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Mit Bibelwissen und Gemeinschaft durch den August

Ein neues Angebot der Ordensgemeinschaften Österreich feiert diesen Sommer Premiere: In der Bibelwerkstatt können sich junge Ordensleute in die Geschehnisse und Aussagen der Bibel vertiefen, sich untereinander darüber austauschen und von Fachleuten lernen. Ein erstes Resümee der Teilnehmenden ist sehr positiv.

 Frater Philipp Neri Boška OH, Sr. Maria Ladenhauf MC und Sr. Helena Fürst OSE sind drei der zehn Teilnehmer*innen der ersten Bibelwerkstatt. (c) Elisabeth Mayr   

Frater Philipp Neri Boška OH, Sr. Maria Ladenhauf MC und Sr. Helena Fürst OSE sind drei der zehn Teilnehmer*innen der ersten Bibelwerkstatt. (c) Elisabeth Mayr

Sr. Helena Fürst wollte eigentlich alle vier Wochen mitmachen, zeitlich gingen sich nur zwei aus. Die junge Novizin der Elisabethinen in Linz ist Anfang August in den Süden von Wien, ins Franziskanerkloster nach Maria Enzersdorf, gefahren. Dort nahm sie gemeinsam mit neun anderen Ordensleuten in Ausbildung an der ersten Bibelwerkstatt teil, einer Kooperation der Ordensgemeinschaften Österreich mit dem Bereich Ordensentwicklung im Kardinal König Haus. Ihr Fazit: „Einfach toll!“

In zwei je zweiwöchigen Modulen bekommen die jungen und junggebliebenen Ordensmänner und -frauen Einblicke in und Fachwissen über die Bibel. Dazu leben, beten und essen die Teilnehmenden gemeinsam, können zudem ihren individuellen Freizeitaktivitäten nachgehen und sich bei Bedarf auch geistlich begleiten lassen. Ein Rundumpaket, das Lust auf Mehr macht.

Das tägliche Mittagessen ist eine gute Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen. (c) Elisabeth Mayr    

Das tägliche Mittagessen ist eine gute Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen. (c) Elisabeth Mayr 

Ein neues Konzept

Die Bibelwerkstatt ist ein neues Konzept, das Wissenserwerb mit Gemeinschaft verbindet, erzählt Sr. Ruth Pucher, Initiatorin des Projektes. Die Referierenden kommen fast ausschließlich aus Ordensgemeinschaften, das ist ungewöhnlich. Aber Ungewöhnliches ist für Sr. Ruth nichts Neues. Sie leitet den Bereich Ordensentwicklung im Kardinal König Haus und hat Erfahrung darin, auf neue Ordensthemen zu reagieren, Bedarfslücken aufzuspüren und Veranstaltungen, Fortbildungen dazu zu konzipieren. Nach Corona und dem Ende der Noviziatslehrgänge in Österreich fiel ihr eine neue Lücke auf: Vernetzung von heimischen jungen Ordensleuten sowie eine Basis-Einführung in „das reichste Buch der Welt“, die Bibel. Die Geburtsstunde der Bibelwerkstatt. 

Bibelwerkstatt: Hier wird gearbeitet. (c) Elisabeth Mayr   

Bibelwerkstatt: Hier wird intensiv mit der Bibel gearbeitet. (c) Elisabeth Mayr

„Ob das interessant ist?“

„Eingeladen wurden alle österreichischen Ordensleute, die sich zurzeit in Ausbildung befinden und Männer und Frauen, die das freiwillige Ordensjahr absolvierten“, erzählt Sr. Ruth. Frater Philipp Neri Boška von den Barmherzigen Brüdern in Wien war einer von ihnen.  „Als die Einladung zur Bibelwerkstatt in meinem E-Mail-Posteingang auftauchte, habe ich mir zuerst gedacht, wow, vier Wochen lang intensives Bibelstudium im Sommer, ob das interessant ist“, erinnert er sich lachend. „Aber dann habe ich die Themen gesehen und alle waren so spannend, ich habe mich gleich angemeldet!“ Jetzt saugt er so viel neues Wissen auf wie möglich. Sein Fazit nach zwei Wochen: „Ich habe schon so viel gelernt und freu mich auf die nächsten beiden Wochen!“

Intensives Lernprogramm

Das Programm der Bibelwerkstatt ist sehr abwechslungsreich und erlaubt eine intensive – auch intensive persönliche – Auseinandersetzung mit der Bibel, das war Sr. Ruth wichtig.  Ein weiteres Anliegen: Weder sollten Anfänger überfordert noch Fortgeschrittene gelangweilt sein.

„Bibel ist kein Tatsachenbericht“

Kreuzschwester Getrude Harb ist Expertin für das Neue Testament und hielt im ersten Model zwei Vorträge. (c) Elisabeth Mayr   

Kreuzschwester Gertraud Harb ist Expertin für das Neue Testament und hielt im ersten Model zwei Vorträge. (c) Elisabeth Mayr

Gar nicht so einfach, findet Vortragende Sr. Gertraud Johanna Harb, die sich deswegen sehr intensiv auf ihre Vorträge über den historischen Jesus vorbereitet hat – die Kreuzschwester aus Graz ist Expertin für das Neue Testament. „Ich wollte den Teilnehmenden zeigen, welche innerbiblischen Quellen es gibt, welcher Evangelist eventuell von wem abgeschrieben hat und warum manche Texte nicht mehr in der Bibel sind.“

Da sie den Vorwissensstand nicht genau einschätzen konnte, hat sie versucht, sich dem Thema auf vielfältige Weise zu nähern. Belohnt wurde sie mit dem Eifer so mancher Teilnehmender, „obwohl alle bei der Sache waren und Dinge auch kritisch hinterfragt wurden“, freut sich die Grazerin.

Ein Ziel von ihr: Den Anwesenden zu vermitteln, dass die Evangelien „eben kein Tatsachenbericht von Jesus sind, sondern ein historisches Werk, das erst einige Jahrzehnte nach seinem Tod geschrieben worden ist. Viele Aussagen soll und darf man daher nicht 1:1 lesen“, so Sr. Gerti. Wenn das bei den Lernwilligen angekommen ist, habe sie ihren Auftrag mehr als erfüllt. Sie referierte jetzt im ersten Modul an zwei Vormittagen und kommt im zweiten Modul mit neuen Themen wieder.

Pflichteinheiten versus Freizeit

Sr. Ruth: „Die Tage und zwei bzw. vier Wochen sind deutlich gegliedert. Es gibt zwei Pflichteinheiten am Tag, nämlich die Vorträge der Referierenden von 9 bis 12.30 Uhr und eine weitere Stunde am Nachmittag zwischen 17 und 18 Uhr. Die Zeit dazwischen und auch das Wochenende stehen den Teilnehmenden zur freien Verfügung.“ Da die Vormittagsvorträge doch recht theorielastig sind, bittet Sr. Ruth die Referent*innen gerne noch um eine kleine Praxiseinheit am Nachmittag. Für die Teilnehmenden sei diese jedoch freiwillig, werde aber oft angenommen.

Auch Sr. Gerti hat am Nachmittag zum Mitmachen einen „Bibliolog“ angeboten, „es ist gut, den Teilnehmern nach so viel Input was zum Spüren und Erleben zu geben“.

Koordinatorin Sr. Ruth Pucher mit den drei jungen Teilnehmenden. (c) Elisabeth Mayr   

Koordinatorin Sr. Ruth Pucher mit den drei jungen Teilnehmenden. (c) Elisabeth Mayr

„Mit der Bibel ist man nie fertig“

Bei den Teilnehmenden kommen sowohl die Vorträge wie auch die Workshops gut an. „Die Vorträge haben durchwegs ein hohes Niveau“, so Sr. Maria Ladenhauf, Novizin bei den Missionarinnen Christi. Als Theologin war zwar viel Bekanntes dabei, langweilen tue sie sich aber trotzdem nicht: „Mit der Bibel ist man nie fertig“, lacht sie. Es gäbe etwa Texte, die heute kaum mehr gelesen werden, „aber schlussendlich steckt auch in den Texten, die heute fremd wirken, noch so viel drinnen – auch für unsere heutige Zeit, das ist schon irrsinnig spannend“, so ihr Fazit nach den zwei Wochen.

Auch Sr. Helena und Frater Philipp sind keine „Bibelneulinge“, aber es ist immer wieder toll, auf einen eigentlich bekannten Text eine völlig andere Sicht zu erhalten. „Es kommt immer was Neues – sei es durch die Forschung oder auch durch persönliche Entwicklung, beides verändert auch die Art, wie man die Bibel liest“, so Sr. Helena.

Österreichweite Vernetzung

Alle drei eint, dass sie sich durch die Bibelwerkstatt mehr Kontakt zu anderen gleichaltrigen Ordensleute erhofften. Ohne den Noviziatslehrgang in Österreich fehlt ihnen die heimische Vernetzung, Corona tat ihr übriges. „Umso wichtiger sind solche Gelegenheiten“, freut sich Sr. Helena. „Es ist halt immer spannend, andere Gemeinschaften kennenzulernen und zu schauen, was machen die anders – und trotzdem ist es ja doch immer der gleiche ‚Typ‘, der zieht“, schmunzelt Sr. Maria.

Powertrio: Frater Philipp, Sr. Helena und Sr. Maria nehmen viel neues Bibelwissen mit. In den Pausen wird dann oft gemeinsam gelacht. (c) Elisabeth Mayr    

Powertrio: Frater Philipp, Sr. Helena und Sr. Maria nehmen viel neues Bibelwissen mit. In den Pausen wird dann oft gemeinsam gelacht. (c) Elisabeth Mayr 

Frater Philipp war zu Beginn zugegeben etwas überrascht, dass er und sein Mitbruder die einzigen Ordensmänner hier waren, aber er fühle sich in der Gruppe schon sehr wohl, genießt auch die gemeinsamen Gebets- und Esszeiten. Ab und an kocht er sogar, was ihn sehr freut, „weil zuhause in Wien haben wir eine Betriebsküche, da ist kochen unnötig“.

Es wird schon geflüstert, dass es nicht die einzige Bibelwerkstatt bleiben wird und sich die Teilnehmenden eine Fortsetzung wünschen. Sr. Ruth steht dem prinzipiell mal positiv gegenüber, „aber natürlich muss zuerst diese Veranstaltung evaluiert werden und dann schauen wir weiter“.

Weiter geht es für Sr. Helena, die gemeinsam mit zwei anderen Teilnehmenden nach dem ersten Modul die Heimreise antritt. Sr. Maria und Frater Philipp bleiben noch zwei Wochen, um sich mit der Bibel und sich selbst auseinanderzusetzen. Eine herrliche Beschäftigung für Spätsommertage.

[elisabeth mayr]

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