Ordensschulen: Bildung ist Kerngeschäft der Kirche
Die Bildung bezeichnete Luftensteiner als "Kerngeschäft der Kirche", wobei es speziell um einen ganzheitlichen Bildungsauftrag gehe, "der Kinder und Jugendliche in ihrer Individualität wieder ernst nimmt". Bewusst wollten die Ordensschulen vom heutigen "Machbarkeitswahn" Abstand nehmen sowie von einer "Verzweckung des Menschen, denn man kann aus Menschen nichts machen", so der Bildungsexperte, der sich auch von "reiner Wissensvermittlung" distanzierte.
Bewusst hätten die Ordensschulen hingegen die Persönlichkeitsbildung in ihre pädagogischen Konzepte integriert. Jungen Menschen sollten Hilfe dabei erhalten, "gesunde, kritische und selbständige Erwachsene zu werden, die sich selbst und andere mit all den Fehlern und Schwächen sehen und annehmen können". Dazu gehöre auch die Fähigkeit, Gemeinschaft zu leben und empathiefähig zu sein.
Christliche Schulen würden "ganz massiv" gegen eine "Erziehung zur Gleichgültigkeit" eintreten und somit einen Kontrapunkt zur Leistungs- und Konsumgesellschaft setzen. Gespeist werde diese Haltung aus christlichem Hintergrund. Der christliche Glaube, das Leben sei ein Geschenk und noch vor jeder Leistung in sich wertvoll, ermögliche eine "doch sehr eigene Zugangsweise" zum Leben, so Luftensteiner. Auch Rückschläge würden dabei in Kauf genommen, zudem erhielten Kinder und Jugendliche somit Zeit zum Wachsen. Diese Haltung gehe in der "oft sehr kapitalorientierten" Gesellschaft immer mehr verloren, betonte der Schulexperte mit Verweis auf den Umgang der Gesellschaft mit Arbeitslosen, Pensionisten oder anderen Menschen, die nicht im Leistungsprozess integriert sind.
Konkret zeige sich diese Denkweise etwa am Fall eines Schülers, der eine Klasse wiederholt, führte Luftensteiner aus: "Meist schreit man hier gleich auf und sagt, wir haben so und so viel tausende Euro Verluste, weil der Jugendliche noch nicht im Arbeitsprozess ist. Angebracht wäre jedoch zu sehen, dass der Betroffene eben noch ein Jahr braucht. Was ist so schlimm daran, eine Klasse zu wiederholen?"
Viele der insgesamt 226 Ordensschulen österreichweit werden von den Orden aufgrund ihres Mitgliederschwundes nicht mehr in Eigenregie geführt. Meist wurde die Aufgabe des Schulerhalters an Trägervereine weitergegeben, die sie etwa bei der Schulverwaltung oder der wirtschaftlichen Führung der Schulen entlasten. Ein Beispiel dafür ist der Verein "Vereinigung von Ordensschulen Österreichs", der 1993 gegründet wurde und heute als Erhalter von 21 Ordensschulen - vornehmlich in Wien, Niederösterreich und Burgenland - fungiert.
Angesichts des Rückgangs an Ordensleuten investieren die Schulerhalter der Orden stark in Schulungen ihrer Mitarbeiter, "um das Ordens-Charisma innovativ und zukunftsorientiert zu verankern", wie Luftensteiner hervorhob. Zwei Punkte würden seiner Ansicht nach darüber entscheiden, ob Ordensschulen eine Zukunft hätten: "Sie müssen wirtschaftlich positiv bilanzieren. Und sie müssen das jeweilige Ordens-Charisma am Leben erhalten und widerspiegeln."
Ersetzt könnten die Orden in ihren konkreten Gemeinschaften nicht werden, "aber wir können versuchen, ihr jeweiliges Charisma am Leben zu erhalten, auf die Metaebene zu heben und ein pädagogisches Konzept herauszuarbeiten", so Luftensteiner. Dabei müsse man freilich weiter gehen als das bloße Orientieren des eigenen Programms am Kirchenjahr und an religiösen Festivitäten. Zur Unterstützung der Schulen bei dieser Aufgabe sei seit kurzem ein eigener Mitarbeiter für die Schulpastoral - Josef Prikoszovits - angestellt.
Siehe auch die Artikeln vom 11. November 2014 bzw. vom 10. September 2014.
[rs]