25 Jahre Gesundheitszentrum für Gehörlose in Linz
Sensibilisiert durch die Taubheit des Vaters begann Johannes Fellinger (Abteilungsvorstand des heutigen Instituts für Sinnes- und Sprachneurologie) 1991 Sprechstunden speziell für Gehörlose im Rahmen der Neurologischen Abteilung des Konventhospitals der Barmherzigen Brüder Linz anzubieten, um bei gesicherter Kommunikation in Gebärdensprache, medizinische Hilfe in unterschiedlichen Bereichen bieten zu können. Die daraus entstandene Gehörlosenambulanz (das heutige „Gesundheitszentrum für Gehörlose“) wurde zwei Jahre später eröffnet. Die Erfahrungen in der damaligen Ambulanz zeigten schnell die dringende Notwendigkeit einer auf Gehörlose ausgerichtete, medizinischen Versorgung: „Unter allen Patienten mit Diabetes wussten damals nur 60% von ihrer Erkrankung. Ähnlich war die Situation bei Hypotonikern: Bei 45% wurde der Bluthochdruck im Rahmen des Ambulanzbesuches erstdiagnostiziert und bei 10% war ein chirurgischer Eingriff notwendig“, erinnert sich Fellinger heute, wo man 25.000 Behandlungen im Jahr verzeichnet.
„Vor 25 Jahren waren Gehörlose noch nicht am Radar der medizinischen Versorgung. Die Menschen waren auf sich alleine gestellt, es gab eigentlich keine Hilfsstruktur. Heute haben wir in Oberösterreich einen fast barrierefreien Zugang zur Medizin."
(c) Barmherzige Brüder Linz
Zur Jubiläumsfeier am 25. Mai erschienen über hundert Gäste, darunter beispielsweise Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer. Das Gesundheitszentrum für Gehörlose ist Teil des Konventhospitals der Barmherzigen Brüder in Linz und gilt als Vorreiter in der barrierefreien Versorgung von hörbeeinträchtigten Menschen in Österreich.
Im vergangenen Jahr wurden über 1100 Personen jeden Alters in der Gehörlosenambulanz behandelt – häufig mehrmals. „Gehörlose Patienten belasten oft seelische Probleme“, so Fellinger. „Bei vielen Patienten liegen körperliche Beschwerden vor, die sich nicht eindeutig auf eine organische Erkrankung zurückführen lassen. Studien belegen, dass psychosoziale, stressbezogene Gesundheitsstörungen bei gehörlosen Menschen doppelt so häufig vorkommen wie bei Hörenden“.
Medizinische Versorgung ist in Oberösterreich beispielhaft
Das Leistungsspektrum des Gesundheitszentrums im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder geht heute weit über eine rein medizinische Versorgung hinaus. Bei Krankenhausaufenthalten oder fachärztlichen Untersuchungen organisiert das Gesundheitszentrum für Gehörlose begleitende Dolmetscher. Befundbesprechungen erfolgen wiederum mit dem Patienten im Gesundheitszentrum. Die direkte Zusammenarbeit mit Fachärzten der Barmherzigen Brüder sowie dem Spitalspartner Barmherzige Schwestern sichert eine medizinische Topversorgung gehörloser Patienten. Ergänzend dazu bietet das Gesundheitszentrum Sozial- und Familienberatung, Angebote für gehörlose Senioren sowie Unterstützung in Berufsfragen.
In Österreich sind rund 15% der Menschen hörbeeinträchtigt und etwa 8.000 gehörlos. Demgegenüber stehen 4 Gehörlosenambulanzen (Wien, Salzburg, Graz und Linz). In 3 Bundeslänndern werden sie auch von den Barmherzigen Brüdern betrieben.
[mschauer]