Klimapilgern: Der "Rucksack der Alternativen" ist prall gefüllt und reist zum Klimagipfel nach Paris
Auf der Gästeliste in Saint-Denis stehen neben französischen Politikern - Präsident Francois Hollande, Außenminister Laurent Fabius, der gleichzeitig Präsident des Weltklimagipfels "COP21" ist, und Umweltministerin Segolene Royal - u.a. auch der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick, der Präsident der Evangelischen Kirche Deutschlands Heinrich Bedford-Strohm und der Generalsekretär des Weltkirchenrates Olav Fykse Tveit.
Einladung zum Mitgehen als Solidaritätszeichen
Der "Ökumenische Pilgerweg für Klimagerechtigkeit" hatte seit seinem Start am 17. Oktober am Wiener Stephansplatz politisches Engagement für mehr Klimagerechtigkeit mit spirituellen Aspekten verbunden. Der Einladung zum Mitgehen, das auch ein Solidaritätszeichen mit vom Klimawandel Betroffenen sein soll, waren zahlreiche Akteure der Gesellschaft gefolgt und haben eine oder mehrere der 22 Tagesetappen begleitet.
Eine Station auf dem Klimapilger-Weg war die Benediktinerabtei Michaelbeuern, die bereits 1985 eine eigene Fernwärmeanlage installiert hatte; übrigens die erste im Bundesland Salzburg. Abt Johannes Perkmann: "Unser kleiner Beitrag, Gottes Schöpfung zu wertschätzen und zu ehren.“ (c) Ordensgemeinschaften Österreich/Ferdinand Kaineder.
Zu ihnen gehört unter anderem der neue Generalsekretär der Superiorenkonferenz, P. Franz Helm, der Geschäftsführer der Koordinierungsstelle (KOO) der Bischofskonferenz für Entwicklung und Mission, Heinz Hödl, sowie der Wiener serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Cilerdzic. Entlang der Route besuchten die Klimapilgerinnen und Klimapilger Kircheneinrichtungen, Umwelt- und Nachhaltigkeitsinitiativen.
Kaineder: Radikaler Bruch mit dem gängigen Wachstumsparadigma
Besonders beeindruckt zeigte sich Ferdinand Kaineder, Mediensprecher der Ordensgemeinschaften Österreichs und Mitglied des KlimapilgerInnen-Kernteams, bei der Abschlussfeier vom Projekt der St. Pöltner Druckerei "gugler*". Sie stellt weltweit als erstes Unternehmen Druckprodukte her, die vollständig in den Biokreislauf zurückgeführt werden können.
Kaineder zog ein persönliches Resümee zur Pilgerreise durch Österreich: "Ich bin 'für und mit allen Menschen' gegangen, die unter den Schieflagen unserer Gesellschaft und den ausbeuterischen Systemen unseres Wirtschaftens leiden oder gar zu Tode kommen. In besonderer Weise sind es heute die Flüchtlinge und indigenen Völker, denen Technokraten und Geld-Ökonomen die Lebensgrundlage entziehen. Die Natur strahlt so viel Frieden aus und der Mensch führt Krieg gegen sie. Das Gehen hat mich versöhnter gemacht und gleichzeitig radikaler gegenüber unseren gesellschaftlichen Eliten."
Die Schülerinnen und Schüler der Franziskusschule der Franziskanerinnen in Vöcklabruck, eine Pilgrim-Schule, lieferten viele konkrete Vorschläge für den "Rucksack der Alternativen". (c) Ordensgemeinschaften Österreich/Ferdinand Kaineder
Das Welt- und Menschenbild der Enzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus könne das neue Fundament einer neuen Welt werden. Kaineder: "Das Gehen und Pilgern hat mich darin bestärkt, das technisierte Menschenbild sehr kritisch zu sehen und durch das spirituelle und ökölogische Menschenbild noch konsequenter zu ersetzen. Wer geht, wird fast automatisch dorthin geöffnet." Vom Weltklimagipfel in Paris erwartet er sich einen "radikalen Bruch mit dem gängigen Wachstumsparadigma. Solidarische Ökonomie soll das neue Paradigma werden".
Was war die größte Herausforderung auf dem rund 370 Kilometer langen Fußmarsch für Kaineder? "Weitgehen ist heilsam. Das war auch diesmal über diese 21 Tage meine Erfahrung. Da ich körperlich keine Beschwerden hatte, musste ich nichts verschmerzen. Mental und spirituell habe ich die TagespilgerInnen als besondere Bereicherung erlebt. Offenheit und Bewegung lassen immer wieder Menschen ganz leicht mitgehen. Eine besondere Erfahrung war, dass wir so wunderbar zusammen gesungen haben, obwohl wir uns untereinander vorher nicht gekannt haben. Der gemeinsame Weg hat in vielen Gesprächen, im Schweigen, im Hinhören Ideen und eine Pilgergemeinschaft 'entfaltet'. Eine tiefe Dankbarkeit hat mich von Tag zu Tag mehr erfüllt. Die Natur ist die beste Lehrmeisterin des Lebens."
Appel: Es braucht internationale Vereinbarungen
Anja Appel, Geschäftsführerin der Katholischen Frauenbewegung Österreich (kfbö) und ebenfalls Mitglied des Kernteams, hob die große Zahl von veränderungsbereiten Bürgern hervor. "Wir haben einerseits auf unserem Weg so viele Menschen getroffen, die das Thema Klimaschutz bewegt und die deshalb etwas zu verändern suchen. Andererseits haben wir auch immer wieder Skepsis vernommen, wen es um die politischen und ökonomischen Impulse ging", so Appel. Das große Engagement bei vielen klimaschonenden Initiativen in der Bevölkerung zeige, dass sich viele Menschen über die notwendigen Veränderungen der Lebensweise bewusst seien. Zu einem nachhaltigen und wirkungsvollen Klimaschutz brauche es aber auch international verbindliche und sanktionierbare Vereinbarungen zum weltweiten Ressourcenverbrauch und zum finanziellen Ausgleich zwischen Gesellschaften.
Am 8. November 2015 feierten die Klimapilgerinnen und Klimapilger den Abschluss des „Ökumenischen Pilgerwegs für Klimagerechtigkeit“ mit einer Sendungsfeier in Itzling bei Salzburg. (c) Ordensgemeinschaften Österreich/Ferdinand Kaineder
Holztrattner: Kirche muss treibende Kraft sein
Die Leiterin der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe), Magdalena Holztrattner - sie ist Mitinitiatoren des Pilgerwegs -, nahm die Kirchen in die Pflicht. Sie müssten treibende Kräfte sein und noch stärker mit gutem Beispiel vorangehen. Dass sich die Österreichische Bischofskonferenz bei ihrer Herbstvollversammlung beim Thema Umwelt mit der kirchlichen Selbstverpflichtung auseinandersetze und entsprechende Beschlüsse zu erwarten seien, sei sehr zu begrüßen.
Mehr Infos: www.klimapilgern.at
[rs]