Wildwuchs bei Ordensgründungen führte zu Gesetzesänderung
Dass Diözesanbischöfe Orden gründen konnten führte zu einer Art Wildwuchs (c) magdalena schauer-burkart
Unterzeichnet am 1. November, veröffentlicht am 4. November und in Kraft tretend mit 10. November 2020 ändert das Motu proprio „Authenticum carismatis“ die Regeln zur Gründung neuer Orden. (Motu proprio bedeutet Gesetz aus eigenem Antrieb, ohne dass jemand eine Anfrage gestellt hätte.)
Heiliger Stuhl muss vorab konsultiert werden
Pater Laurentius Eschlböck OSB, Referent für kanonisches Recht aus dem Schottenstift in Wien, erklärt: „Diese Stelle im kirchlichen Gesetzbuch wurde nun zum zweiten Mal geändert. Genau geht es um den Canon 579 CIC/83, einen Bereich innerhalb des Ordensrechts. Die ursprüngliche Regelung besagte, dass Diözesanbischöfe ein Ordensinstitut gründen können. Das führte, gelinde gesagt, zu einer Art Wildwuchs, und aus diesem Grund hat der Heilige Stuhl schon im Jahr 2016 diese Gesetzesstelle geändert und verlangt, dass er vor einer Neugründung konsultiert wird.“
Dieses Konsultationsverfahren wurde nun abermals geändert und verschärft. So ist ab 10. November 2020 nicht mehr nur eine vorausgehende Konsultation, sondern auch eine vorherige Zustimmung des Heiligen Stuhls in schriftlicher Form für die Gründung eines neuen Instituts des geweihten Lebens notwendig.
Orden grundsätzlich nach Rom orientiert
Helga Penz, Historikerin und ehemalige Leiterin des Referats für Kulturgüter der Orden, sieht in diesen Entwicklungen aber keinen praktischen Einschnitt für künftige Ordensgemeinschaften: „Orden, auch jene bischöflichen Rechts, sind grundsätzlich eher nach Rom orientiert. Das entspricht dem Wesen eines Ordens mehr. Die wenigsten Ordensgemeinschaften sind nur in einer Diözese verortet. Grundsätzlich entstehen Ordensgemeinschaften aus Initiativen von unten, also aus Zusammenschlüssen, und nicht durch Anordnungen von oben. Insofern hat der Prozess der Approbation auch keinen Einfluss darauf, ob sich neue Gemeinschaften zusammenschließen.“
Tausendjährige Orden bestehen neben gestern gegründeten weiter. Genau das macht diese Vielfältigkeit macht den Reiz der Orden aus (c) Archiv Superiorenkonferenz
Neuregelung kein massiver Einschnitt in Ordenslandschaft
Die Religiosenkongregation sei auch jetzt schon zuständig, wenn eine Ordensgemeinschaft einen Konflikt mit einem Ortsbischof habe. Außerdem würden die meisten Orden grundsätzlich eine päpstliche Approbation anstreben. So bringe diese Neuregelung keine massive Änderung in die Ordenslandschaft. Durch sie wolle man neue Ordensgemeinschaften lediglich gründlicher untersuchen, der Religiosenkongregation unterstellen und so, wie auch Eschlböck betonte, einem Wildwuchs auf Diözesanebene entgegenwirken.
Zusätzlich müsse der jeweilige Ordensordinarius trotzdem zustimmen, wenn sich ein Bereich, auch ein päpstlich approbierter Orden, neu in einer Diözese niederlassen wolle. Das müsse auch künftig trotzdem gemeldet werden.
Papst Franziskus seit 1846 erster Ordensangehöriger
Seit Gregor XVI. (Papst von 1831-1846) ist Papst Franziskus der erste Ordensangehörige, der zum Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt wurde. „So sind ihm Orden auch ein größeres Anliegen als seinen Vorgängern, die alle aus dem Diözesanklerus kamen.“, ergänzt P. Eschlböck. Einen aktuellen Anlass für die vorliegende Gesetzesänderung gebe es in dem Sinne nicht.
Papst Franziskus gehe es darum, Ordenscharismen stets an die Kirche zu binden. Jedes Charisma sei Frucht des Heiligen Geistes und als solche solle sie, also auch jedes neue Ordensinstitut, an die Kirche gebunden sein. „Dem Heiligen Vater geht es um die Authentizität der Charismen und ihre Überprüfung durch den Heiligen Stuhl.“, unterstreicht Eschlböck.
Schritt weg von Dezentralisierung, die das 2. Vatikanum forderte
„Ich sehe in diesem Schritt eine konsequente Fortführung der ersten Gesetzesänderung. Insgesamt ist sie aber doch ein Schritt weg von der Dezentralisierung, die das II. Vatikanum forderte, hin zu einer Zentralisierung, die allerdings gespeist aus negativen Erfahrungen entstand.“, sieht der Referent für kanonisches Recht die Entwicklung.
In Österreich sind alle männlichen Ordensgemeinschaften päpstlich approbiert, von den Frauenorden sind rund zwei Dutzend nach bischöflichem Recht approbiert. Das sind dann oft regionale Gemeinschaften wie beispielsweise die Halleiner Schwestern oder die Vorauer Marienschwestern, die es beide nur in Österreich gibt.
Die grundsätzliche Frage, so Penz, sei vor allem, wie viel Einfluss ein Bischof auf einen Frauenorden hat. Im Kirchenrecht steht, der Bischof habe die Hirtensorge zu erfüllen, allerdings sei hier immer die Frage, wie viel und wieweit diese gehe. Grundsätzlich habe der Bischof aber immer die Oberhand.
Die grundsätzliche Frage in Bezug auf Frauenorden ist, wieviel Einfluss ein Bischof auf eine Gemeinschaft hat. (c) Archiv Superiorenkonferenz
Orden sind Spielbein, Diözesen Standbein der Kirche
„Orden sind das Spielbein der Kirche, das Standbein sind die Diözesen. In der Geschichte entstanden schon immer neue Orden, die versuchten, zeitgemäß zu sein. Das hat eine lange Tradition in der Kirche und ist heute nicht anders als früher. Schon im 16. Jahrhundert haben die Jesuiten gesagt, das benediktinische Klosterleben sei überholt. Und trotzdem bestehen tausendjährige Orden neben gestern gegründeten weiter. Genau diese Vielfalt macht den Reiz der Ordenslandschaft aus!“
[magdalena schauer-burkart]