Zufälle, hinter denen Gott lächelt
Das neue Buch von Abt em. Christian Haidinger erschien im Tyrolia-Verlag. (c) Tyrolia
Was war Ihre Intension, Ihr neues Buch zu schreiben?
Abt Christian: Eigentlich hatte ich gar nicht die Absicht, ein Buch zu schreiben. Aber nachdem ich gegen Ende 2019, im 76 Lebensjahr, alle meine Ämter und die damit verbundenen Aufgaben beenden konnte, begann ich mit dem „Aufräumen“. Wobei ich ehrlich zugeben muss, dass es mir nicht immer ganz leichtfiel, mich von manchem zu trennen. Unter anderem entdeckte ich ein Tagebuch, in dem ich 1992 während meiner vier Wochen in einer „Einsiedelei“ in den Zibinsbergen in Rumänien meine Eindrücke und Erfahrungen festgehalten habe. Das Erinnern hat mich sehr bewegt, es wurde mir wieder bewusst, wie wichtig und nachhaltig diese Wochen für meinen weiteren Weg und meinen künftigen Aufgaben waren.
Dann kam der erste Lockdown im Frühjahr 2021 – wieder viel Zeit, die es zu nützen galt. Ich hatte begonnen, mir Aufzeichnungen zu machen, und irgendwann tauchte der Gedanke auf, vielleicht könnte ich doch noch einmal auf ein weiteres Buch hinarbeiten. Ende Februar 2021 hatte ich den Mut, bei Tyrolia einmal schüchtern anzufragen. Postwendend wurde ich eingeladen, das Manuskript vorzulegen. Schon eine Woche später kam die Zusage: Ja, wir veröffentlichen das Buch. Dann ging alles sehr schnell, bereits Anfang Mai war das Buch im Katalog des Verlages für Anfang September angekündigt.
Wie lange haben Sie daran geschrieben?
Geschrieben habe ich etwa zwei Monate daran - aber dazwischen gab es immer wieder Kontakt mit dem Verlag.
„Zufälle, hinter denen Gott lächelt“ – glauben Sie an Zufälle?
Bei der Arbeit am Manuskript ist mir sehr deutlich bewusst geworden, dass sich das Sprichwort „Es gibt Zufälle, hinter denen Gott lächelt“ wie ein roter Faden durch mein Leben zieht“. Sehr früh habe ich dahinter die Handschrift Gottes entdeckt. Das heißt nicht, dass alle diese „Zufälle“ immer gleich positiv waren, doch im Rückblick erwiesen sie sich doch als richtungsweisend und bereichernd. Deshalb stand der Buchtitel für mich von Anfang an fest.
In Ihrem Buch erzählen Sie die Anekdote vom Eremiten, der Wasser aus der Zisterne schöpft, aber erst im ruhigen Wasser sein Spiegelbild sieht. Wo schöpfen Sie Wasser? Und welches Spiegelbild sehen Sie am Grund des Brunnens?
Woraus schöpfe ich Kraft, Energie und Lebensfreude? Rückblickend auf meine Leben ist mir immer deutlicher bewusst geworden, dass ich mich getragen weiß von unserer klösterlichen Tagesordnung, die ihrerseits getragen ist von Zeiten des Gebetes und der Stille. Natürlich auch von Zeiten der Arbeit – oft durchaus recht fordernd, vor allem wenn man zu Leitungsaufgaben berufen wird - aber auch von Zeiten der Muße und der Erholung!
Und ganz persönlich muss ich dankbar hinzufügen, dass mir auch tragende freundschaftliche Beziehungen geschenkt sind - auch außerhalb der Gemeinschaft! Über allem steht aber auch die dankbare Erfahrung: Ich darf nicht nur in Arbeit und Verpflichtungen aufgehen, ich darf und muss auch auf mich selber schauen!
Um zur Anekdote zurückzukehren Ja, ich sehe mein Spiegelbild im ruhigen Wasser - dankbar und erfüllt, manchmal auch kritisch und fragend, aber immer bemüht, offen und empfänglich zu sein für Gottes Ruf und Anruf - der meist auch über Mitmenschen zu vernehmen ist!
Wenn Sie Ihr Leben literarisch Revue passieren lässt, würden Sie alles noch einmal so machen?
Ich denke, dass ich diese Frage schon indirekt beantwortet habe.
Welches Buch liegt gerade auf Ihrem Nachttisch?
Auf dem Nachttisch liegt meist eine Zeitung. Sonst versuche ich vor allem gerade aktuelle Bücher zu lesen. Die letzten z. B. waren: Papst Franziskus: Wage zu träumen. Thomas Halik: Die Zeit der leeren Kirchen. Jacqueline Straub: Wir gehen dann mal vor. Zeit für einen Mutausbruch. Und ganz aktuell: Hubert Wolf: Der Unfehlbare. Pius IX. und die Erfindung des Katholizismus im 19. Jahrhundert.
Wie wichtig ist Dankbarkeit in Ihrem Leben?
Aus meiner Lebenserfahrung muss ich sagen: Dankbarkeit ist die tragende Grunderfahrung für ein erfülltes Leben. Das heißt nicht, dass über allen Situationen ein „Halleluja“ schwingt. Auch Enttäuschungen und Schmerz sind mit einem dankbaren Blick auf Gott leichter zu ertragen – und häufig kann man später sogar einen Sinn dahinter entdecken.
Letzte Frage: Für wann ist Ihr nächstes Buch geplant?
Da gibt es keine Planung, das müsste sich „ergeben“.
Das Gespräch mit Abt em. Christian Haidinger führte Robert Sonnleitner.
Zum Nachlesen: Christian Haidinger: Und Gott lächelt - Ordensgemeinschaften Österreich