Gleichgewicht zwischen Gebet und Arbeit wird für Ordensgemeinschaften immer schwieriger
Dem "Mönchsvater" Benedikt von Nursia (480-543) sei es darum gegangen, "dass der Mönch in all seinem Tun Gott verherrliche, gerade auch durch seine Arbeit und das Wirtschaften im Kloster", umriss P. Bernhard Eckerstorfer vom Stift Kremsmünster Grundsätze von Benedikts bis heute maßgeblichen Ordensregel, die auch Ausgangspunkt der Tagung bildete. Arbeit gehöre laut dem Heiligen wesentlich zum Mönchsein, "ja ohne sinnvoller Tätigkeiten kann er kein geistlicher Mensch sein", so Eckerstorfer.
Als Gefahr in vielen Klöstern ortete Eckerstorfer, dass der Arbeit automatisch Priorität über dem Gebet oder der geistlichen Lesung zukomme: "Mit der Arbeit kann man auch im Kloster viel entschuldigen, oft sogar das leichtfertige Fernbleiben vom Chorgebet." Wo Arbeit zur Flucht vor dem zuweilen recht mühsamen geistlichen Leben werde, sei sie ein Alibi, sich nicht dem stellen zu müssen, was eigentlich von der Gemeinschaft und der persönlichen Christusnachfolge geboten wäre. So entstünden zuweilen "kleine Königreiche" eines Mönchs, der sich durch die Arbeit abkapsle. Benedikt habe dies sehr scharf gesehen und geboten, in einem solchen Falle solle der Abt den betreffenden Mitbruder von dieser Arbeit entpflichten.
Eckerstorfer warnte auch davor, dass sehr viel in äußere Bestandserhaltung gesteckt werde auf Kosten einer inneren Erneuerung: "Manch eine Abtei steht frisch renoviert in der Landschaft, aber eigentlich ist sie ein seelenloser Ort geworden. Äußerlich erstrahlt sie, im Grunde ist sie innerlich aber abgewirtschaftet." Für Obere könne es leichter sein, "mit Bauunternehmen und Eventmanagern zu verhandeln als sich dem mühsamen Aufbau des eigenen Konvents zu verschreiben".
Der Ordensmann plädierte weiters auch für eine ordensinterne Offenheit für Neuerungen. Junge Menschen würden bei Kloster-Neueintritten ihre Welt mitbringen, "durch oft schon erhebliche Arbeitserfahrungen, die der Gemeinschaft zugute kommen und auch zu einem ganz natürlichen Aggiornamento hinter Klostermauern führen könnten". Charismen und Sichtweisen der jüngeren müsse die Ordensgemeinschaft allerdings auch aufnehmen und sich durch sie erneuern lassen. Eckerstorfer: "Leider wird manchmal von Mitschwestern oder Mitbrüdern gesagt: Das war schon immer so, wir haben uns unsere Arbeit auch nicht aussuchen können."
Geistliches Vakuum
Das Ordensprinzip "Ora et Labora" ("Bete und arbeite") sei oft nur schwer durchzuhalten, räumte auch Sr. Michaela Pfeiffer, Generaloberin der Marienschwestern vom Karmel, ein. Viele Klöster befänden sich in derart schwieriger personeller und finanzieller Lage, dass sie nur mit Mühe neben dem "Labora" auch noch das "Ora" beibehalten könnten. Die Überforderung durch ein Übermaß an Arbeit wirke sich auch negativ auf das Gemeinschaftsleben aus. Anzeichen dafür seien schon die Schwierigkeiten, alltägliche Gemeinschaftsdienste wie Tischdienst oder Tischlesung sicherzustellen, berichtete Pfeiffer.
Führt eine Ordensgemeinschaft Wirtschaftsbetriebe oder andere Werke, dann müssten aufgrund der Überalterung und des Ausbleibens des Ordensnachwuchses immer weniger Ordensleute immer mehr Arbeit leisten. Pfeiffer: "Stets überhetzte und gereizte Mönche und Nonnen sind nicht nur eine schlechte Werbung, sondern lassen auch auf ein geistliches Vakuum in den betreffenden Personen schließen."
In vielen Gemeinschaften hätten die Mitglieder inzwischen auch hoch qualifizierte Ausbildungen und würden speziellen Berufen nachgehen, berichtete Pfeiffer. Das berge aber auch Gefahren, seien diese Berufe doch oft kaum mehr mit einem Gemeinschaftsleben vereinbar. Dazu komme noch der Wunsch nach individuellen Freizeiten.
Rückbesinnen auf "Firmenphilosophie"
Ähnlich wie Eckerstorfer verwies auch Pfeiffer auf die Benediktusregel, die von dem Prinzip des "Rechten Maßes" durchzogen sei. Jede Gemeinschaft sei beispielsweise aufgefordert, einen Ausgleich zwischen Arbeitszeit und Zeit für die geistliche Lesung zu finden. Dieser täglichen "lectio divina" sollte dabei höchste Priorität gegeben werden. Die Reihung "Ora" vor "Labora" sei grundlegend für die monastische "Firmenphilosophie".
[rs]