Das Jahrhundert der Rückkehr des Religiösen
Das Symposium wurde vom Archivar und Kustos der stiftlichen Sammlungen, Herr Nicolaus Buhlmann, offiziell eröffnet. In seiner Begrüßungsrede wies er darauf hin, dass sich das Jubiläumsjahr auf die Grundsteinlegung der Stiftskirche beziehe; die Wurzeln der gesamten Stiftsanlage sei vermutlich wesentlich älter. Nach einem kurzen Überblick der Stiftgeschichte betonte Herr Nicolaus, dass eine der ursprünglichen Aufgaben der Gemeinschaft auch die Beschäftigung mit den Kulturgütern sei. Das Stift besitze die größte private Bibliothek des Landes und eine große Kunstsammlung, die bis in die Neuzeit reicht. Das Symposium beschäftige sich mit dem 19. Jahrhundert, und das sei auch für Klosterneuburg eine wichtige Epoche. Stift Klosterneuburg hatte zu diesem Zeitpunkt schon eines der ersten öffentlichen Museums des Kontinents. Das ganze Jahrhundert war eine Aufbruchszeit für Klosterneuburg. Sein Wunsch: „Ich bin gespannt, zu sehen, ob es gelingt, ähnliche Zeugnisse eines erfüllten, eines dynamischen 19. Jahrhunderts in den anderen Stiften auszumachen. Ich hoffe, dass die Tagung dazu beiträgt!“
Pater Rauch: Orden erhalten Großteil dieser Werke Pater
Erhard Rauch, Generalsekretär der Superiorenkonferenz der männlichen Orden Österreich, begrüßte die TagungsteilnehmerInnen namens der Ordensgemeinschaften Österreich. Er konzentrierte sich in seiner Eröffnungsrede auf das 19. Jahrhundert als das Jahrhundert der Rückkehr des Religiösen. Es sei eine Blütezeit der Ordensgründungen gewesen; viele Kongregationen hätten in dieser Zeit ihren Ursprung. Aber Ordensgründungen wären in der Regel oft Antworten auf bestimmte Nöte der Zeit. So wurde zum Beispiel die Schulpflicht eingeführt, doch Bildungseinrichtungen blieben oft den Knaben vorbehalten. „Hier leisteten natürlich die Frauenorden für die Bildung der Mädchen einen bedeutenden Dienst“, hielt Pater Rauch fest.
Kunst und Kultur war nicht mehr nur für Experten und Wohlhabende, sondern jeder konnte mitreden und mitgestalten, dadurch sei diese Epoche nicht immer sehr wertgeschätzt worden. „Gerade Ordensgemeinschaften wirkten manchmal mehr bewahrend als klassifizierend“, betonte Pater Rauch. „Umso wichtiger und bedeutender ist es nun, über diese Epoche mehr zu erfahren, um die Werke besser einordnen zu können. Dieses Symposium ist eine Zusammenarbeit von Ordensgemeinschaften, die einen Großteil dieser Werke erhalten und akademischer Forschung, die auch Kriterien der Wertschätzung entwickelt.“
Helga Penz: Symposium sucht Ursprung dieser gewaltigen Stilprägung
Die Keynote hielt Helge Penz, Leiterin des Referats für die Kulturgüter der Ordensgemeinschaften Österreich. Sie wies darauf hin, dass die Grundidee des Symposiums sei, sich nicht nur auf das Stift Klosterneuburg, sein Jubiläum und seine Geschichte, zu konzentrieren, sondern das 19. Jahrhundert in einem breiteren Kontext in der Ordenslandschaft sehen. Das 19. Jahrhundert sei das Jahrhundert der Rückkehr des Religiösen, etwas, was die Aufklärung und der Fortschrittsglaube bereits für obsolet erklärt hatten. Vom diesem Aufbruch sei die katholische Kirche bis heute geprägt. Helga Penz: "So gut wie jede Kirche und jedes Kloster erhielt im 19. Jahrhundert Umgestaltungen, die das Erscheinungsbild heute noch kennzeichnen."
Parallelen zeigten sich auch heute; doch die moderne Suche nach Spiritualität fände ihre Antworten nicht unbedingt im Kirchlichen. Helga Penz: „Wir haben uns vorgenommen, bei diesem Symposium den Ursprung der gewaltigen Stilprägung dieser Epoche, den Willen zur Neugestaltung, der besonderen Verbindung von Vergangenheit und Moderne, den theologischen Hintergründen und praktischen Konsequenzen in der religiösen Kunst und Kultur des 19. Jahrhunderts im klösterlichen Bereich nachzugehen.“
Vortragende und Themen
Es werden unter anderem sprechen: Michael Thimann (Göttingen) über religiöse Kunst im 19. Jahrhundert, Mareike Hartmann (Osnabrück) über kirchliche Kunsttheorien, Klaus Niehr (Osnabrück) über Mittelalterrezeption in der kirchlichen Kunst des 19. Jahrhundert, Theodor Brückler (Wien) über die Zentralkommission und die österreichischen Klöster, Michael Schiebinger (Wien) über Ordensgemeinschaften als Bauherren von Sakralbauten im Vormärz und Andreas Nierhaus (Wien) über Otto Wagners Klosterprojekte um 1900.
Das Symposium ist öffentlich zugänglich für Interessierte und kostenlos.
Der Traum vom Kloster. Kunst und Kultur der Orden im 19. Jahrhundert.
Symposium 15. - 17. Oktober 2014
Stift Klosterneuburg, Augustinussaal
Stiftsplatz 1, 3400 Klosterneuburg
[rs]