"Menschenwürde muss einen Wert haben"
Der ehemalige Kriminalhauptkommissar Manfred Paulus hat jahrzehntelang im Rotlichtmilieu gearbeitet. (c) Martin Maria Eder
130 Menschen verfolgten die bewegenden Schilderungen von eh. Kriminialhauptkommissar Manfred Paulus, der jahrzehntelang im Rotlichtmilieu ermittelt hat und am Freitag, 14. Oktober als Gastredner zur Veranstaltung "Zuhälterei - gestern und heute" in den Linzer Wissensturm geladen war. Hinter der Veranstaltung stand Sr. Maria Schlackl mit der SOLWODI-Initiative "Aktiv gegen Menschenhandel – aktiv für Menschenwürde", die anlässlich des Europäischen Tag gegen Menschenhandels am 18. Oktober auf die Not vieler Betroffenen aufmerksam machen wollte.
Ware Frau
Eingestiegen ist Manfred Paulus mit der Frage: wie viel Freiwilligkeit ist in der Prostitution möglich – generell – und insbesondere in der Zwangsprostitution. Wo und wie werden diese jungen Frauen für Ausbeutung und Fremdinteressen rekrutiert? Wie werden sie getäuscht und mit falschen Versprechungen in ein fremdes Land und dort in den Untergrund verbracht und weitgehend von der Gesellschaft isoliert.
Wo Prostitution legal ist, kann ganz legal Frauenhandel betrieben werden, denn: es braucht ja die WARE FRAU – ist ja logisch. Zuhälter, Menschenhändler, Freier haben so ein leichtes ‚Spiel‘! Ja, sie spielen mit der Würde von Frauen und immer jüngeren Mädchen.
Nordisches Modell
Nicht nur Manfred Paulus stellt fest: Es wird noch ein langer Weg, bis sich Österreich und auch Deutschland und die Schweiz zu einem anderen Gesetzesmodell entscheiden werden. Das sogenannte Nordische Modell steht jedenfalls zum Schutz auf der Seite der Frau und nimmt alle Tätergruppen in die Pflicht, bzw. werden sie bei Sexkauf bestraft, wo ein Konsens mit der Frau nicht gegeben ist. Frauen, die der aussichtslosen Zwangslage entkommen können, erhalten staatlich gestützte Ausstiegshilfe.
Menschenhandel ist klar Missbrauch und ist mit Menschenwürde unvereinbar so das Credo von Manfred Paulus und Sr. Maria Schlackl. (c) Martin Maria Eder
Aber, was das Wichtigste ist, es geht ein langer Dialogprozess der Aufklärung, der Auseinandersetzung in der Gesellschaft und der Bewusstseins-Bildung voraus. PRÄVENTION ist allemal der beste Weg, kriminelle Entwicklungen und Frauenhandel zum Zweck sexueller Ausbeutung einzudämmen und im besten Fall abzuschaffen.
Kriminialität auf Kosten von Frauen
Es muss allen klar sein: wir haben es mit kriminellen Machenschaften zu tun, die auf Kosten armutsbetroffener Frauen Milliardengewinne machen! Die Gesamtgesellschaft ist ebenso gefordert wie die Politik, wie Polizei und Justiz. Die Verschönerung von Sklaverei, auch durch Sprache, muss beendet werden.
Sr. Maria Schlackl SDS hat während ihrer Eröffnungsrede in einem Moment der Stille zu einer Gedenkminute an jene junge Frau aus Rumänien eingeladen, die am 24. September in Ternberg, OÖ, von ihrem Freier ermordet worden ist.
Menschenhandel ist Missbrauch
Die Statements der beiden Vortragenden am Ende der Veranstaltungen waren klar: Menschenhandel und jegliche Form von Missbrauch und Gewaltanwendung ist mit Menschenwürde unvereinbar. Es genügt nicht, wenn es tausendmal in Deklarationen, Europäischen Entschließungen und Grundgesetzen steht. Menschenwürde muss für ALLE gelten und insbesondere von den dafür Verantwortlichen geschützt und eingemahnt werden.
Menschenwürde muss einen Wert haben. Sie darf nicht inflationär angewandt nur bei Sonntagsreden vorkommen. Markt und Nachfrage müssen eingedämmt, ja, im besten Fall abgeschafft werden. Männer, Freier, nehmt eure Verantwortung wahr und geht respektvoll mit Frauen um!
Orden on Air mir Sr. Maria Schlackl
Auch in der der aktuellen Podcast-Folge von „Orden on air“ sprechen wir mit Sr. Maria Schlackl über das Thema Menschenhandel und Zwangsprostitution. Sie erzählt darin vom Engagement der Ordensgemeinschaften und auch ihrem ganz persönlichen Einsatz gegen die weltweiten Missstände. >> Jetzt reinhören <<
Weiterlesen:
#10 ORDEN ON AIR Sr. Maria Schlackl: „Armut macht ausbeutbar!“
[robert sonnleitner, elisabeth mayr-wimmer]