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Im Spannungsfeld von Öffentlichkeit und Recht

Am 25. Jänner fand der Studientag der Fachgruppe der Archive der anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften in Österreich im Verband Österreichischer Archivarinnen und Archivare (VÖA) statt. Über 70 TeilnehmerInnen verfolgten die Online-Veranstaltung zum Thema „Bildbestände im Spannungsfeld von Öffentlichkeit und Recht“.

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Beispiel für ein Zusammentreffen zwischen Öffentlichkeit und Recht: Die Topothek. (c) OG

Der Studientag war eine gemeinsame Veranstaltung der Fachgruppe der Archive der anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften in Österreich im Verband Österreichischer Archivarinnen und Archivare (VÖA), der Arbeitsgemeinschaft der Diözesanarchive und dem Bereich Kultur und Dokumentation der Ordensgemeinschaften.

„Wir archivieren den Inhalt, nicht das Medium“

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Einblick in die Fotobestände des St. Pöltner Diözesanarchives gab Karl Kollermann. (c) OG

Magdalena Egger, Archivarin im Diözesanarchiv Linz und Vorsitzende der Fachgruppe, begrüßte die TeilnehmerInnen und stellte den ersten Vortragenden vor. In diesem beschäftigte sich Karl Kollermann, Archivar im Diözesanarchiv St. Pölten mit der Frage, wie sich audiovisuelle Materialen bestmöglich archivieren lassen und was ArchivarInnen dabei beachten sollten.

Wichtig sei etwa die Frage nach Technik und Material des Ton-, Bild- oder Tonbild-Mediums. Wie aktuell und auch zukunftsfit sind diese? VHS-Videorekorder werden etwa heute nicht mehr produziert, ebenso Super-8-Filme oder Tonbandgeräte. DVDs halten nicht so lange wie Medien auf Magnetbändern.  

Auch soll die Zugänglichkeit geklärt werden. Will ich analoge Medien digital verfügbar machen oder reicht die analoge Aufbewahrung? Hier sollten dann zumindest die geeigneten Wiedergabegeräte vorhanden sein, so Kollermann.

Digitalisierung der Fotobestände

Das St. Pöltner-Archiv digitalisiert die vorhandenen Fotos, weil es eine barrierefreie Zugänglichkeit zu den eigenen Beständen garantiert. Das sei ein großer Pluspunkt der Digitalisierung, ein weiterer „die Suchfunktion, die analog nicht ersetzbar ist“. Ein Nachteil sei, dass digitaler Speicher nicht nur Geld, sondern auch Strom koste, „was mit dem Umweltschutzgedanken nicht gut vereinbar ist“. Und analog gespeichert „halten die Medien vielfach länger“.

Fotografien finden in unterschiedlichen Größen, Verpackungen, Zuständen ihren Weg ins Archiv— „manche Fotos sind gerahmt, andere eingeklebt oder in Minialben eingesteckt“ – hier ist eine einheitliche Ablage das Um und Auf.

Eine besondere Herausforderung in der täglichen Praxis sind laut Kollermann Fotografien, die zwischen den 1980er und den Nullerjahren entstanden sind.  Durch die preiswerten Fotokameras „sind plötzlich Unmengen an Fotos entstanden“. Hier sei das Archiv gefragt, eine Auswahl zu treffen und den Rest zu skartieren. „Wir archivieren immer den Inhalt, nicht das Medium“.

Willkommen in der Topothek

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Ein audiovisuelles Stück Zeitgeschichte: Die Topothek. (c) OG

Im Anschluss daran stellte Alexander Schatek ein bis dato im kirchlichen Umkreis wenig bekanntes Projekt vor – die Topothek.

Schatek, der eine Ausbildung in Industrial Design absolvierte und an der Hochschule für Angewandte Kunst wirkte, ist nun Initiator dieser umfangreichen audiovisuellen Datenbank, die Bilder und teils auch Filmausschnitte auf einer topographischen Landkarte Österreichs zugänglich macht. Die Nutzung ist einfach: Alle Mitmachenden – zurzeit überwiegend Gemeinden – erhalten eine je eigene Topothek, wo Bilder und Ton- oder Bildaufnahmen hochgeladen und veröffentlicht werden können, und zwar jene „die für andere Menschen interessant sein könnten“. 

So entsteht nach und nach ein Abbild österreichischer Zeitgeschichte.

Die Topothek läuft auf Google-Maps und ist optisch ansprechend gestaltet: Anhand der Landkarte können sich User durch Österreich scrollen und sehen anhand der bunten Marker sofort, welche Regionen audiovisuell erschlossen sind. Daneben gibt es noch die Suche nach Namen oder Datum.

Ein wichtiger Punkt in der Nutzung sei auch, dass die Community aktiv an der Topothek mithelfen kann und damit „Metadaten der Bilder vervollständigt werden können“ – sofern das vom Inhaber der Topothek gewünscht wird: „Es gibt die Möglichkeit, zu jedem Foto eine Frage zu stellen.“ Das sei insofern praktisch, wenn bei einem Foto weder Personen noch Ort bekannt sind. Ansonsten versuche man, im Backend die Einpflege der Daten möglichst einfach zu gestalten, denn „es ist ein Projekt, das stark von der Community lebt. Wir wollen hier nichts unnötig verkomplizieren“.

Über 800.000 Datensätze sind schon für Nutzer zugänglich, Tendenz steigend.

Topothek in der Praxis

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Sammelt Bildmaterial der evangelischen Gemeinden in Österreich: die evangelische Topothek. (c) OG

Die einfache Anwendung der Topothek kann der nächste Referent, Johannes Leitner, bestätigen. Er leitet das Archiv der evangelischen Kirche in Österreich und nützt die Topothek dazu, das Bildmaterial der evangelischen Gemeinden österreichweit zugänglich zu machen. Unterstützt wird er dabei von den meist ehrenamtlichen GemeindemitarbeiterInnen vor Ort.

Die von Herrn Schatek erwähnte Interaktion mit Usern kann er aus eigener Erfahrung als großen Gewinn beurteilen. Bei einem Foto habe er von einer Nutzerin erfahren, dass es ein Motiv in Znaim (CZ) zeige, „das war vorher unbekannt und wäre heute aufgrund der Grenzen auch nicht mehr nachvollziehbar gewesen“.

Auch als „Pressetool“ für Öffentlichkeitsarbeit sei die Topothek wunderbar geeignet. „Sie ist in dem Sinne weder Archiv – dafür ist die Auswahl der Dateien, die man hochladen kann, begrenzt – noch Museum, hier fehlt der übliche rote Faden“. Es sei tatsächlich ein Kaleidoskop, ein Sammelsurium an Bildern durch die Geschichte der evangelischen Gemeinden.

Keine Langeweile

Abschließend gibt er noch Tipps, um die Topothek ansprechender zu gestalten. Bei der Auswahl der Bilder werde darauf geachtet, „keine Langweile für die Nutzer zu erzeugen“. Das gelingt etwa, indem man redundante Bilder vermeidet und ein Mindestmaß an Qualität beachtet – „niemand wolle unscharfe Bilder sehen“. Manches lässt sich in der Nachbearbeitung beheben, wie eine Rauschunterdrückung. Tabu sei übrigens Retusche, das einen zu großen Eingriff in das Original darstelle, wobei beim „Roten-Augen-Korrektur“ hier ein Auge zugedrückt wird.

Ein Pluspunkt für die Usability ist, dass die Bilder, die zurzeit schon in der Topothek sind, von NutzerInnen unter Angabe von Quellen für nicht kommerzielle Zwecke frei verwendet werden können.

Datenschutz und Urheberrecht in Fotobeständen

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Ein nicht immer einfach zu überschauendes Thema: Datenschutz vs. Urheberrecht. (c) OG

Abschließend referierte Sigrun Plattner, Datenschutzbeauftragte der evangelischen Kirche in Österreich über das Thema Bildrechte und gab damit den anwesenden ArchivarInnen eine Handreichung, wie sie rechtlich mit dem vorhandenen Bild- und Fotomaterial sicher umgehen können.

„Eigentlich hatte ich eine komplette Gegenposition zu den Archivaren“, begann sie ihren Vortrag, „wir Datenschützer wollen Daten immer komplett vernichten.“ Mittlerweile habe sie aber gelernt, dass Archivare das anders sehen, schmunzelt sie. Und: Auch das Datenschutzrecht sieht es ähnlich: sobald etwas archivwürdig ist, darf es aufbewahrt werden.

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Datenschutzkonform: Ein Screenshot mit Erlaubnis der TeilnehmerInnen der Veranstaltung. (c) OG

Datenschutz versus Urheberrecht

„Kompliziert wird es erst, wenn Bildmaterial veröffentlicht werden soll“, denn da greife in vielen Fällen das Urheberrecht. Eine kleine Merkhilfe, wann welches Recht greift, ist: „Datenschutz wird vor der Aufnahme eines Bildes tragend, Urheberrecht beginnt vor dessen Veröffentlichung.“

Weiter: „Datenschutz ist ein höchstpersönliches Recht, es beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod.“ Oder anders gesagt – eine Grabinschrift ist datenschutzrechtlich irrelevant.

Wohl aber urheberrechtlich, geht es nach Sigrun Plattner. „Das Urheberrecht garantiert, dass auch nach dem Tod niemand verunglimpft werden darf. Es vererbt sich auf die Angehörigen und erlischt erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.“ Um beim Grabstein zu bleiben: Der eingravierte Name des Verstorbenen ist datenschutzrechtlich in Ordnung, sollte sich jedoch ein böser Kommentar dazu gesellen, könne von den Angehörigen zivilrechtlich eine Klage wegen Urheberrechtsverletzung eingereicht werden.

Urheberschaft nicht immer eindeutig

„Urheber ist der Regel die Person, die das Werk geschaffen hat“, so Plattner. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel. Ist ein Urheber unbekannt, aber das Material schon veröffentlicht, „geht die Bevollmächtigung auf Verleger oder Herausgeber über“. Oder es handelt sich um „hergestellte Lichtbildwerke“, die im Gegensatz zu „Lichtbildern“ keinen künstlerischen Anspruch haben. Klassisches Beispiel für Lichtbilder sind Porträtaufnahmen bei Firma XY, hier bleibe das Recht beim Herausgeber.

„Wichtig ist immer, vor jeder Veröffentlichung eines Werkes den Rechteinhaber zu recherieren und schriftlich die Zustimmung einzuholen.“ Sigrun Plattner empfiehlt auch achtsam mit dem Begriff „Werk“ umzugehen, „das können Bilder oder Fotos aber auch Bauwerke, moderne Kirchenfenster oder eine Predigt sein“. Auch Postkartenmotive unterliegen, sofern sie veröffentlicht werden, dem Urheberrecht, „der Postversand ist als privat deklariert“.

In der Praxis plädiert sie für Transparenz und Fairness im Umgang mit fremdem Eigentum: „Urheber haben oft kein Problem damit, wenn Dinge veröffentlicht werden. Sie wollen halt gefragt werden.“

[elisabeth mayr]

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