Präsidentin Sr. Beatrix Mayrhofer: Ich würde PISA sofort stoppen!
„Schwester Courage“ – so bezeichnet das Ö1-Journal Präsidentin Sr. Beatrix Mayrhofer, Pädagogin, Philosophin, Theologin und bis zu ihrer Pensionierung Leiterin des Gymnasiums Friesgasse in Wien. Und couragiert steht sie Beitragsgestalter Volker Obermayr auch Rede und Antwort. „Ich würde PISA sofort stoppen“, sagt sie beim Thema Bildung im Brustton der Überzeugung. Warum? „Weil hier Fähigkeiten und Fertigkeiten getestet werden, die nicht dem gesamten Menschenbild entsprechen, die nur einen sehr spezifischen Faktor hervorheben. Es geht um den ganzen Menschen, es geht nicht um das richtige Ankreuzerln in einem Test.“ Die ehemalige Gymnasiumsleiterin würde den Schulen mehr Freiheit in den kreativen Fächern geben. „Ich glaube, dass wir in unserem Schulsystem gerade diese zusätzlichen Persönlichkeitsmerkmale viel zu sehr vernachlässigen.“
Für Sr. Mayrhofer laufe das heimische Schulsystem Gefahr, sich einer Ökonomisierung zu unterwerfen. „Marktwert in der Bildung ist sehr gefährlich“, betont Präsidentin Sr. Mayrhofer. „Wenn ich nur aus dem Grund lerne, dass ich etwas Besonderes im wirtschaftlichen Sinn leisten kann, dann wird der Mensch ‚verzweckt‘. In der Schule darf Wirtschaft nicht zum Maßstab werden. Ich denke mit Schaudern an den Slogan: Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s den Menschen gut. Ich denke, es ist genau umgekehrt. Geht’s den Menschen gut, wird es der Wirtschaft auch gut gehen.“
Nachhaltigkeit muss Dimension der Wirtschaftlichkeit sein
Letztendlich müsse für die Ordensfrau auch Nachhaltigkeit eine Dimension der Wirtschaftlichkeit sein. „Wenn wir das nicht lernen, dass ökonomisches Denken verbunden sein muss mit ökonomischem Denken, dann wird die Ökonomie eher früher als später an die Wand fahren. Dann wird sich die Wirtschaft selber ruinieren, weil sie die Menschen ruiniert. Und wenn die Menschen und die Erde kaputt sind, brauchen wir keine Wirtschaft mehr“, so Präsidentin Sr. Mayrhofer im O-Ton.
(c) Katrin Bruder
Es sei eine Entmenschlichung der Wirtschaft im Gange. „Ich habe die große Sorge, dass die Wirtschaft stärker immer mehr auf sich selber und auf den Profit schaut. Erlaubt ist, was Profit macht. Das schraubt kurzfristig den Gewinn in die Höhe, langfristig treibt das aber alle in den Ruin.“ Letztendlich dürfe man nicht auf seine Menschlichkeit vergessen. Präsidentin Sr. Mayrhofer: „Mit Zisternen, die trocken sind, kann man kein Bewässerungssystem betreiben. Nimm dir Zeit, für dich, für deine Familie – es kommt allen zugute!“
Im Interview kamen auch die Themen der gesellschaftlichen Bedeutung der Frauenorden für die heimische Gesellschaft, Möglichkeiten der Integration und Sr. Mayhofers Hobby Fußball zur Sprache.
Das ganze Gespräch des Ö1-Journals „Saldo - das Wirtschaftsmagazin“ mit Präsidentin Sr. Beatrix Mayrhofer können Sie auf der Ö1-Homepage unter http://oe1.orf.at/programm/422658 nachhören.
[rs]