P. Bernd Hagenkord: Franziskus zeigt die Entwicklung der Kirche von morgen
Er gilt als einer der versiertesten Experten zum Thema Papst Franziskus im deutschsprachigen Raum: P. Bernd Hagenkord ist seit 2009 Leiter der deutschen Abteilung von Radio Vatikan und damit hautnah mit den täglichen Geschehen im Vatikan konfrontiert. Am 2. Medientag 2015 der Ordensgemeinschaften Österreich am 2. Dezember 2015 in Salzburg berichtete der Jesuit, der neben Theologie auch Journalistik und Geschichte studiert hatte, in zwei Impulsreferaten über das Verhältnis von Papst Franziskus zu den Medien und zu den Orden.
Franziskus ist genialer Kommunikator
„Bei diesem Papst muss man bei der berühmten Balkonszene am 13. März 2013 anfangen. Da kommt ein Mann auf den Balkon, der nie vorher öffentliche Auftritte gemacht hat, und mit drei, vier Gesten schlägt er die komplette Medienlandschaft, von den Menschen am Petersplatz ganz zu schweigen, in den Bann. Jemand, der keine Ahnung von Kommunikation hat, macht alles richtig“, zeigt sich P. Hagenkord von Franziskus begeistert. Sein Erfolgsgeheimnis: „Dieser Papst liebt die Menschen, und das kommuniziert er auch“, bringt es der Vatikan-Kenner auf den Punkt. Franziskus sucht die Nähe von Menschen; er hat keine Angst vor ihnen und lässt auch keine Distanz aufkommen. Er geht auf die Menschen zu, und wenn er mit jemanden spricht, dann ist diese Person für ihn gerade die wichtigste auf der ganzen Welt. „Franziskus ist unglaublich authentisch“, sagt P. Hagenkord, „da spielt er in derselben Liga wie Mutter Teresa oder der Dalai Lama.“
Seine Authentizität ist auch der Grund, warum man Franziskus Kommunikationsfehler verzeiht. Der Bischof von Rom verwendet eine einfache und verständliche Sprache, die aber in ihrer Direktheit auch manches Mal aneckt oder missverstanden werden kann. Für den Journalisten Hagenkord besteht die größte Herausforderung allerdings in der Frage: Wie kommuniziert man diesen Mann? Denn der Papst entzieht sich der schnellen Erklärungen. Dabei verabschiedet er sich auch von Wertvorstellungen wie „liberal“ und „konservativ“, sondern denkt eher in Dimensionen wie „konstruktiv“ versus „destruktiv“. Er marschiert los und vertraut auf den heiligen Geist. Das Anstoßen von Prozessen ist ihm wichtiger als Positionen zu entwickeln. Franziskus liebt Verben der Bewegung: losgehen, vorangehen, mitgehen - Schritt für Schritt zu einer Kirche, die Verkünder ist. Die Frage „Wann endlich?“ funktioniert bei diesem Papst nicht. „Was wir kommunizieren müssen“, so Bernd Hagenkord, „in ihm sehen wir die Entwicklung zur Kirche von morgen.“
Man muss bei Franziskus von „den Rändern denken“. Wenn man die Welt von dort sieht, hat man einen anderen Blickwinkel, denn das ist die Perspektive Jesu.
Orden: Jesus steht im Zentrum
Diese Sichtweise „von den Rändern“ gelte auch, oder besser gesagt, vor allem für Ordensleute. Voraussetzung dafür seien allerdings drei Zeugnisse, deren Wichtigstes lautet: Jesus steht im Zentrum. Nur wer Jesus im Zentrum hat, kann an die Peripherien gehen.
Es ist die Grundsatzfrage, warum dreht sich das Leben meiner Gemeinschaft. "Wir tun das nicht, weil wir ein Kloster haben, weil wir ein Ordenskrankenhaus oder eine Ordensschule unterhalten, sondern weil da Jesus ist. Sonst funktioniert das nicht“, bringt es P. Hagenkord auf den Punkt. „Der Papst sagt, Wahrheit ist Begegnung.“
Als zweites Zeugnis nennt Franziskus die Armut; sie ist die Mutter und die Mauer des Ordenslebens. „Der Papst meint einmal ein wenig ironisch, das Beste, was einer Kongregation passieren kann, ist ein schlechter Verwalter“, erinnert sich der Vatikan-Experte. Der Kern des Ordenslebens ist ein armes Leben. Hagenkorb: „Was die Armut angeht, ist Franziskus bei uns Ordensleuten sicherlich am unbequemsten.“
Das dritte Zeugnis ist das der Barmherzigkeit – wobei Franziskus die sieben Werke der Barmherzigkeit nicht im übertragenen Sinn meint, sondern tatsächlich. „Das ist von Franziskus ganz, ganz konkret gemeint“, betont Bernd Hagenkord. „Er sagt zu den Ordensleuten: Macht das!“
Für den Papst stellt sich auch die Frage, was sehen die Menschen, wenn sie Ordensgemeinschaften anblicken. Sie sehen den Geist des Gebetes, sie sehen Gemeinschaftsleben, die Liebe zur Kirche und den apostolischen Drang. Ordensleben sei ein ständiges Suchen und der Wunsch, die Welt zu verändern. Dabei bedient sich Franziskus auch einer anderen Sprache: Sie wird poetischer und spiritueller. „Man merkt, das ist Franziskus ein wichtiges Anliegen“, betont P. Hagenkord. „Da sind Zumutungen drin, denen wir uns als Orden stellen müssen als Beitrag zum Christsein im 21. Jahrhundert.“
Das Impulsreferat "Der Papst und die Medien" zum Nachhören
Das Impulsreferat "Der Papst und die Orden" zum Nachhören
[rs]