Frauenhandel ist in Oberösterreich Thema
Rund 250 Personen verschiedenster sozialer Einrichtungen und Organisationen trafen im Ursulinenhof zusammen, um sich zu informieren, differenzierte Hintergrundinformationen zu bekommen sowie ein Netzwerk gegen Menschenhandel im westlichen Österreich aufzubauen. Durch die Anwesenheit von SpitzenvertreterInnen aus Politik, Kirche und NGOs wurde die Dringlichkeit des Anliegens unterstrichen.
Menschenhandel heißt Schlepperwesen, Zwangsprostitution, Gewalt und Unterdrückung
Die Salvatorianerin Sr. Maria Schlackl initiierte den Prozess in Oberösterreich und drückte bei ihrer Begrüßung ihre Freude darüber aus, dass so vielen Menschen die Sache ein Anliegen sei. „Das Thema Menschenhandel ist unangenehm und schwierig. Es braucht eine Vertiefung und Beschäftigung mit den Hintergründen von Menschenhandel. Menschenhandel ist gepaart mit Schlepperwesen, Zwangsprostitution, Traumata, Gewalt und Unterdrückung. Es ist ein großes Verbrechen“, so Sr. Maria Schlackl.
Die Salvatorianerin Sr. Maria Schlackl initiierte den Prozess in Oberösterreich
In den größeren europäischen Zusammenhang stellte Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer das Thema Menschenhandel in seinem Statement: „Eine Initiative wie heute Abend klagt auch an, dass wir in Europa noch nicht fähig sind, diese Verbrechen zu beenden.“ Es brauche einerseits eine Sensibilität in der Öffentlichkeit und Gesellschaft und Hilfe für die betroffenen Menschen. Andererseits das Zusammenarbeiten in Europa und mit den Herkunftsländern der Frauen, so der oberösterreichische Landeshauptmann.
Umgang der Männer mit Sexualität
Von Seiten der christlichen Kirchen und der Katholischen Kirche in OÖ brachte DDr. Severin Renoldner das Thema mit den Prinzipien der Soziallehre und des ökumenischen Sozialwortes in Zusammenhang. „Es ist niemand moralisch berechtigt, andere Menschen zu erniedrigen“, so Renoldner: „Das Thema hat wesentlich etwas mit dem Umgang der Männer mit Sexualität zu tun. Denn wären Mädchen und Frauen nicht in großem Maße begehrt, würde sich Menschenhandel nicht zu einem Geschäft entwickeln. Es muss der Gesellschaft und globalen Welt ein Anliegen sein, dieser modernen Schuldsklaverei entgegenzuwirken.“ Renoldner forderte die politisch Verantwortlichen auf, die Beweislast in der Gesetzgebung zu ändern und der „ökonomisierten Globalisierung“ eine „soziale Globalisierung“ entgegenzustellen.
Auftaktveranstaltung im Linzer Ursulinenhof „Aktiv gegen Menschenhandel in OÖ“
Traumatisierte Frauen ohne Selbstbestimmung
In einem ExpertInnengespräch wurde das Thema Menschenhandel von unterschiedlichen Seiten beleuchtet. Sr. Anna Mayrhofer FMM, Leiterin SOLWODI-Schutzwohnung Wien schilderte eindrücklich die schrecklichen Lebensgeschichten der betroffenen Frauen. Die Frauen kommen aus nicht funktionierenden Familien, aus Armut, meist mit sehr schlechter Bildung. Durch die jahrelange Gewalt- und Abhängigkeitsgeschichte seien sie traumatisiert und nicht fähig selbstbestimmt zu handeln. So sei es dann auch bei einer Befreiung und einer gerichtlichen Verfolgung der Täter für diese traumatisierten Frauen sehr schwierig, den Gerichtsprozess als Opfer und Zeugin selbstbestimmt mitzugehen. Die Befreiung und Heilung sei ein ganz langer Weg mit sehr kleinen Schritten.
Globale Dimension des Menschenhandels
Joana Adesuwa Reiterer, Verein Exit-Wien, stellte die globale Dimension des Menschenhandels dar. Ihr Engagement gilt daher auch der Aufklärung und den Maßnahmen in den Herkunftsländern der Frauen. Joana Adesuwa Reiterer nannte als eine Ursache des Menschenhandels die vorherrschende globale Ideologie des Wirtschaftens und die unzureichende europäische Migrationspolitik.
Einblick in die Arbeit der Polizei
Oberst Gerald Tatzgern B.A. M.A. vom BMI zur Bekämpfung von Menschenhandel in Österreich gab in seinem Statement Auskunft über die Rechtslage und Fakten von Menschenhandel in Österreich. Das sehr komplexe Feld des Menschenhandels sei begründet darin, dass jeder Fall einzigartig sei, jede Geschichte konkrete Menschenleben betreffe und die bestehenden Beziehungen der Menschen zu berücksichtigen seien. Er stellte dar, wie Beamte und Richter speziell für dieses Thema geschult werden, um sensibel damit umzugehen und das Verhalten der betroffenen Frauen besser verstehen zu können. Er schilderte auch die komplexe Situation der traumatisierten Frauen als Zeuginnen und identifizierte Opfer.
Weiterarbeit in Oberösterreich und im Westen Österreichs
Sr. Patricia Erber SDS, Obfrau von SOLWODI Österreich stellte die Arbeit von SOLWODI Österreich vor. Gegründet in Kenia und Deutschland wurde von den Frauenorden Österreichs 2012 eine Schutzwohnung für betroffenen Frauen in Wien errichtet. Derzeit werden acht Frauen von SOLWODI betreut. Die Begleitung und Unterstützung der Frauen aber auch die Öffentlichkeitsarbeit ist dem Verein wichtig. Die Katholische Frauenbewegung Österreich und die LeserInnen der Zeitschrift Welt der Frau übergaben am Donnerstagabend eine Spende von 20.000 Euro an SOLWODI Österreich.
Performance und Tanz: Frau als HandelsWare - Carmen Fallwickl mit Gruppe
Die Veranstaltung im Ursulinenhof war der Auftakt der Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel in OÖ“. Im Jänner 2015 soll eine Projektgruppe mit VernetzungspartnerInnen die Planung für eine Weiterarbeit in Oberösterreich und im Westen Österreichs übernehmen.
Fotos: Diözese Linz
[rs]