7. v. r.). (c) Franz Gleiß
Stift als „Visitenkarte“
Das Stift Melk sei zudem eine besondere niederösterreichische „Visitenkarte in die Welt hinaus“. Es komme nicht von ungefähr, dass das Stift im Vorjahr 455.000 Besucherinnen und Besucher zu verzeichnen hatte.
Erwin Hameseder, Präsident des Fördervereins „Ex Litteris Immortalitas“, berichtete bei der Pressekonferenz, dass der Förderverein im Jahr 2024 etwas über 100.000 Euro aufgebracht habe. Unter anderem sei das durch Sponsoren, Buchpatenschaften und ein Fundraising-Dinner gelungen. „Der Unterstützungsverein wird immer breiter aufgestellt“, bilanzierte Hameseder positiv. Ziel sei es, die Wirtschaft aus der Region zunehmend einzubinden. So solle es auch heuer wieder gelingen, zehn Prozent der Renovierungskosten beizutragen, zeigte sich Vereinspräsident zuversichtlich.
Bedeutende Bestände
Der Buchbestand der Stiftsbibliothek Melk umfasst rund 130.000 Bände. Das Herzstück der Sammlung bilden dabei die 1.800 Handschriften, von denen knapp 1.250 im Mittelalter entstanden sind – ein quantitativer Topwert, nicht nur für eine kirchliche Sammlung. Die 750 Inkunabeln, Drucke vor 1500, bezeugen einen erfolgreichen medialen Übergang des Bestandes vom späten Mittelalter in die Frühe Neuzeit. In den folgenden Jahrhunderten vervielfacht sich der Druckbestand. Noch heute werden Neuerscheinungen im Hinblick auf die Sammelgebiete angekauft und Nachlässe integriert.
Der Buchbestand der Stiftsbibliothek Melk umfasst rund 130.000 Bände. (c) Stift Melk, Peter Böttcher
Zu den besonderen Schätzen des Bestandes zählt das älteste Buch, das im heutigen Niederösterreich überliefert wurde: eine Abschrift naturkundlicher Abhandlungen des Beda Venerabilis aus dem frühen neunten Jahrhundert (Cod. 412). Im „Annalencodex“ (Cod. 391) findet sich mit dem „Melker Marienlied“ das älteste erhaltene Marienlied in deutscher Sprache (zweites Viertel des zwölften Jahrhunderts).
Bibliothek gibt es seit Besiedlung
Eine Bibliothek gab es in Melk schon seit der Besiedlung des Felsens durch die Benediktinermönche im Jahr 1089, als diese Bücher aus dem oberösterreichischen Kloster Lambach mitbrachten. Die Herstellung handschriftlicher Codices wurde bald durch eine hauseigene Schreibstube betrieben, weitere Schriften kamen durch Schenkung, Tausch oder Erwerbung in den Bestand. Der verheerende Brand von 1297 macht es den späteren Generationen leider unmöglich, die bis dahin gesammelten Werke vollständig zu bestimmen.
Die erhaltenen lateinischen Lehrtexte bezeugen aber jedenfalls eine bestehende Schule im Kloster, die auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten weitergeführt wurde. Der Höhepunkt in der Melker Handschriftenproduktion und Sammeltätigkeit lag im 15. Jahrhundert. Die heute bekannten historischen Räume gehen auf das 18. Jahrhundert zurück, als das Kloster vollständig barockisiert wurde und Erweiterungen wegen des wachsenden Druckbestands notwendig waren.
Seit der Fertigstellung der Bibliothek im Jahr 1736 ist diese ohne Unterbrechung in Betrieb. Die aktuelle Restaurierung ist die erste umfassende Renovierung überhaupt.
Quelle: kathpress