In Ecuador werden Leichen auf die Straße gelegt
SOS des Landes: Hilfspakete werden dringend benötigt. (c) Proyecto Salesiano Guayaquil
Zu katastrophalen Zuständen führt die anbrechende Corona-Pandemie in Ecuador: An Hotspots der Krankheit, allen voran in der nahe dem Pazifik gelegenen Provinzhauptstadt Guayaquil, ist das Gesundheitssystem zusammengebrochen und die Behörden kommen mit den vielen Todesfällen kaum noch zurecht. Die Bischofskonferenz mahnte am Donnerstag die Regierung: Sie müsse "die Einheit und Solidarität fördern" und mit gezielten Maßnahmen - besonders betreffend der Medikamentenversorgung, des medizinischen Personals und der Infrastruktur - auf die Not des Volkes reagieren, "denn die Menschen lieben das Leben", heißt es in dem eindringlichen Appell.
In den Medien waren in den vergangenen Tagen Bilder von Leichen auf den Straßen Guayaquils zu sehen. Der Leiter des Salesianerprojekts von Guayaquil, P. Marcelo Bravo SDB, bestätigte am Freitag im Telefoninterview diese Berichte aus mehreren Stadtteilen. "Zu viele Menschen sterben in ihren Häusern, an Covid-19 oder an anderen Krankheiten, als dass die Behörden darauf rechtzeitig reagieren könnten."
Das oft tagelange Warten auf die Amtsärzte und Bestatter führe in den Barrios, in denen meist viele Menschen auf engen Raum zusammenleben, dazu, dass die Angehörigen ihre Verstorbenen auf die Straße transportieren, berichtete der der Pater. Vereinzelt komme es sogar vor, dass die Leichen vor den Häusern gemeinsam mit dem Hausmüll verbrannt würden.
Um angesichts der Überlastung der Bestatter und auch Krematorien die Kontrolle zurückzubekommen, hat Ecuadors Regierung für die Abholung und Bestattung der Toten mittlerweile Polizei und Militäreinheiten abkommandiert und Kühlcontainer für die Lagerung geordert. Dabei scheint das kleine Andenland in den weltweiten Statistiken über das Ausmaß der Coronavirus-Erkrankungen erst an weit hinterer Stelle auf - mit 3.368 bestätigten Covid-19-Infizierten und 145 eindeutig darauf rückführbaren Todesfällen (Stand Freitag). Die Dunkelziffer bei beiden Angaben dürfte jedoch weit darüber liegen, da zu wenige Patienten getestet werden.
Alle helfen zusammen. Dennoch reicht es oft nicht. (c) Proyecto Salesiano Guayaquil
Doch auch die nicht direkt vom Coronavirus betroffene Bevölkerung leide, verdeutlichte P. Bravo, etwa an den Engpässen bei Medikamenten. "Apotheken dürfen wie die Lebensmittelläden bis 14 Uhr öffnen, doch hört man nach mehrstündigem Anstellen mit dem Arztrezept am Schalter dann oft: 'Gibt es leider nicht'", so der Ordensmann. Ein enormes Problem ist zudem der Hunger: Ein großer Teil der Bevölkerung Guayaquils arbeitet im informellen Sektor, lebt von einem Tag auf den nächsten - und hat kein Geld, um Vorräte anzulegen.
"SOS des Landes"
"Unser Volk sendet ein lautes SOS an die internationale Gemeinschaft. Die Behörden kommen mit der Situation nicht mehr zurecht", so der Priester. Ecuador sei mehr denn je auf Hilfe von außen angewiesen, in verschiedenen Formen: "Wir brauchen einerseits politischen und sozialen Druck auf die Regierung, damit sie die internationale humanitäre Hilfe für die Bevölkerung zulässt und Wege dafür schafft. Wir brauchen finanzielle Solidarität zur Überwindung der Pandemie, in direkter Zusammenarbeit mit den NGOs und den christlichen Kirchen. Und wir brauchen internationale Unterstützung für Medikamente und medizinische Ausrüstung, um die Gesundheitskrise zu überwinden. Und wir benötigen das inständige Gebet, unabhängig vom jeweiligen Glaubensbekenntnis", so der klare Notruf des Ordensmannes.
Angesichts dessen, dass die Krise augenscheinlich erst im Moment des Ausbruchs sei, könne internationale Hilfe ein "Wind der Hoffnung für unser Volk" sein.
Die Kirche in Ecuador sei mit allen ihren Kräften und Mitteln für die leidende Bevölkerung im Einsatz, vor allem durch Freiwilligen-Brigaden, die Hilfspakete an besonders bedürftige Familien verteilen. Wichtig sei zugleich die spirituelle Unterstützung der Menschen, deren Gottesglaube "stärker denn je" sei, wie P. Bravo betonte. "Gott ist in diesen Momenten der Krise und des Leidens unser größter Verbündeter", sagte auch der Ordensmann. Infolge des Versammlungsverbotes hätten so gut wie alle Pfarren Guayaquils auf eigene Gottesdienstübertragungen über Internet-Livestream oder sogar eigene Radio- und Fernsehsender umgestellt, denn: "Zugang zum Internet hat hier jeder."
Eine andere Form der Hilfe in der Krise bietet die ecuadorianische Polytechnische Salesianeruniversität UPS, die eine ihrer drei Niederlassungen ebenfalls in Guayaquil hat: Studierende und Professoren entwarfen angesichts des enormen Bedarfs einen kostengünstigen Gesichtsschutz für Gesundheitsbedienstete sowie ein Ventil, mit dessen Hilfe mit einem Beatmungsgerät zwei Patienten gleichzeitig versorgt werden können. Beides wird aufgrund des enormen Bedarfs in Zusammenarbeit mit befreundeten Firmen unter Hochdruck mittels 3D-Druckverfahren und unterstützt von Firmen erzeugt.
Quelle: Kathpress
[elisabeth mayr]